# taz.de -- Rot-grüner Sieg in Kärnten: Fürs Erste geheilt
       
       > Kärnten war Hoheitsgebiet von Jörg Haider & Co. Nun gibt es einen
       > Wechsel. Die Rechtsradikalen haben hart für dieses Unvorstellbare
       > gekämpft.
       
 (IMG) Bild: Kärnten verliert seinen Tunnelblick. Für Erste
       
       Als sich am Sonntag so gegen 18 Uhr das Endergebnis der Kärntner
       Landtagswahlen abzeichnete, wollten die Österreicherinnen und Österreicher
       kaum ihren Augen und Ohren trauen. Jörg Haiders Erben, die „Freiheitlichen
       in Kärnten“, kurz FPK, sind im rechtspopulistischen Kernland nicht nur
       krachend abgewählt worden; knapp 28 Prozentpunkte haben sie verloren,
       sodass sie nunmehr gerade noch bei 17 Prozent rangieren. Mehr noch:
       Rot-Grün landet nur knapp unterhalb der 50-Prozent-Marke und könnte eine
       Mandatsmehrheit erhalten.
       
       Rot-Grün! In! Kärnten!, das war noch vor wenigen Monaten so in etwa das
       politisch Unvorstellbarste überhaupt und auch bis vorgestern ziemlich
       unwahrscheinlich.
       
       Wie auch immer die Mandatsverteilung am Ende sein wird: Ein linker,
       intellektueller sozialdemokratischer Philosoph namens Peter Kaiser wird
       nächster Kärntner Landeshauptmann und gemeinsam mit den Grünen das Land
       regieren. Sollte es mit der rot-grünen Mandatsmehrheit doch nicht reichen,
       wird die Sache sogar noch interessanter. Denn es ist jetzt schon klar, dass
       Kärntens ins Seriöse gewendete konservative „Volkspartei“ dann mit in die
       Regierung einzieht. Erstmals werden dann Konservative als dritter Partner
       in eine rot-grüne Regierung eintreten.
       
       Freilich: Ganz so überraschend ist das Ergebnis nicht. Denn was sich der
       2008 verstorbene Haider und seine Nachfolger geleistet haben, kam in den
       vergangenen Jahren Stück für Stück ans Licht. Sie haben das Land
       ausgeplündert, den Haushalt und staatsnahe Betriebe wie ihr Privateigentum
       behandelt, sie haben versucht, Staatsbürgerschaften an russische Millionäre
       zu verkaufen. Noch Haider hat in einer kriminellen Operation die de facto
       bankrotte Landesbank Hypo Alpe Adria an die bayrische Hypovereinsbank
       verscherbelt. Kaum einer der Spitzenleute der Freiheitlichen, der nicht
       verurteilt oder Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren ist.
       
       ## Reine Unwissenheit
       
       Der bisherige Landeshauptmann Gerhard Dörfler hat juristisch nur deshalb
       eine weiße Weste, weil Ermittlungen wegen Amtsmissbrauch mit dem Argument
       eingestellt wurden, er sei wegen „Unwissenheit nicht schuldfähig“. Soll
       heißen: Weil er die Gesetze leider nicht verstehen konnte, könne er nicht
       bestraft werden. Der einzige Landeshauptmann mit einem amtlichen
       Deppenzertifikat. Wurde Haider bewundert und gefürchtet, so haben über die
       Dolme, die in seine Fußstapfen treten wollten, am Ende alle einfach nur
       mehr gelacht.
       
       Die letzte Wahl hatten Haiders Leute kurz nach dem Tod des Oberpopulisten
       noch mit der Mitleidsmasche triumphal gewonnen – in einem gewissen Sinne
       war schon damals ein Toter gewählt worden. Diesmal wurde der Tote eben
       abgewählt. Für Haider war Kärnten immer sein politisches Basislager: Hier
       wurde er 1989 erstmals zum Landeshauptmann gewählt, ein Amt, das er 1999
       zurückeroberte und bis zu seinem Tod bekleidete.
       
       Aber Haider, das war nicht nur rechte Politik, sondern auch ein politischer
       Stil: kumpelhafte Volksnähe, Großevents, fröhliches Geldverteilen, lustiges
       Spaßvögeltum, kein Scheren um Regeln und vor allem Politik als
       Entertainment. Wenn jetzt gerade ein Peter Kaiser triumphiert, dem man
       nachsagt, er sei so nachdenklich und seriös, dass er geradezu fad ist, dann
       muss man präzisieren: Er wurde wohl nicht gewählt, obwohl er fad ist,
       sondern weil er fad ist. Von den lustigen Schlitzohren sind die Kärntner
       fürs Erste geheilt.
       
       Jetzt scherzen Comedians schon: Das ist die schwerste Niederlage des
       „freiheitlichen“ Lagers seit Mai 1945. Hat damit auch die große
       Schwesterpartei der Kärntner Freiheitlichen, die rechtsradikale FPÖ, ein
       Problem? Man sollte es nicht überschätzen. Die Abrechnung mit der FPK war
       doch eine sehr lokale Angelegenheit.
       
       4 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Robert Misik
       
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