# taz.de -- Schiffsbeteiligungen: Krisenhafen: Überseestadt
       
       > Bei Reedern herrscht Flaute: Es gibt mehr Frachtraum als zu
       > transportierende Container. Viele kriselnde Schiffe landen an einer
       > Adresse in der Überseestadt.
       
 (IMG) Bild: Beteiligungen an Containerschiffen galten als risikoarm. Doch auch die können in Schieflage geraten.
       
       BREMEN taz | Die „[1][Jacky Rickmers]“, die „[2][MS Hellespont Trader]“
       oder die „[3][MS Maximilian Schulte]“ – allein seit Mitte November 2012
       haben zwei Dutzend Schiffe beim Amtsgericht Bremen Insolvenz angemeldet.
       Die meisten sind in Hamburg registriert und gehören nicht zu Bremer
       Reedereien, angemeldet wird ihre Insolvenz jedoch immer von der gleichen
       Adresse: der Konsul-Smidt-Straße 8t in der Überseestadt. Was steckt
       dahinter?
       
       Ein Schiffsfriedhof? Das Wort hört Sven Lundehn überhaupt nicht gern. Seine
       Firma „First Fleet“ sitzt in der Konsul-Smidt-Straße. Sie ist darauf
       spezialisiert, bei kriselnden Schiffen die Reedereien zu unterstützen. Denn
       diese wissen Schiffe zu verchartern – Lundehn, wie man das angeschlagene
       Geschäft „restrukturiert“. In der Hälfte der Fälle funktioniere das gut,
       sagt er, „ohne großes Aufsehen“. In der anderen Hälfte sei das nur durch
       eine Insolvenz möglich. Weil seine Firma die Geschäfte des jeweiligen
       Schiffes von Bremen aus führt, komme es dann auch hier zum
       Insolvenz-Verfahren. „Kein Hospiz“ sei seine Firma, sagt Lundehn, „auf
       keinen Fall, eher eine Schiffs-Intensivstation“. Und die hat derzeit viele
       Patienten.
       
       Seit der Wirtschaftskrise 2008 schwächelt auch die Schifffahrtsbranche, vor
       allem beim Container-Transport: Es gibt zu wenig Fracht für die vorhandenen
       Schiffe, immer größere Frachter drängen auf den Markt. Insbesondere die
       Charterreeder, wie sie in Bremen ansässig sind, geraten unter Druck. Sie
       vermieten ihre Schiffe an große Linien-Reedereien, „zu sehr niedrigen
       Raten, um sie überhaupt einsetzen zu können“, sagt Christof Lauer, Sprecher
       des [4][Verbands Deutscher Reeder] (VDR). „Die Einnahmen reichen oft nicht
       mehr, um die Betriebskosten zu decken und den Forderungen der Banken
       nachzukommen.“
       
       Schiffe werden als eigenständige GmbH & Co KGs zu zwei Dritteln von der
       Bank finanziert – ein- bis zweistellige Millionenbeträge. Grundlage dafür
       bietet das Kapital von Kleinanlegern. Solche Schiffsfonds galten vor ein
       paar Jahren noch als [5][Top-Anlage], mit [6][Rendite-Versprechen] von zehn
       bis zwölf Prozent und dazu Steuervorteilen.
       
       In den letzten Jahren spürten viele Kleinanleger, dass eine solche
       Unternehmensbeteiligung auch Risiken birgt: Fährt ein Schiff nicht genug
       Gewinne ein, wird es eng. Wie im Fall der Jacky Rickmers können Anleger bei
       einer Schiffs-Insolvenz ihr Geld komplett verlieren – bei der Jacky
       Rickmers waren das insgesamt 11 Millionen Euro. Das Schiff wurde einst als
       „Fast-Feeder“ gebaut – darauf getrimmt, die Fracht für größere Frachter
       zuzuliefern. Sie sollte schnell sein und verbrauchte dafür viel. Doch die
       Treibstoff-Preise haben sich in den letzten Jahren verdreifacht. Zumal
       durch die Elbvertiefung die großen Schiffe weiter ins Landesinnere fahren
       können, lohnt sich das kaum noch.
       
       Banken, die Kunden solche Risiken verschwiegen haben oder ihre eigene
       Provision verschweigen, haben derzeit mit Gerichtsverfahren zu kämpfen.
       Erst vergangene Woche verurteilte das Landgericht Bremen die Commerzbank zu
       einer Entschädigung – es ging um [7][Beluga-Schiffsfonds].
       
       Angeboten werden solche Schiffsfonds etwa von der Firma „HCI Capital“,
       deren Tochter „HCI Treuhand“ die Schiffsbeteiligungen von Bremen aus
       managt. Viele der Kähne, die Lundehn von der Konsul-Smidt-Straße aus zu
       retten versucht, stammen aus den HCI-Fonds.
       
       Lundehns Expertise ist gefragt, Bremen bietet für seine Art der
       Unternehmung Vorteile – kurze Wege ohnehin aber auch: die Bremer
       Landesbank, die als eine der wenigen Banken überhaupt noch
       Schiffsfinanzierungen übernimmt. Andere Banken, Commerzbank oder HSH
       Nordbank haben sich aus dem Geschäft zurückgezogen. Selbst wenn es noch
       Sicherheiten gibt, gewähren sie Schiffen keine Kredite mehr.
       
       Auch drei Anwalts-Kanzleien sind in der Stadt auf Schiffsinsolvenzen
       spezialisiert. Und Richter in Bremen sind eher als etwa in Hamburg dazu
       bereit, bei der Auswahl der Insolvenzverwalter mit sich reden zu lassen.
       
       Ein Vorteil, denn Schiffs-Insolvenzen haben ihre Eigenheiten. Schiffe sind
       weltweit unterwegs, liegen in Montevideo, Rotterdam oder Guangzhou. In
       vielen dieser Häfen ist es leichter als in Deutschland, das Schiff
       „arrestieren“ zu lassen: Ungeduldige Gläubiger, vom deutschen Handwerker
       bis zum international-agierenden Treibstoff-Lieferanten, können das Schiff
       festsetzen und damit ihre Forderung eintreiben. Ein Schiff, das nicht
       fährt, kostet 5.000 bis 10.000 Euro am Tag. Ein Insolvenz-Verwalter sollte
       dies wissen, um die Lage eines Schiffes nicht zu verschlimmern.
       
       10 Mar 2013
       
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 (DIR) [1] http://www.marinetraffic.com/ais/de/shipdetails.aspx?MMSI=538090387
 (DIR) [2] http://www.marinetraffic.com/ais/de/shipdetails.aspx?IMO=9114608
 (DIR) [3] http://www.marinetraffic.com/ais/de/shipdetails.aspx?mmsi=212404000
 (DIR) [4] http://www.reederverband.de/
 (DIR) [5] http://www.schiffsfonds.eu/test/364-commerzbank-empfahl-risikoreiche-schiffsfonds-kunden-klagen-schadensersatz-ein
 (DIR) [6] http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/sichere-anlage-schiffsfonds-anleger-verklagen-banken-und-sparkassen/7081232.html
 (DIR) [7] http://www.schiffsfonds-schadenshilfe.de/sonderthema-dfh-beluga/
       
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