# taz.de -- #aufschrei bei der SPD-Fraktion: Die Masken fallen
       
       > Die SPD-Bundestagsfraktion beschäftigt sich mit dem alltäglichen
       > Sexismus. Beim ersten Fachgespräch wurden frustrierende Erfahrungen
       > ausgetauscht.
       
 (IMG) Bild: Der gesellschaftliche Diskurs ist auch in der SPD-Bundestagsfraktion angekommen.
       
       BERLIN taz | Die Idee hatte der Chef. Als vor vier Wochen die
       [1][#aufschrei-Debatte] in den Medien und im Netz hochkochte, regte
       Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier an, auch die SPD-Fraktion sollte sich
       mit dem Thema Sexismus befassen, da scheine es ein Bedürfnis zu geben. Am
       Mittwoch nun fand in Berlin das [2][erste öffentliche Fachgespräch] statt,
       Thema: „Wie sexistisch ist unsere Gesellschaft?“
       
       Auf dem Podium saßen Leute, die es wissen müssen. Da war [3][Anne Wizorek],
       jene Bloggerin, die den Twitter-#aufschrei initiiert hat. Außerdem
       Christine Lüders, die Leiterin der [4][Antidiskriminierungsstelle des
       Bundes], sowie Karin Schwendler, bei Verdi zuständig für Frauen- und
       Gleichstellungspolitik. Vizefraktionschefin Christine Lambrecht, die die
       Diskussion moderierte, wünschte sich „eine Bestandsaufnahme der Situation“.
       Wer hat welche Erfahrungen gemacht? Warum twittern die Betroffenen lieber,
       statt sich an die Antidiskriminierungsstelle zu wenden?
       
       Anne Wizorek erklärte gleich zu Beginn, dass die Debatte der letzten Wochen
       Männern zu der Erkenntnis verholfen habe: „Frauen leben eine andere
       Realität.“ Spätestens jetzt habe jeder verstanden, dass hinter dem
       Brüderle-Gate „mehr steckt als die berühmten Einzelfälle“. #aufschrei sei
       dermaßen durch die Decke gegangen, weil es um selbst erlebte Geschichten
       geht, „nicht um Statistik und feministische Theorien. Wir müssen jetzt aber
       an dem Thema dranbleiben.“
       
       ## Scham, Selbstekel, Essstörungen
       
       Christine Lüders von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sagte, seit
       #aufschrei bekomme ihre Behörde mehr Anfragen. Denn obwohl im Allgemeinen
       Gleichbehandlungsgesetz die Rechtslage bis ins kleinste geregelt sei,
       trauten sich die meisten Betroffenen nicht, Herabwürdigungen öffentlich zu
       machen. Die Folgen seien Scham, Selbstekel, Essstörungen – und der Reflex,
       sich selbst in Frage zu stellen. Den Opfern sei „mit ein paar Flyern oder
       Twitter“ nicht geholfen. Lüders forderte, der Antidiskriminierungsstelle
       endlich auch ein Klagerecht einzuräumen; in vielen Ländern Europas sei das
       üblich.
       
       Verdi-Frau Karin Schwendler zitiert eine Erhebung der Gewerkschaften, laut
       der sechzig Prozent aller Frauen in ihrem Arbeitsleben sexuelle Belästigung
       erlebt haben. „Doch nur sechs Prozent beschweren sich tatsächlich.“ Es sei
       erschütternd, dass sich im Zusammenleben zwischen Männern und Frauen noch
       immer so wenig verändert habe. Ihr sei daran gelegen, dass die
       #aufschrei-Debatte „jetzt nicht so 'n Sechswochending bleibt“. Die
       Frauenquote müsse endlich her, um Lebenswirklichkeiten nachhaltig zu
       verändern. „Und bitte keine Selbstverpflichtungen mehr! Sonst dauert das
       wieder 200 Jahre.“
       
       ## Einfach wehren
       
       Eine junge Frau aus dem Publikum berichtet von ihren frustrierenden
       Erfahrungen mit der Debatte; selbst Freunde, von denen sie das nicht
       erwartet habe, hätten argumentiert, Frauen sollten sich einfach wehren.
       „Mir gehen die Argumente aus“, sagt sie. Bloggerin Anne Wizorek antwortet.
       Bei diesem Thema „fallen schnell die Masken“. Sie selbst wird seit
       #aufschrei im Netz herabgewürdigt und persönlich angegriffen. „Es ist ein
       Symptom für den Stand der Debatte, wie weibliche Meinungen wahrgenommen
       werden“, sagt die 31-Jährige, „man muss sich einfach mal fragen: Was sind
       das für Typen?“
       
       Kommende Woche Mittwoch setzt die SPD-Fraktion ihre Fachgesprächsreihe
       fort. Dann diskutieren die Frauenpolitische Sprecherin Caren Marks und
       Fraktionsvize Dagmar Ziegler unter der Überschrift „Was heißt hier
       eigentlich Herrenwitz?“ über Konsequenzen aus der Sexismus-Debatte.
       Anschließend feiert die Fraktion den Internationalen Frauentag. Mal
       schauen, wer von den männlichen Abgeordneten kommt, und zwar zu beiden
       Terminen.
       
       20 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Sexismus-Debatte-auf-Twitter/!110663/
 (DIR) [2] http://www.spdfraktion.de/service/termine/wie-sexistisch-ist-unsere-gesellschaft
 (DIR) [3] http://twitter.com/marthadear
 (DIR) [4] http://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/Home/home_node.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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