# taz.de -- Stammzellen aus geklonten Embryonen: Technik wie bei Dolly
       
       > Durchbruch oder Grenzüberschreitung? US-Genforscher glauben, dem Klonen
       > von Menschen näher gekommen zu sein. Andere Experten reagieren skeptisch.
       
 (IMG) Bild: Dolly war einzigartig, gerade weil sie es nicht war. Das Klonschaf wurde im Februar 1997 der Öffentlichkeit vorgestellt.
       
       BERLIN taz | Das Thema „[1][Menschenklonen]“ mit all seinen umstrittenen
       ethischen Facetten ist wieder auf der politischen Agenda. Jahrelang waren
       alle Versuche, geklonte Menschenembryonen zur Stammzellgewinnung zu nutzen,
       gescheitert. Jetzt teilte der Zellbiologie Shoukhrat Mitalipov mit, es sei
       ihm erstmals gelungen, aus einem Menschenklon Zellen zu gewinnen, die sich
       zu jedem beliebigen Typ von Körperzellen entwickeln lassen.
       
       Sein Forscherteam von der Oregon Health & Science University in Portland
       sprach gar von einem „Durchbruch“: Damit sei man der Heilung von
       Krankheiten wie Parkinson, Alzheimer, Multiple Sklerose oder
       Herzerkrankungen ein deutliches Stück näher gerückt. Die Euphorie wird
       allerdings nicht von allen Stammzellforschern geteilt. Denn eine
       medizinische Verwendung – sollte sie überhaupt jemals vertretbar sein – ist
       noch lange nicht Sicht.
       
       „Ich bin skeptisch, ob uns das im therapeutischen Bereich weiterbringt“,
       sagte etwa der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle der
       Nachrichtenagentur dpa. Brüstle arbeitet selbst mit embryonalen
       Stammzelllinien. In den letzte Jahren ist er vor allem bekannt geworden,
       weil er versuchte, in seinem Labor geschaffene embryonale Stammzellen
       patentieren zu lassen. Selbst Insider sind von den Klonexperimenten in
       Portland überrascht.
       
       Denn seit Jahren schon setzen die meisten Wissenschaftler bei der Forschung
       entweder auf Stammzellen, die aus sogenannten „überschüssigen“ Embryonen
       gewonnen wurden – sie sind bei der künstlichen Befruchtung „übrig“
       geblieben – oder auf „induzierte pluripotente Stammzellen“ (iPS). Dabei
       handelt es sich um entwicklungsfähige Zellen, die aus Körpergewebe gewonnen
       werden. Unter anderem durch das Einschleusen eines bestimmen
       Proteincocktails können diese Zellen quasi „rückprogrammiert“ werden.
       
       ## Im Reagenzglas kultiviert
       
       Diese iPS-Zellen haben zwar nicht mehr das volle Entwicklungspotenzial. Sie
       lassen sich aber zu verschiedenen Zelltypen entwickeln – je nachdem, ob es
       sich ursprünglich etwa um Muskelzellen oder um Hautzellen handelte. Daneben
       gibt es zahlreiche vielversprechende Forschungsansätze mit adulten
       Stammzellen, die aus Körpergewebe isoliert werden. Dies ist ethisch nicht
       umstritten. Im Körper sind sie für die Regeneration der verschiedenen
       Zelltypen zuständig.
       
       Das Forscherteam aus Portland nutzte bei der Herstellung ihrer Embryonen
       fast das gleiche Verfahren, mit dem 16 Jahre zuvor am schottischen
       Roslin-Institut das Klonschaf Dolly „hergestellt“ wurde. Die
       Wissenschaftler transferierten nun die Zellkerne von menschlichen
       Hautzellen in die zuvor entleerte Hülle einer menschlichen Eizelle. Aus
       dieser entwickelten sich dann die Embryonen. Nachdem diese mehre
       Zellteilungszyklen durchlaufen haben, entnahmen die Forscher einzelne
       Zellen, um sie im Reagenzglas weiter zu kultivieren.
       
       Nach Angaben der US-Forscher zeigen diese keine Anomalien oder
       Fehlentwicklungen. Sie hätten die „Fähigkeit, sich wie normale embryonale
       Stammzellen in viele andere Zellarten zu verwandeln, sagte Shoukhrat
       Mitalipov. Diese große Entwicklungsfähigkeit ist auch das Argument, warum
       embryonale Stammzellen besser als andere Stammzellen medizinisch verwendbar
       sein sollen.
       
