# taz.de -- Krise der Autoindustrie: Offener Streit im Opel-Betriebsrat
       
       > Der Bochumer Betriebsrat ruft: „Verrat“. Die Arbeitnehmervertreter seien
       > zu schnell eingeknickt und für Stellenabbau verantwortlich.
       
 (IMG) Bild: Mehr als 18.000 Menschen kamen nach Veranstalterangaben zum „Solidaritätsfest“.
       
       BOCHUM taz | Mehr als 18.000 Menschen haben nach Veranstalterangaben am
       Sonntag gegen ein Ende der Autoproduktion im Bochumer Opel-Werk
       protestiert. Der Vorsitzende des Bochumer Betriebsrats, Rainer Einenkel,
       betonte, bei dem von Politikern, Künstlern und Sportlern unterstützten
       „Solidaritätsfest“ vor dem Rathaus gehe es „nicht nur um die Zukunft des
       Werkes“: An Opel hänge „die Zukunft einer ganzen Region“.
       
       Im Ruhrgebiet sind rund 3.000 Arbeitsplätze direkt bedroht. Leiharbeiter
       mitgezählt, arbeiten über 4.000 Menschen bei Opel in Bochum. Dazu kommen
       mehrere tausend Jobs bei Zulieferern. Über die Wertschöpfungskette hingen
       in Nordrhein-Westfalen mehrere zehntausend Arbeitsplätze an der Fabrik,
       glaubt der Betriebsrat.
       
       Opel leidet wie alle Massenhersteller unter der Absatzkrise vor allem in
       Südeuropa. Im vergangenen Jahr hatte die US-Konzernmutter General Motors
       (GM) für ihr Europageschäft einen Verlust von 1,3 Milliarden Euro
       ausgewiesen. In Bochum wird die Produktion ab April eingedampft: Die
       Nachtschicht soll wegfallen, 700 Mitarbeiter mit Abfindungen dazu gebracht
       werden, die Firma zu verlassen.
       
       Ford hatte zuvor die Schließung von gleich drei europäischen Werken mit
       über 6.000 Arbeitsplätzen angekündigt. GM-Topmanager wie
       Opel-Aufsichtsratschef Steve Girsky hatten deshalb seit Monaten Druck
       aufgebaut. Lohnerhöhungen könnten ausfallen, das Bochumer Werk könnte
       schnell geschlossen werden. Im Stammwerk in Rüsselsheim seien der
       Prototypen- und Werkzeugbau in Gefahr.
       
       ## Lohnverzicht gegen Sicherheit
       
       Unter Stress hatte der Opel-Gesamtbetriebsrat, in dem die vier deutschen
       Werke Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach vertreten sind, am
       Donnerstag deshalb Grundzügen eines „Deutschlandplans“ zugestimmt: Wie vom
       Management gewünscht, verzichten die Arbeitnehmer bis 2015 auf
       Tariferhöhungen – und zwar so lange, bis die IG Metall für die restlichen
       Beschäftigten der Autoindustrie erneute Lohnerhöhungen durchgesetzt hat. Im
       Gegenzug will Opel bis Ende 2016 offenbar auf betriebsbedingte Kündigungen
       verzichten. Details des „Deutschlandplans“ sollen ab Montag ausgehandelt
       werden. Danach werde die Gewerkschaft das gesamte Paket ihren „Mitgliedern
       zur Abstimmung stellen“, sagte der Vorsitzende der IG Metall, Berthold
       Huber.
       
       Aufsichtsratschef Girsky hatte immer wieder betont, die Verhandlungen
       zumindest in Grundzügen bis Ende Februar abschließen zu wollen: Offenbar
       soll der neue Opel-Vorstandsvorsitzende Karl-Thomas Neumann, der zuvor das
       China-Geschäft von VW leitete, die Sanierung seines neuen Arbeitgebers
       unbelastet angehen können.
       
       Unter den Arbeitnehmervertretern kam es deshalb zu offenem Streit:
       Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug habe die Zustimmung zum
       „Deutschlandplan“ verkündet, als „alle anderen Betriebsratsvorsitzenden
       diesen Vertrag bis dahin nicht vorliegen hatten und auch nicht kannten“,
       kritisierte Einenkel am Freitag. Fraglich sei nur, ob das aus „Dummheit“
       oder gar aus „Absicht“ geschehen sei.
       
       Die Arbeitgeberseite habe lediglich erklärt, „dass es nichts zu verhandeln
       gibt“, legte Einenkel nach – leider hätten sich die Betriebsräte der
       anderen Werke „an diese Vorgaben gehalten“. Die Bochumer Beschäftigten
       dagegen blickten in eine unklare Zukunft: Unsicher sei selbst der von Opel
       versprochene Erhalt von 1.200 Jobs in Lager und Komponentenfertigung. Denn
       dabei setze der Autobauer auf Nordrhein-Westfalen ebenso wie auf Bochum,
       kritisiert der Bochumer Betriebsratschef – und fragt: „Ob Stadt und Land
       von ihrem ’Glück‘ bereits wissen?“
       
       3 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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