# taz.de -- Kommentar Italien: Nach der Wahl ist vor der Wahl
       
       > Die Mehrheit in Italien ist es leid, dass ihre Regierungen nur
       > Stabilitätskriterien zur Leitlinie ihrer Politik machen. Deshalb sind
       > Neuwahlen richtig.
       
       Pierluigi Bersani hat das Unmögliche versucht. Eine „Regierung des Wandels“
       wollte er Italien bescheren, eine Regierung, die die Quadratur des Kreises
       bedeutet hätte. Denn obwohl numerisch schwach – im Senat hätte sie keine
       stabile Mehrheit gehabt –, sollte sie mit einem starken Programm des Umbaus
       antreten.
       
       Doch in Italiens Politik blieb der Kreis rund. Fünf Wochen nach der Wahl
       steht das Land akkurat dort, wo es sich direkt nach der Schließung der
       Wahllokale befand: Mit drei einander blockierenden Minderheiten im
       Parlament hat es die Wahl zwischen einer schwachen Notstandsregierung und
       umgehenden Neuwahlen.
       
       Das wäre nicht weiter tragisch – immer wieder sah Italien äußerst schwache
       Regierungen und lebte am Ende ganz gut damit. Gesteuert vom „Autopiloten“,
       könne das Land auch jetzt eigentlich unbesorgt weitermachen, meinte nach
       den Wahlen EZB-Präsident Mario Draghi.
       
       Eine einigermaßen naive Hoffnung ist das angesichts der Eurokrise: Schon
       zieht der „Spread“ an, und wenn die Finanzmärkte erst einmal begriffen
       haben, dass Italien in eine Phase heftiger politischer Turbulenzen
       eingetreten ist, werden die Risikoaufschläge weiter klettern.
       
       Es waren die Folgen der Eurokrise, die tiefe Rezession mit ihren kräftigen
       Wohlstandsverlusten, die zu dem Wutvotum und damit zum Patt im Parlament
       geführt haben. Die Mehrheit hatte die Nase voll davon, dass ihre
       Regierungen nur noch europäische Stabilitätskriterien als Leitlinie ihrer
       Politik hatten. Sie wollten eine Regierung, die ihren Interessen Gehör
       verschafft. Doch, bittere Ironie, sie werden ein Italien sehen, das
       instabiler ist als zuvor und das deshalb erst recht zum Spielball der
       Märkte wird. Klaglos allerdings werden die Italiener das nicht ertragen –
       das werden spätestens die nächsten Wahlen zeigen.
       
       29 Mar 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
 (DIR) Michael Braun
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Pier Luigi Bersani
 (DIR) Italien
 (DIR) Grillo
 (DIR) Rom
 (DIR) Italien
 (DIR) Italien
 (DIR) Pier Luigi Bersani
 (DIR) Italien
 (DIR) Grillo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Opposition in Italien: Grillos Truppe zerlegt sich selbst
       
       Der „Fünf-Sterne“-Bewegung, die schon bei der Kommunalwahl abstürzte, droht
       die Spaltung. Hardliner und Pragmatiker finden keine Kompromisse.
       
 (DIR) Machtwechsel im römischen Rathaus: Kein Mann des Parteiapparates
       
       Roms neuer linker Bürgermeister, Ignazio Marino, ist ein Quereinsteiger der
       Politik. Er soll hochkompetent sein, ist aber auch in seiner Partei
       umstritten.
       
 (DIR) Kommentar Präsidentschaftskandidat Italien: Eine selbstmörderische Umarmung
       
       Sozialdemokraten und das Berlusconi-Lager haben sich auf Franco Marini als
       Präsidentschaftskandidaten geeinigt. Das wird mit einer Umarmung gefeiert,
       die Folgen hat.
       
 (DIR) Regierungskrise in Italien: Napolitano setzt auf Weise
       
       Italiens Präsident Napolitano kämpft will ein Expertengremium einsetzen,
       damit sich doch noch eine Regierung bildet. Einen vorzeitigen Rücktritt
       schließt er am Samstag aus.
       
 (DIR) Regierungskrise in Italien: „Unannehmbare Bedingungen“
       
       Vorerst hat Italien keine neue Regierung: Der Chef des
       Mitte-Links-Bündnisses, Pier Luigi Bersani, konnte keine Mehrheit hinter
       sich versammeln.
       
 (DIR) 5-Sterne-Bewerbung in Italien: Wutbürger für Europa
       
       Ein Informatiker, eine Lektorin und eine Stadträtin berichten, warum sie
       „Grillini“ wurden. Die Zustimmung zur Bewegung wächst weiter.
       
 (DIR) Debatte Italien: Wahre Clowns
       
       Nun jammern sie wieder, die europäischen Eliten. Dabei haben Grillo und
       Berlusconi nur bewiesen, dass in der Mitte nichts mehr zu holen ist.