       Zudem können durch das Klonen fast genetisch identische Zellen für einzelne
       Patienten hergestellt werden, die angeblich nicht abgestoßen werden. Ob
       dies tatsächlich so ist, muss aber noch bewiesen werden. Ein großen Problem
       ist auch, dass – geklonte und nicht geklonte – embryonale Stammzellen bei
       Tierversuchen Tumore auslösten.
       
       In Deutschland wären die Klonversuche nach dem Embryonenschutzgesetz
       verboten. Schon deshalb müssten sie verboten sein, so Jochen Taupitz,
       Jurist und Mitglied im Deutschen Ethikrat, „weil es unzulässige
       Menschenversuche sind“.
       
       16 May 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!116401
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolfgang Löhr
       
       ## TAGS
       
 (DIR) klonen
 (DIR) Dolly
 (DIR) Stammzellen
 (DIR) Klontiere
 (DIR) Stammzellen
 (DIR) künstliche Befruchtung
 (DIR) Patent- und Markenamt
 (DIR) klonen
 (DIR) Stammzellen
 (DIR) klonen
 (DIR) Stammzellen
 (DIR) Embryonen
 (DIR) Stammzellen
 (DIR) Stammzellen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Studie zur Gesundheit von Klonschafen: Geklont, alt – aber trotzdem gesund
       
       Das erste Klonschaf Dolly starb früh. Andere geklonte Tiere haben ein
       stolzes Alter erreicht. Das zeigen britische Forscher in einer Studie.
       
 (DIR) Streit um Stammzell-Studie: Rückruf wird geprüft
       
       Wissenschaftler sprachen schon von einer neuen Ära der Stammzellbiologie.
       Doch nun gibt es Zweifel an einer Studie zur Verjüngung von Zellen.
       
 (DIR) Gentests bei künstlichen Befruchtungen: Neues aus der Babyfabrik
       
       Britische Wissenschafler wollen die Erfolgschancen von künstlichen
       Befruchtungen verbessern. Dafür nehmen sie das gesamte Erbgut von Embryonen
       unter die Lupe.
       
 (DIR) Bundestag entscheidet über Biopatente: Keine Schutzrechte für Rassekatzen
       
       Der Bundestag verbietet Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller
       Zucht. Das gilt nicht für Lebewesen, die gentechnisch verändert wurden.
       
 (DIR) Stammzellen aus geklonten Embryonen: Klonforscher räumt Fehler ein
       
       Schlamperei oder mehr? Es gibt Ärger um die in den USA veröffentlichte
       Klon-Studie. Der Studienleiter gibt Fehler zu. Die Ergebnisse seien aber
       nicht gefälscht.
       
 (DIR) Stammzellforscher zum Klonen: „Wir müssen breit forschen“
       
       In den USA gelang es erstmals, menschliches Leben zu klonen.
       Stammzell-Biologe Daniel Besser erklärt, warum Wissenschaft frei sein muss.
       
 (DIR) Kommentar Menschenklonen: Geld gegen Eizellen
       
       Von einem „Durchbruch in der Stammzellforschung“ kann keineswegs die Rede
       sein. Aber es werden sich Forscher finden, die die Klone von einer Frau
       austragen lassen.
       
 (DIR) Medizinische Forschung: Menschliche Stammzellen geklont
       
       Erstmals wurden embryonale menschliche Stammzellen geklont. Die
       US-Wissenschafter wollen aber keine „Klonmenschen“ herstellen, sondern
       Krankheiten heilen.
       
 (DIR) Stammzellen-Forschung in Frankreich: Kommerzielle Nutzung ist verboten
       
       Frankreich will die Forschung mit embryonalen Stammzellen erlauben. Die
       Regierung in Paris setzt damit eines ihrer Wahlversprechungen um.
       
 (DIR) Stammzellenforschung: Unerfülltes Heilsversprechen
       
       Der klinische Nutzen der embryonalen Stammzellen ist zweifelhaft.
       Vermutlich eignen sich adulte Stammzellen weit besser für Therapien.
       
 (DIR) Bundesgerichtshof schränkt Biopatent ein: Kein Patent zum Töten
       
       Der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle ist enttäuscht. Er erhält nur
       ein stark eingeschränktes Patent zur Herstellung von Nervenzellen.