# taz.de -- Fifa-Reform ist eine Farce: Insel der Glückseligen
       
       > Der korrupte Weltfußballverband verabschiedet auf Mauritius ein
       > Reformprogramm. Substanzielle Veränderungen werden so unmöglich gemacht.
       
 (IMG) Bild: Die Luft ist raus: Kritiker halten das Fifa-Reformprogramm für wenig gehaltvoll.
       
       MAURITIUS taz | Man möchte dem Fußballweltverband Fifa ja nicht gleich
       etwas unterstellen. Aber interessant ist es schon, dass der [1][jährlich
       stattfindende Fifa-Kongress] dieses Jahr ausgerechnet im Inselstaat
       Mauritius stattfindet. Wohl gewählt, kann man sich denken. Und wird sich
       gewiss auch die Fifa denken und sich entsprechend freuen, dass am Ende nur
       sehr wenige Journalisten zu Gast sein werden, um über das vermeintlich
       große Reformprogramm zu berichten, von dem der Fußballweltverband und sein
       Präsident Sepp Blatter so gerne spricht.
       
       Denn sonst würden die Journalisten sich eventuell die Frage stellen,
       welches Reformprogramm eigentlich? „Die sogenannte Fifa-Reform ist eine
       Farce.“ Sagt David Larkin. Mitbegründer von Change-Fifa, einer Initiative,
       die sich mit den Abgründen des Weltfußballs beschäftigt. „Wenn du mit
       Antikorruptionsexperten weltweit sprichst, sagt dir keiner, dass dieser so
       genannte Fifa-Reform-Prozess substanziell sei. Sie haben ja noch nicht mal
       die Vorschläge ihres eigenen Beratungsgremiums umgesetzt.“
       
       Und da beginnt das Problem. [2][Reformen in der Familie], so hieß es,
       wollte die Fifa und ihr ewiger Präsident Sepp Blatter auf den Weg bringen.
       Wegen immer neuer Korruptionsfälle und Verdächtigungen auf höchster
       Familienebene in den letzten Jahren.
       
       Beim Fifa-Kongress in Budapest vor einem Jahr sollten erste Reformen
       verabschiedet werden, die das externe Beratungsgremium IGC vorgeschlagen
       hatte. Diese Woche beim diesjährigen Kongress auf Mauritius sollten die
       Reformen abgeschlossen sein. Nur welche Reformen?
       
       „Die Fifa hat unsere Vorschläge ignoriert.“ Sagt Alexandra Wrage,
       Präsidentin der Antikorruptionsorganisation Trace International. Sie saß
       lange im externen Beratungsgremium IGC, das die Fifa für Reformvorschläge
       selbst angeheuert hatte, bevor sie aus Frust zurücktrat, „weil die Fifa
       resistent war für alle unsere Vorschläge zur Korruptionsbekämpfung.“
       
       ## Alle Vorschläge abgelehnt
       
       Das Fifa-Exekutivkomitee (ExCo) hat in den vergangenen Wochen und Monaten
       so gut wie alle Vorschläge des IGC abgelehnt. Fifa-unabhängige Mitglieder
       im ExCo, externe Überprüfung von Fifa-Offiziellen: alles abgelehnt.
       Offenlegung der Boni und Gehälter: nicht entschieden. Beschränkung der
       Amtszeit: gestern vom ExCo erneut auf 2014 verschoben.
       
       „Schauen Sie, andere große Unternehmen von Weltrang haben auch Zeit
       gebraucht, um das umzusetzen, was auch die Fifa jetzt umsetzt“, sagt
       Hans-Joachim Eckert. Der erfahrene Münchner Strafrichter hat große
       Korruptionsfälle wie den Siemens-Skandal verhandelt, jetzt richtet er
       nebenbei über Korruptionsfälle in der Fifa.
       
       Denn das ist der einzige größere Reformschritt, den die Fifa umgesetzt hat:
       die Zweiteilung ihrer Ethikkommission, mit einem externen Ankläger aus den
       USA und dem externen Richter Eckert. Er sei nicht dazu angetreten, um
       irgendjemand ein Feigenblatt zu verpassen, sagt Eckert.
       
       Bei seiner bisher wichtigsten Fifa-Entscheidung vor vier Wochen wirkte das
       anders, dem lange erwarteten Abschlussbericht zur Korruption rund um die
       frühere Rechtevermarktungsfirma ISL. Demnach haben mehrere Fifa-Offizielle
       Schmiergeld bekommen, aber das war schon vorher bekannt.
       
       Ein Name aber fehlt in Eckerts Bericht: der von Issa Hayatou, dem
       Exekutivkomiteemitglied und einflussreichen Präsidenten der Afrikanischen
       Fußball-Konföderation. Auch er hat nachweislich Geld der ISL bekommen. Nach
       Informationen der ARD und des WDR-Hintergrundmagazins „sport inside“ wird
       der Fall Hayatou nun nachträglich noch untersucht werden.
       
       Über Fifa-Präsident Sepp Blatter schreibt Eckert nur, dieser habe sich
       „ungeschickt“ verhalten, obwohl dieser doch von Schmiergeldzahlungen
       wusste. Auf die Frage, ob das nicht einem Blankoscheck für Blatter und die
       Fifa gleichkomme, erwidert Eckert harsch: Nein, das sehe er „überhaupt
       nicht so“.
       
       ## Das Problem der Verjährung
       
       Eckert verweist auf das Problem der Verjährung, aber die gibt es nach dem
       neuen Ethikcode der Fifa für Korruption gar nicht mehr. Blatters mögliches
       Fehlverhalten in der Vergangenheit könnte also eigentlich untersucht
       werden. Trotzdem sagt Eckert dazu: „Ich wüsste nicht, auf welcher Basis.“
       
       „Absurd“ nennt das David Larkin von Change-Fifa. Absurd sei, „den
       ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Bin Hammam wegen Interessenkonflikten
       nachträglich zu verurteilen – und bei Sepp Blatter soll das bei all den
       Vorwürfen nicht gelten? Das ist scheinheilig.“
       
       Was ist ein öffentlich verkündeter Reformprozess also wert, der den
       jahrelangen Präsidenten nicht mit einschließt und in dem man nicht auf die
       eingekauften Berater hört? In dem die wegen Korruption ausgetauschten
       Vorstandsmitglieder heute trotzdem noch hohe Fifa-Pensionen erhalten?
       Dieser Reformprozess ist wohl eher keiner.
       
       30 May 2013
       
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