# taz.de -- Zum Tode Yoram Kaniuks: Freund der Dreistaatenlösung
       
       > Kaniuk war ein sarkastischer Querdenker, mischte sich in die Politik ein
       > und schrieb zahlreiche Romane, die auch ins Deutsche übersetzt wurden.
       
 (IMG) Bild: Yoram Kaniuk mit Günter Grass im Jahr 1995.
       
       JERUSALEM taz | Für einen frommen Juden wäre es ein Unding, seinen Körper
       nach dem Tod verbrennen zu lassen. Yoram Kaniuk wollte seine sterblichen
       Überreste verbrannt „in einer Flasche“ wissen, wenn sein Körper eines Tages
       der Medizin für Lehre und Forschung hergehalten hat. Am Samstag erlag der
       israelische Schriftsteller in einem Tel Aviver Krankenhaus seiner
       Krebserkrankung.
       
       Im Leben wie im Tod machte Kaniuk es anders als alle anderen. Kaum ein
       aktuelles Thema, zu dem der sarkastische Querdenker nichts hätte beitragen
       können. Israel steuere auf ein neues Massada, auf den Untergang zu, warnte
       Kaniuk, der schmunzelnd für die „Dreistaatenlösung“ warb: einen für die
       Palästinenser, einen für die weltlichen Israelis und einen für die
       Orthodoxen. „Wer Schriftsteller boykottiert, wird am Ende Bücher
       verbrennen“, kommentierte er die israelische Debatte über Günter Grass.
       
       In den letzten Jahren kritisierte er immer stärker den Umgang mit alten
       Menschen, die „wie Hunde“ behandelt würden. Die Verfilmung seines Romans
       „Nevelot“ (“Die Aasfresser“), die ausziehen, um sich mordend an der
       Gesellschaft zu rächen, feierte noch vor wenigen Jahren einen großen
       Erfolg.
       
       ## Im Meldeamt als ließ er sich als "religionslos" regsitriieren
       
       Kaniuk, warmherziger Familienvater und scharfkantiger Denker, schien nichts
       weniger zu kümmern als sein Ruf. Er war das Gegenstück zum medialen
       „Show-off“ und vermutlich deshalb so populär.
       
       Noch am Morgen hatte ihn seine Tochter Naomi mit ihrem dreijährigen Sohn
       besucht, der ihm den Anstoß dazu gab, vor Gericht zu ziehen. Nicht als Jude
       wollte Kaniuk im Einwohnermeldeamt registriert werden und setzte durch,
       dass sich Juden in Israel fortan als „religionslos“ registrieren lassen
       können.
       
       Er war es leid, Teil dessen zu sein, „was sich heute die Religion Israels
       nennt“. Kaniuks zwei Töchter stammen aus der Ehe mit einer amerikanischen
       Christin, beide sind damit nicht jüdisch. Auch sein Enkel wurde
       entsprechend als „ohne Religion“ im Einwohnerregister notiert. Genauso
       forderte es Kaniuk für sich selbst.
       
       ## Seine Themen waren der Holocaust und seine Opfer
       
       So wenig er mit dem frommen Establishment zu tun haben wollte, so sehr
       fühlte er sich und schrieb doch als Jude. Seine Romane beschäftigen sich
       mit dem Holocaust und seinen Opfern, allen voran sein wohl bekanntestes
       Buch „Adam Hundesohn“. Viele sind autobiografisch, wobei Kaniuk, der 1930
       in Palästina zur Welt kam, selbst nicht zu den Verfolgten gehörte. In
       „Zwischen Leben und Tod“ schreibt er über die eigenen Erfahrungen mit Koma
       und Todesnähe. „1948“, sein letzter auf deutsch übersetzter Roman, ist eine
       späte Aufarbeitung seiner Kriegserlebnisse als junger Mann, der in den
       Reihen der Palmach für die Unabhängigkeit Israels kämpfte.
       
       Kaniuk selbst empfand seinen Roman „Der letzte Jude“, in dem er die
       Geschichte von Ebeneser Schneurson erzählt, als sein wichtigstes Buch.
       Schneurson ist davon überzeugt, als letzter Jude das KZ zu überleben. Von
       Yoram Kaniuk bleibt mehr als seine Bücher.
       
       9 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
       ## TAGS
       
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