# taz.de -- Israelischer Luftangriff in Syrien: Entwarnung aus Damaskus
       
       > Nach dem israelischen Raketenbeschuss von Syrien blieb der Gegenangriff
       > aus. Das Interesse von Assad an einem Zweifrontenkrieg scheint begrenzt
       > zu sein.
       
 (IMG) Bild: Israelische Soldaten sichern die Grenze im Norden
       
       JERUSALEM taz | Zweimal greift die israelische Luftwaffe Ziele in Syrien
       an. Über 40 Menschen sollen am vergangenen Wochenende dabei zu Tode
       gekommen sein, und doch hält sich die Regierung in Damaskus bislang mit
       militärischen Reaktionen zurück. Die Opfer und die beim Nachbarn
       angerichteten Zerstörungen laufen in Israel unter dem Begriff
       „Kollateralschaden“.
       
       Jerusalem nimmt es in Kauf, die Souveränität eines anderen Staates so
       eklatant zu verletzten, auch wenn der Feind erklärtermaßen nicht Syrien
       ist. Die Luftwaffe zielte auf die libanesisch-schiitische Hisbollah (Partei
       Gottes) ab, die iranische Rüstungshilfe via Syrien bekommt, um sie für den
       Kampf gegen die Zionisten zu wappnen.
       
       Wenige Tage nach den Luftangriffen verschärft sich der Ton der syrischen
       Regierung und ihrer Verbündeten. Die „Achse des Bösen“, die von Teheran via
       Damaskus bis zur Hisbollah führt, wie es einst US-Präsident George W. Bush
       umriss, ist vereint in dem Plan, sich am Feind zu rächen, der per
       Bombenabwurf zwei Waffentransporte für die Hisbollah abfing.
       
       Iran versprach Syrien volle Unterstützung gegen die „Terroristen, Israel
       und die USA und alle, die es wagen, das Land anzugreifen“. Hisbollah-Chef
       Scheich Hassan Nasrallah gab sich zuversichtlich, dass Syrien seine
       Guerillatruppen nun erst recht mit Waffen versorgen werde, mit denen „die
       Karten im Kampf neu gemischt werden“. Die Hisbollah würde umgekehrt Syrien
       helfen, die Golanhöhen von Israel zurückzuerobern.
       
       Syriens Präsident Baschar al-Assad zeigt sich den schiitischen Extremisten,
       die ihm auch im Kampf gegen die Rebellen zur Seite stehen, rundum dankbar.
       „Wir haben entschieden, ihnen alles zu geben“, zitierte ihn die
       libanesische Zeitung al-Achbar.
       
       Assad setzt vorerst auf strategische Vergeltung für Israels Luftangriffe.
       Syrien sei zwar in der Lage, Israel mit „ein paar Raketen“ anzugreifen,
       meinte der Diktator nonchalant, doch lieber will er sein Land nach dem
       Vorbild der libanesischen Hisbollah zu einer Nation des Widerstandes
       machen.
       
       ## Keine Gegenangriff
       
       Assads Ankündigung bedeutet für Israel zunächst Entwarnung. Aus Damaskus
       ist im Moment kein militanter Rachefeldzug zu erwarten. Die schlechte
       Nachricht ist jedoch, dass sich die syrische Führung durch die
       Luftangriffen nicht davon abbringen lässt, weiter mit der Hisbollah zu
       kooperieren und weiter Waffentransporte aus Teheran via Syrien zu
       ermöglichen.
       
       Für die Hisbollah tickt die Uhr. Ihr droht mit dem möglichen Sturz Assads
       der Wegfall des wichtigsten Verbündeten neben Iran. Für sie gilt:
       aufrüsten, was das Zeug hält.
       
       Je näher das Ende der Regierung in Damaskus rückt, desto intensiver wird
       der Waffenschmuggel vorangetrieben werden. Lieber in den Händen der
       libanesischen Verbündeten als bei den syrischen Rebellen will Assad sein
       Arsenal aufgehoben wissen.
       
