# taz.de -- Die Wahrheit: Fleischmafia und Schwänze
       
       > Rinder haben Hörner, Pferde einen Schweif, Schweine einen Ringel- und
       > Schafe einen Stummelschwanz. Daran kann man sie leicht erkennen.
       
 (IMG) Bild: Niemand, wirklich niemand beabsichtigt ein Pferd zu essen.
       
       Wenigstens weiß man jetzt, wo das Rindfleisch abgeblieben ist, das in
       Hamburgern und Lasagne durch Pferdefleisch ersetzt worden war: Es steckt in
       Lamm-Currys. Die schottische Aufsichtsbehörde für Lebensmittel hat 129
       indische Restaurants im ganzen Land untersucht. Bei einem Drittel
       enthielten die Lamm-Currys kein Lamm, sondern billiges Rindfleisch. Von
       wegen heilige Tiere! Da war der Geiz stärker als der Glaube – immerhin ein
       Beispiel für eine gelungene Integration. Die Behörde veröffentlichte aber
       nicht die Namen der Restaurants. Datenschutz geht vor Verbraucherschutz.
       
       In den englischen Midlands hat die dortige Behörde ebenfalls indische
       Restaurants getestet. Sämtliche der untersuchten Lamm-Kababs enthielten
       jede Menge Farbstoff sowie eine Mischung aus Schwein, Rind, Huhn und ein
       bisschen Lamm – aber kein Pferd. Die Witze über Ketten wie Würgerking, wo
       Spezialburger „My little Pony“ für Mädchen angeboten werden, haben bei
       britischen Schülern solch nachhaltigen Eindruck hinterlassen, dass nicht
       mal mehr die Hälfte in den Schulkantinen isst. Die meisten bringen
       stattdessen Sandwiches aus Formschinken, der zwischen zwei Scheiben des
       britischen elastischen Weißbrots gepresst ist. Der Nährwert ist zwar gleich
       null, aber wenigstens wiehert das Sandwich nicht.
       
       Sind die Leute in der Lebensmittelindustrie zu blöd, um die Tiere zu
       unterscheiden? Rinder haben Hörner, Pferde einen Schweif, Schweine einen
       Ringel- und Schafe einen Stummelschwanz. Ist doch ganz einfach. Das schafft
       auch die Fleischmafia. Deshalb zeigen die Fälle viel mehr „den
       internationalen Verschiebebahnhof von Lebensmitteln und die kreativen
       kriminellen Energien der Fälscher“, wie der Kulinarpapst M. Kriener neulich
       schrieb – „mit rumänischen Ross-Schlächtern, niederländischen und
       zypriotischen Zwischenhändlern, italienischen Rezepturen und deutschen,
       französischen und britischen Opfern“.
       
       Kriener ist deshalb so empört, weil er selbst zu den Opfern gehört. Im
       Januar kaufte er bei einem Metzger in Oberschöneweide vermeintliche
       Ochsenbäckchen. Erst beim Zubereiten merkte er, dass ihm der kreativ
       kriminelle Schlächter Hamsterbacken angedreht hatte. Sie waren noch mit den
       für das Nagetier typischen Wintervorräten gefüllt. „Mit einer
       Chateau-Lafitte-Sauce haben die Hamsterbacken aber hervorragend
       geschmeckt“, sagte Kriener. Selbst die Haustierhandlungen machen bei dem
       bösen Spiel mit. Der Nachbarsjunge hatte sich drei Goldfische gekauft und
       wunderte sich, dass die Tiere leblos im Aquarium herumtrieben. Es stellte
       sich heraus, dass der kreative kriminelle Tierhändler ihm aus Mohrrüben
       geschnitzte Goldfischimitate untergejubelt hatte.
       
       Eine Frage ist noch offen: Rindfleisch wurde durch Pferdefleisch ersetzt
       und Lammfleisch durch Rindfleisch. Wo wird denn nun das Lammfleisch
       auftauchen? In Bio-Eiern? Oder ist das alles eine einzige große
       Lammverschwörung und die Viecher sind gar nicht geschlachtet worden,
       sondern laufen munter auf der Trabrennbahn?
       
       17 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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