# taz.de -- Parteiloser kämpt um Direktmandat: Der Graf und der Linke
       
       > Wolfgang Neskovic saß 7 Jahre für die Linke im Bundestag. Zur
       > Bundestagswahl tritt er als unabhängiger Kandidat an, unterstützt von
       > einem adligen CSUler.
       
 (IMG) Bild: 2005 saß Wolfgang Neskovic ganz frisch im Bundestag. Er würde gern noch ein wenig bleiben.
       
       BERLIN taz | Wolfgang Neskovic wagt ein politisches Experiment. Im Herbst
       wird er als Parteiloser für den Bundestag kandidieren. Sollte er das
       Direktmandat in seinem Wahlkreis Cottbus/Spree-Neiße gewinnen, wäre es eine
       kleine Sensation: Seit 1949 ist dies keinem unabhängigen Bewerber mehr
       gelungen.
       
       Neskovic hat es nicht so mit Parteien. 15 Jahre war er SPD-Mitglied, Mitte
       der 90er Jahre wechselte er wegen der Aufweichung des Aslyrechts zu den
       Grünen. Auch dort hielt es ihn nicht lange, er verließ die Partei aus
       Protest gegen den Kosovokrieg. Seit 2005 sitzt er jetzt als Parteiloser für
       die Linkspartei im Bundestag. Vor drei Monaten verließ er die Fraktion. Er
       hatte sich mit dem Brandenburger Landesverband überworfen.
       
       Jetzt ist er also Alleinkämpfer. „Ich will befreit sein von allen
       Abhängigkeiten“, sagt er. Für Freigeister sei das parteipolitische
       Abgeordnetendasein nichts, da es auf Hierarchie und Unterwerfung beruhe.
       Andererseits ist ein Wahlkampf ohne Partei schwierig. „Es wird eine enorme
       Herausforderung, ohne das Geld und das Personal einer Partei in die Wahl zu
       ziehen“, sagt Neskovic.
       
       Er ist auf Spenden angewiesen und setzt auf einen Unterstützerkreis. Ein
       Dutzend Personen haben sich schon gemeldet. Linke, Grüne, Nichtwähler. Eine
       Art Bürgerinitiative.
       
       ## Der Erbe des Landschaftsarchitekten
       
       Seit wenigen Tagen hat er einen prominenten Unterstützer hinzugewonnen:
       Hermann Graf von Pückler. Der 73-jährige ist Urgroßneffe des berühmten
       Landschaftsarchitekten Fürst von Pückler-Muskau, der im 18. Jahrhundert die
       berühmten Parks Branitz und Muskau erschuf.
       
       Der heutige Graf von Pückler lebt in München, ist gelernter Jurist und
       eingefleischtes CSU-Mitglied. Er wuchs im Schloss Branitz bei Cottbus auf,
       floh mit seiner Familie 1945 vor den Russen. Nach der Wende kehrte Pückler
       nach Brandenburg zurück, zog dort einen Forstwirtschaftsbetrieb auf. Jetzt
       unterstützt der Adlige den Linken im Wahlkampf.
       
       Ein auf den ersten Blick ungleiches Paar. „Ich stimme nicht in allen Fragen
       mit ihm überein, etwa in der Wirtschaftspolitik“, sagt Pückler. Aber er
       beobachte Neskovic seit Jahren. „Sein politisches Handeln bewundere ich.“
       Als Neskovic ihn um Unterstützung bat, sagte er zu.
       
       Die beiden verbindet ihr Kampf gegen den Braunkohleabbau in der Region.
       „Ich bin nicht vor 20 Jahren zurückgekommen, um mit anzusehen, wie ein
       schwedischer Konzern unser Land zerstört“, sagt Pückler. Neskovic weise wie
       er seit Langem auf den Wahnsinn dieser Landschaftszerstörung durch
       Vattenfall hin. „Wenn es so weitergeht, werden wir in der Lausitz bald kein
       Leben mehr haben.“ Wenn Pückler vom Braunkohleabbau redet, von mangelhafter
       Rekultivierung und von ausgewaschenen Chemikalien, erkennt man die
       Parallelen zu Neskovic. Beide sehen sich als Einzelkämpfer, allein gelassen
       von Parteien und Regierung.
       
       ## 100.000 Euro Wahlkampfkosten
       
       Die Unterstützung für Neskovics Kandidatur ist bisher ideeller Art. „Ich
       setze mich für ihn ein, wir werden sicher auch gemeinsam auftreten“, sagt
       Graf von Pückler. Ob er für den Wahlkampf auch Geld spendet, ist noch
       unklar. Neskovic hat ausgerechnet, dass er für den Wahlkampf etwa 100.000
       Euro braucht. „Es wird ein großer Aufwand, den Leuten klar zu machen, dass
       ich ihre Erststimme brauche“, sagt er.
       
       Seine Erfolgsaussichten sind nicht schlecht. Bereits 2009 erlangte er – auf
       dem Ticket der Linkspartei – überraschend das Direktmandat. Ein Vorteil ist
       auch, dass seine Mitbewerber von CDU, SPD und Linkspartei auch auf sicheren
       Listenplätzen ihrer Parteien stehen und wohl über die Zweitstimme ohnehin
       in den Bundestag einziehen.
       
       Seine Kandidatur sieht er auch als Signal. In seiner Vision sieht er im
       Bundestag künftig 10 bis 20 unabhängige Abgeordnete: „Es wäre ein anderes
       Parlament, in dem Sachargumente wieder mehr Chancen hätten, wenn nicht mehr
       nur Fraktionen über Mehrheiten entscheiden.“
       
       29 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paul Wrusch
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