       ## Israel steht bereit
       
       Damit ist sicher, dass die israelischen Attacken vom vergangenen Wochenende
       nicht die letzten waren. Die Sicherheitskräfte werden „alles unternehmen,
       um weiteren Waffenschmuggel zu verhindern“, meint Dr. Boas Ganor, Gründer
       und Direktor des International Policy Institute for Counter-Terrorism in
       Herzlia.
       
       Dass trotz der israelischen Angriffe Syrien vorerst Ruhe an der
       israelischen Front wahrt, scheint in Israel niemanden zu überraschen. In
       Tel Aviv und Jerusalem hielt sich die Schlagzeile von einer möglichen
       Ausweitung des syrischen Bürgerkrieges über die Landesgrenzen hinaus kaum
       einen Tag, um gleich wieder abgelöst zu werden von Meldungen über das
       Staatsdefizit und die Erhöhung der Mehrwertsteuer, während
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für fast eine Woche nach China reiste.
       
       Was Israels Bürger ruhig schlafen lässt, ist die Gewissheit, dass Assad
       derzeit andere Sorgen hat. Das Letzte, was er braucht, ist eine weitere
       Front. Davon abgesehen, ist seine Armee heute deutlich geschwächter als zu
       Beginn des Aufstands.
       
       ## Alte Kampfflugzeuge
       
       Dass sie schon von Anfang an nicht das war, was die Regierung in Jerusalem
       die Bürger glauben ließ, berichtete diese Woche die Tageszeitung Ha’aretz.
       So setzt die syrische Luftwaffe im Kampf gegen die Freiheitskämpfer
       überalterte Modelle des Typs MiG-21 und MiG-23 ein, Kampfflugzeuge aus den
       60er Jahren.
       
       Schon im Winter vor acht Jahren, so schreibt das Blatt, beobachteten
       israelische Truppen auf dem Golan, wie auf syrischer Seite Soldaten
       erfroren, weil sie keine wetterfesten Uniformen hatten.
       
       „Ihr Israelis habt die syrische Armee zu etwas gemacht, was viel
       furchterregender ist, als es der Wirklichkeit entspricht“, zitiert Ha’aretz
       einen syrischen Freiheitskämpfer. Die meisten Einheiten seien schlecht
       ausgestattet. „Relativ neue Panzer bekommen einzig die loyalen
       Alawiten-Einheiten, die vor allem die Aufgabe haben, das Regime zu
       beschützen.“
       
       Nicht die syrische Armee sei für Israel gefährlich, sondern die
       Terroristen, sagt Professor Moshe Maoz, Experte für Islam- und
       Nahoststudien an der Hebräischen Universität Jerusalem, aber auch hier
       werde übertrieben. „Die Extremisten sind zwar motiviert und bewaffnet, aber
       zahlenmäßig nicht sehr viele“, meint Maoz. Die meisten syrischen Muslime
       bewegten sich im (moderateren) Zentrum des Islam. „Man liebt al-Qaida
       nicht.“
       
       ## Die Hisbollah ist der Feind
       
       Mit jedem Angriff auf syrischem Boden geht Israel dennoch ein Risiko ein.
       Auf keinen Fall will sich Jerusalem in den Bürgerkrieg einmischen. Israels
       Feind ist nicht Syrien, sondern die Hisbollah.
       
       Dennoch hält man sich in Jerusalem an eine Reihe von roten Linien und
       agiert, sobald diese überschritten werden. Waffenlieferungen gehören ebenso
       dazu wie Grenzverletzungen auf den Golanhöhen.
       
       „Niemand kann wissen, ob es beim nächsten Mal wieder ruhig bleibt“, sagt
       Maoz. „Wenn Teheran Assad grünes Licht für einen Vergeltungsschlag gibt,
       wäre das schlimm.“
       
       Maoz sieht weder die Beendigung der israelischen Luftangriffe noch eine
       baldige Lösung im Bürgerkrieg bei dem Nachbarn. Der Initiative Washingtons
       und Moskaus, die zwischen den syrischen Parteien vermitteln wollen, räumt
       Maoz keine Erfolgschancen ein.
       
       10 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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