# taz.de -- Wirtschaftliche Zukunft Venezuelas: Grandes Misiones
       
       > Chávez' Nachfolger tritt ein schweres Erbe an: Die nächste Regierung muss
       > dafür sorgen, dass die Erlöse aus dem Erdöl effizienter investiert
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Viel fuerza wird das Land jetzt brauchen!
       
       BERLIN taz | Als Vizepräsident Nicolás Maduro am Dienstagnachmittag im
       Fernsehen die Nachricht vom Tode Hugo Chávez’ verkündete, fehlte auf dem
       TV-Gruppenbild ein prominenter Politiker, der Parlamentspräsident Diosdado
       Cabello. Schon schossen die Gerüchte ins Kraut: Steckten Grabenkämpfe
       hinter seiner Abwesenheit? Würde Chávez’ Sozialistische Einheitspartei PSUV
       noch am Todestag auseinanderbrechen? Dabei gab es eine einfache Erklärung:
       Vergangenen Sonntag war die Mutter von Cabello gestorben.
       
       Die Aufregung zeigt, wie gespannt die Erwartungen sind, die Chavisten
       könnten sich nach dem Tod ihres Namensgebers gegenseitig an die Gurgel
       gehen. Prominenteste Rivalen sind Vizepräsident Nicolás Maduro und
       Parlamentspräsident Diosdado Cabello, beide Weggefährten Chávez’ der ersten
       Stunden.
       
       Was die unmittelbare Zukunft des 30-Millionen-Einwohner-Landes betrifft,
       ist die Verfassung eindeutig: Der Vizepräsident übernimmt vorläufig die
       Regierungsgeschäfte, innerhalb von 30 Tagen wird neu gewählt. In Venezuela
       wird der Vize vom Staatsoberhaupt ernannt. Maduro führte die Amtsgeschäfte,
       als Chávez erkrankte, und wird dies nun auch weiter tun.
       
       Bei den kommenden Präsidentschaftswahlen wird Maduro wohl für die PSUV
       antreten – und gewinnen. Chávez selbst hatte ihn in seinen letzten
       öffentlichen Auftritt als Wunschkandidaten bestimmt. Offen ist jedoch, ob
       Maduro es schafft, die Abstimmung innerhalb der 30-Tage-Frist zu
       organisieren. Denkbar wäre eine Verschiebung in Absprache mit der
       politischen Opposition.
       
       Der PSUV gegenüber steht ein breites Spektrum von knapp zwanzig Parteien,
       von Sozialdemokraten über die Mitte bis nach ganz rechts. Diese Gruppen
       brauchten vor der letzten Wahl im Oktober 2012 mehrere Monate, um sich auf
       einen einzigen Kandidaten zu einigen. Derzeit spricht alles dafür, dass
       Henrique Capriles, der im Oktober gegen Chávez unterlag, wieder für die
       Opposition ins Rennen geht. Bei den Gouverneurswahlen im vergangenen
       Dezember wurde er – als einer von nur drei Oppositionspolitikern – in
       seinem Heimatbundesstaat Miranda als Gouverneur wiedergewählt. Er
       polarisiert nicht, äußerte in den letzten Wochen kein einziges Mal Kritik
       an Chávez selbst und drückte sofort nach dessen Tod sein Beileid aus: „Wir
       waren Gegner, niemals Feinde“, sagte Capriles.
       
       Chávez’ Nachfolger tritt ein schweres Erbe an. Vor der Wahl im Oktober
       hatte die Regierung große Anstrengungen unternommen, die Supermarktregale
       voll zu bekommen. Inzwischen sind wieder magere Zeiten angebrochen: Nach
       offiziellen Zahlen waren im Januar 20 von 100 Produkten in den Geschäften
       nicht zu bekommen, der schlechteste Wert seit Januar 2008. Zugleich steigt
       die Inflation um über 20 Prozent. Selbst in Caracas fällt der Strom immer
       wieder aus.
       
       ## „Effizienz, Effizienz, Effizienz“
       
       „Effizienz, Effizienz, Effizienz“, hatte Chávez getwittert, als er kurz
       nach seiner Wiederwahl seine Ministerriege ernannte. Doch die vielen
       Milliarden aus den Ölverkäufen werden kaum für effizienzsteigernde
       Investitionen ausgegeben. Folge: Die für die Wirtschaft des Landes enorm
       wichtige staatliche Ölgesellschaft PDVSA produziert und verdient von Jahr
       zu Jahr weniger. PDVSA sorgt inzwischen nicht nur für 90 Prozent der
       Exporteinnahmen, sondern finanziert auch die große Zahl der staatlichen
       Sozialprogramme, die Grandes Misiones.
       
