# taz.de -- Neuer 3D-Film: Das „Warschau, das wir vermissen“
       
       > Von den Nationalsozialisten wurde fast alles zerstört. Ein 3D-Film lässt
       > das Warschau der dreißiger Jahre nun wieder auferstehen.
       
 (IMG) Bild: Szene aus dem 3D-Video.
       
       WARSCHAU afp | Vor dem Zweiten Weltkrieg galt Warschau vielen als das
       „Paris des Nordens“ – die polnische Hauptstadt war damals eine der
       schönsten Metropolen Europas. Nach der Zerstörung durch die
       Nationalsozialisten blieb nicht viel mehr als ein gigantischer Haufen
       rauchender Trümmer. Jetzt, fast 70 Jahre später, lässt ein neuer Film
       [1][das alte Warschau wieder auferstehen] – dank neuster,
       computergestützter 3D-Animation.
       
       Ob aus der Vogelperspektive oder mit den Augen von Tram-Passagieren: Mit
       den großzügig angelegten Plätzen und Parks des alten Stadtzentrums zeigt
       „Warszawa 1935“ dem Kinopublikum eine untergegangene Welt, an die sich nur
       wenige erinnern. Für den 84-jährigen Stefan Zoltowski bringt der Film
       Erinnerungen zurück, die er für immer verloren glaubte: „Es ist
       beeindruckend. Ich sah einen Teil der Straße, in der ich meine Kindheit
       verbrachte“, sagt der pensionierte Arzt, der in der Zlotastraße
       (Goldstraße) im Herzen der Stadt aufwuchs.
       
       Während des Warschauer Aufstandes 1944 machten die Nationalsozialisten
       seinen Wohnblock dem Erdboden gleich. Mehr als 80 Prozent von Warschau
       wurden während der deutschen Besatzung zwischen 1939 und 1945 zerstört, von
       1,3 Millionen Einwohnern vor dem Krieg starben mehr als 700.000.
       
       Auf den Straßen, auf denen Zoltowski einst mit seinen Freunden spielte,
       stehen heute ein Einkaufszentrum und der Kulturpalast. Das stalinistische
       Wahrzeichen errichtete die Sowjetunion im sozialistisch-realistischen Stil
       gleich nach dem Krieg. Inzwischen ist der 237 Meter hohe Bau umgeben von
       Parkplätzen, Parks und Wolkenkratzern der post-kommunistischen Ära, die das
       Stadtzentrum in den vergangenen zwei Jahrzehnten so verwandelt haben, dass
       es fast nicht wiederzuerkennen ist.
       
       Der neue 3D-Film bediene die Sehnsucht nach dem „Warschau, das wir
       vermissen“, sagt Ryszard Maczewski, Vorsitzender der [2][Stiftung
       Warszawa1939.pl], die an der Dokumentation der Vorkriegszeit in Warschau
       arbeitet.
       
       ## Ein kartographisches Meisterwerk
       
       Für den Filmproduzenten Ernest Rogalski war der Streifen „eine ziemliche
       Herausforderung“: „Das hat bisher keiner gemacht.“ Auf der Suche nach Fotos
       und Stadtplänen für die virtuelle Rekonstruktion durchforstete das
       Produktionsteam das Internet und das polnische Nationalarchiv. Dort stießen
       sie auf detaillierte Pläne aus dem späten 19. Jahrhundert, die der
       britische Ingenieur William Lindley für die Wasserwerke der Stadt erstellt
       hatte – für den Film eine wahre Goldgrube.
       
       „Es ist ein kartographisches Meisterwerk“, sagt der Kartograph Pawel
       Weszpinski vom Nationalarchiv. „Mit solch aufwändiger Präzision in einem
       Maßstab 1:200 wurden nur drei europäische Städte dieser Zeit kartiert -
       Warschau, Frankfurt und Hamburg. Sogar Bäume in Warschau wurden
       maßstabsgetreu gezeichnet.“ Zur Ortsbestimmung von Läden und anderen
       Geschäften wurden Handelsregister der Vorkriegszeit zu Rate gezogen, so
       dass die Filmemacher Reklametafeln und Firmenlogos an die richtigen Stellen
       setzen konnten.
       
       Doch um die Daten des Mammut-Programmierprojektes auf die Leinwand zu
       bekommen, benötigten die Produzenten die gigantische Speicherkapazität von
       zwölf Terabytes. „Für die Verarbeitung unserer dreidimensionalen Bilder
       brauchten wir enorme Computerkapazitäten“, sagt Regisseur Tomasz Gomol.
       „Wir nutzten Server im Polnischen Institut für Nuklearforschung und in
       einem Datenzentrum in China. In Europa wollte uns niemand helfen, aus Angst
       vor der Überlastung ihrer Server.“
       
       Mit 20 Minuten ist die digitale Tour relativ kurz und erlaubt dem Zuschauer
       kaum, den Detailreichtum der Animation zu erfassen. „Dieses Problem wird
       bald gelöst, wenn der Film auf DVD und Blu-ray heraus kommt“, sagt Gomol.
       Auch eine Fortsetzung der digitalen Reise in die Vergangenheit plant er
       schon.
       
       27 Mar 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=NYLfEIvIbUY#!
 (DIR) [2] http://warszawa1939.pl/
       
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