# taz.de -- Behörden in Berlin schweigen: Neonazis breiten sich aus
       
       > Unbemerkt treffen sich seit Monaten Neonazis in einem eigenen
       > „Jugendzentrum“ in Neukölln. Initiativen gegen Rechts kritisieren
       > Geheimhaltung der Behörden.
       
 (IMG) Bild: Anstecker gegen Nazis finden in Berlin bald vielleicht noch mehr Absatz.
       
       Berlins Neonazis setzen sich im Süden der Stadt fest. Wie aus einer
       Grünen-Anfrage hervorgeht, die der taz vorliegt, gibt es im Neuköllner
       Stadtteil Rudow inzwischen einen festen Treffort der Szene.
       
       Schon länger häufen sich in dem Bezirk rechte Gewalttaten. Die Opferhilfe
       ReachOut zählte davon 22 im letzten Jahr – berlinweit die meisten.
       Briefkästen von Nazi-Gegner wurden gesprengt, ein Jugendlicher beim
       Überkleben eines rechten Stickers von einem Maskierten geschlagen,
       Passanten rassistisch beschimpft.
       
       Offenbar ballt sich all das nicht zufällig: Laut Innenverwaltung hat sich
       in Rudow ein „Jugendzentrum“ etabliert, das ausschließlich von
       Rechtsextremen genutzt wird. Aufgelistet wird dieses in einer Reihe mit den
       bekannten Neonazi-Treffs dieser Stadt: der Szenekneipe „Zum Henker“ und dem
       Geschäft des NPD-Landeschefs „Hexogen“ in Schöneweide, der NPD-Zentrale in
       Köpenick sowie den Räumen des „Nationalen Widerstands“ in der Lichtenberger
       Lückstraße.
       
       Den Rudower Treff haben Sicherheitsbehörden schon länger im Blick. Wo genau
       sich dieser befindet, darüber wird „aus ermittlungstaktischen Gründen“
       geschwiegen. Laut einer Sprecherin des Verfassungsschutz wird der Treff
       seit „einigen Monaten“ von „Autonomen Nationalisten“ betrieben – jungen,
       informell organisierten Neonazis. Diese besuchten regelmäßig, aber in
       überschaubarer Zahl das Zentrum. Im Lichtenberger Pendant etwa sei mehr
       los, so das Amt.
       
       Initiativen gegen Rechts zeigten sich überrascht. Weder bei der Mobilen
       Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) noch beim „Bündnis Neukölln –
       Miteinander für Demokratie, Respekt und Vielfalt“ war der neue Treff
       bekannt. Dort wusste man nur von einem Lagerraum südlich des Bahnhofs
       Rudow, den der Neuköllner Neonazi Patrick W. für ein Jahr anmietete. Der
       aber sei schon im Oktober 2011 gekündigt worden.
       
       Das „Bündnis Neukölln“ fordert nun mehr Informationen über den
       Neonazi-Treff ein. Erst kürzlich habe man sich mit Polizeipräsident Klaus
       Kandt getroffen und einen Austausch vereinbart, sagte Sprecher Peter
       Schrott. „Im Sinne einer fairen Zusammenarbeit sollten wir über den
       Treffpunkt benachrichtigt werden.“ Auch die Grünen-Innenexpertin und
       Anfrage-Stellerin Clara Herrmann appellierte, offener über den Ort zu
       informieren. Nur so sei es für den Eigentümer möglich, sich gegen die
       rechtsextremen Mieter zu wehren. Laut Verfassungsschutz wurde der
       Neuköllner Treff anders als in Lichtenberg nicht über einen Tarnverein,
       sondern von einer Privatperson angemietet. Matthias Müller von der MBR
       warnte, mit dem Zentrum könnten „rechtsaffine“ Jugendliche in feste
       Szenestrukturen eingebunden werden. „Das läuft den vielen Initiativen der
       Zivilgesellschaft vor Ort zuwider.“
       
       Zuletzt hatten Anwohner wiederholt gegen NPD-Kundgebungen protestiert und
       in Putzaktionen rechte Aufkleber und Graffito entfernt. Der
       Verfassungsschutz wertete Neukölln in einem jüngsten Lagebild als einen
       „Schwerpunkt“ der rechten Szene. Dortige Neonazis zeigten ein „hohes
       Aktivitätsniveau und eine enorme Gewaltbereitschaft“. Unrühmlicher
       Höhepunkt waren zwei Brandanschläge auf das Haus des SPD-nahen
       „Falken“-Jugendvereins in Britz.
       
       16 May 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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