       Um wie viel die Ölerlöse zurückgingen, ist nicht bekannt. Die letzten
       offiziellen Angaben stammen aus dem Jahr 2011. Die Firma förderte knapp 3
       Millionen Barrel pro Tag und lag damit noch weit unter den Planvorgaben von
       5,8 Millionen Barrel für die Jahre 2012 bis 2018.
       
       Mitte Februar griff Maduro zu drastischen Maßnahmen: Eine Steuerreform trat
       in Kraft, die eine gestaffelte Steueranhebung auf einen steigenden
       Rohölpreis festlegt und damit dem Staat Mehreinnahmen garantiert. Fast
       zeitgleich wurde die Landeswährung um 32 Prozent abgewertet. Davon
       profitierte in erster Linie die staatliche Ölgesellschaft, die bei der
       Abgabe ihrer Dollars an die Zentralbank einiges mehr in der Landeswährung
       bekommt.
       
       6 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Vogt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hugo Chavez
 (DIR) Venezuela
 (DIR) Erdöl
 (DIR) Venezuela
 (DIR) Mindestlohn
 (DIR) Hugo Chavez
 (DIR) Nicolás Maduro
 (DIR) Venezuela
 (DIR) Hugo Chavez
 (DIR) Hugo Chavez
 (DIR) Hugo Chavez
 (DIR) Nachruf
 (DIR) Hugo Chavez
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Präsidentenwahl in Venezuela: Blaues Auge für Maduro
       
       Hugo Chávez' Wunschnachfolger Nicolás Maduro gewinnt nur mit knapper
       Mehrheit die Präsidentenwahl. Sein Gegner Capriles erkennt das Ergebnis
       nicht an.
       
 (DIR) Venezuela vor der Wahl: Mindestlohn um 45 Prozent erhöht
       
       Interimspräsident Nicolás Maduro hat kurz vor der Wahl eine gewaltige
       Anhebung des Mindestlohns beschlossen. Derweil wurden die Grenzen
       Venezuelas geschlossen.
       
 (DIR) Video der Woche: Hugo in Heaven
       
       Der verstorbene Präsident Venezuelas, Hugo Chávez, trifft im Himmel auf
       Gottheiten, Che Guevara und Símon Bolivar. So sieht es jedenfalls der
       Regierungssender „Vive“.
       
 (DIR) Nach Chavez-Beerdigung in Venezuela: Maduro als Präsident vereidigt
       
       Kaum war die Trauerfeier für Hugo Chavéz vorbei, wurde sein Vize Nicolás
       Maduro vom Parlament zum Nachfolger ernannt. Die Opposition hält dies für
       Verfassungsbetrug.
       
 (DIR) Chávez kommt ins Museum: Kult über den Tod hinaus
       
       Die Leiche von Hugo Chávez soll einbalsamiert und ausgestellt werden.
       Obwohl er selbst mal die Ausstellung von Leichen kritisiert hatte.
       
 (DIR) Venezuelas Präsidentschaftskandidat: Vorlage für Karikaturisten
       
       Hugo Chávez selbst hat ihn noch auserkoren: Nicolás Maduro soll neuer
       Präsident Venezuelas werden. Wenn nicht, würde Chávez' letzter Wille
       missachtet.
       
 (DIR) Chávez und die Verschwörungstheorien: Alles kein Zufall
       
       Venezuelas verstorbener Präsident glaubte an Verschwörungstheorien: Seinen
       Tod hielt er für die Folge eines Angriffs, die Mondlandung der USA für
       Fake.
       
 (DIR) Analyse zum Tod von Hugo Chávez: Eine Führungsfigur – unbestreitbar
       
       Die Verbesserung Lateinamerikas war sein Ziel und seine Leistung: Welches
       Erbe tritt die Region nach dem Tod des charismatischen, aber nicht
       unumstrittenen Chávez an?
       
 (DIR) Nachruf Hugo Chávez: Sozialist und Showman
       
       Er war das Enfant Terrible des lateinamerikanischen Linksrucks. Hugo Chávez
       hat einen Kontinent verändert. Und zwar zum Guten.
       
 (DIR) Reaktionen auf Chávez Tod: „Wir sind alle Chávez“
       
       Nach dem Tod von Hugo Chávez trauern die linken Staatschefs Lateinamerikas
       um ihr Idol. Aus Washington gibt es verhaltene Reaktionen.