# taz.de -- Untersuchungskommission in Zypern: Kapitalflucht mit politischer Hilfe?
       
       > Geschenkte Kredite und Bargeld-Schmuggel: In Zypern soll nun eine
       > Untersuchungskommission klären, wer sich an der Krise bereichert hat.
       
 (IMG) Bild: Während die Politik über die Gründe für das Finanzdesaster streitet, versuchen die Zyprer sich selbst zu helfen.
       
       BERLIN taz | Mindestens drei Personen hat es schon erwischt. Sie wurden auf
       dem zyprischen Flughafen Larnaka vom Zoll angehalten. Im Gepäck: Mehrere
       hunderttausend Euro. Einer der Männer soll versucht haben, allein 420.000
       Euro in Scheinen ins Ausland zu bringen.
       
       Seit der letzten Woche dürfen Reisende [1][nur noch 1.000 Euro] in bar
       mitnehmen. Die Polizei hat ihr Personal auf Flughäfen und Häfen
       aufgestockt. Ziel der Operation ist es, Bankkunden daran zu hindern, ihr
       eigenes Konto abzuräumen. Denn in diesem Fall droht eine Insolvenz nicht
       nur der zweitgrößten Laiki Bank, deren Auflösung beschlossene Sache ist,
       sondern auch des größten Kreditinstituts, der Bank of Cyprus.
       
       Um ganz andere Summen aber geht es bei der Aufklärung von Ungereimtheiten
       und möglichen Skandalen im Vorfeld. Fast zwei Wochen lang waren alle Banken
       geschlossen, bis sich Zypern mit der EU über die Bedingungen für einen
       Rettungskredit geeinigt hatte. Bis zu 60 Prozent von größeren Einlagen
       gelten als verloren.
       
       Was aber geschah kurz vor und während der Bankenschließung? Das soll eine
       Untersuchungskommission aus drei ehemaligen Verfassungsrichtern aufklären,
       die in dieser Woche ihre Arbeit aufnahm. Zugleich warten Medien mit immer
       neuen Enthüllungen über das Geschäftsgebaren zyprischer Politiker auf.
       
       ## Verzicht auf Rückzahlung
       
       Erstes Opfer wurde [2][Finanzminister Michalis Sarris]. Der nahm am
       Dienstag seinen Hut, um nach eigener Aussage den Untersuchungen nicht im
       Wege zu stehen. Sarris war vor seinem Regierungsjob Chef der Pleitebank
       Laiki, deren Geschäftsgebaren einige Merkwürdigkeiten aufweist. So schrieb
       das Geldinstitut immer wieder bereitwillig Kredite ab und verzichtete damit
       auf deren Rückzahlung.
       
       Zu den Begünstigten zählte nach einem Zeitungsbericht der ehemalige
       Präsident Georgios Vassiliou, der 5,8 Millionen Euro einsparte, die linke
       Gewerkschaft PEO, der drei Millionen erlassen wurden, und diverse
       Parlamentsabgeordnete von links bis rechts. Alle Beteiligten beteuerten
       ihre Unschuld.
       
       Weiterhin ist ungeklärt, wieso die Europäische Zentralbank (EZB) die Laiki
       Bank bis kurz vor Schluss mit über 9 Milliarden Euro Nothilfekrediten
       unterstützte, obwohl da schon absehbar war, dass das Institut vor der
       Pleite stand. Die Riesensumme belastet nun die Bank of Cyprus, die die
       „guten“ Reste von Laiki übernehmen muss. Ein Banker, der anonym bleiben
       wollte, sagte der taz, der Chef der zyprischen Zentralbank, Panikos
       Demetriades, habe die EZB mit gefälschten Zahlen gefüttert.
       
       Zudem ist rätselhaft, weshalb Filialen der Laiki und der Bank of Cyprus in
       London und Moskau geöffnet blieben, während jeder Zyprer daheim vor
       verschlossenen Türen stand. So sollen über das Ausland hohe Summen
       abgehoben worden sein – ohne irgendwelche Einbußen.
       
       ## Ein vierter ungeklärter Komplex
       
       Schließlich geriet auch der konservative Präsident Nikos Anastasiades unter
       Feuer. Dabei geht es um den vierten ungeklärten Komplex: Gab es kurz vor
       der Bankenschließung undichte Stellen in der Regierung, die ihre Freunde
       vor der bevorstehenden Bankpleite warnten? Jedenfalls zog die Firma des
       Schwiegersohns von Anastasiades quasi in letzter Minute 21 Millionen Euro
       aus Zypern ab und transferierte das Geld nach London – angeblich für das
       Bieterverfahren um ein Grundstück.
       
       Die involvierte Firma Loutsios und Söhne bestätigte den Vorgang, erklärte
       aber, er hätte nichts mit der Bankenpleite zu tun. Anastasiades selbst
       sagte, er habe gar nicht wissen können, dass die EU Zypern zwingen würde,
       die Bank abzuwickeln.
       
       So entwickelt sich eine politische Schlammschlacht. Die Vorwürfe gegen
       Anastasiades stammen aus der Zeitung der linken Akel-Partei, Haraghwi. Der
       Präsident warf seinerseits den Linken vor, während ihrer Regierungszeit die
       drohende Pleite systematisch verschleiert zu haben.
       
       [3][Die Schuldfrage droht Zyperns Politik lahmzulegen.] Die Idee,
       angesichts der Krise eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, hat
       wenig Chancen. Während Zehntausende Jobs in Gefahr sind, tobt ein Streit um
       die Deutungshoheit des Desasters.
       
       3 Apr 2013
       
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