# taz.de -- Rebecca Harms über Griechenland: „Das erinnert an einen Putsch“
       
       > Die Proteste wegen der Schließung des griechischen Staatsrundfunks dauern
       > an. Die grüne Parlamentarierin sieht die Austeritätspolitik am Ende.
       
 (IMG) Bild: Protestierende sammeln sich vor dem Gebäude des ERT in Athen.
       
       taz: Frau Harms, warum sind Sie in die von den Beschäftigten besetzte
       Rundfunkanstalt des griechischen Senders ERT gekommen? 
       
       Rebecca Harms: Ich habe vor zwei Tagen davon gehört, dass der
       Staatsrundfunk stillgelegt worden ist und dass Polizeikräfte in das
       zentrale Gebäude geschickt worden sind, um die Frequenzen abzuschalten. Ich
       war wirklich schockiert. Polizei, die Sender stilllegt, das weckt - auch
       wenn es nicht direkt vergleichbar ist - Gedanken an einen Putsch. Deswegen
       habe ich meinen geplanten Griechenlandbesuch umgebaut und bin hierher
       gekommen. Die Entwicklung zeigt: wir kommen in Griechenland nicht aus der
       Krise raus, sondern rutschen immer tiefer in eine politische Krise.
       
       Welche Eindrücke haben Sie von den Menschen, die hier sind? 
       
       Ganz offensichtlich ist es ja so, dass die Entscheidung der Regierung
       Samaras eine ganz breite Gegenreaktion ausgelöst hat. Die Mitarbeiter des
       Staatsrundfunks werden unterstützt von Mitarbeitern privater Radios.
       Gemeinsam halten sie einen Sendebetrieb unter abenteuerlichen Bedingungen
       aufrecht. Man kann sagen, das ist das größte Piratenradio, das es in Europa
       je gegeben hat. Das ist großartig. Und viele Bürger zieht es auf das
       Rundfunkgelände, sie zeigen, dass sie die Entscheidung von Samaras
       wahnsinnig finden. Das ist nicht akzeptabel, wir werden das bekämpfen, hört
       man hier immer wieder.
       
       Wird sich Samaras an der Regierung halten können? 
       
       Vielleicht ist er jetzt wirklich zu weit gegangen, und es wird Neuwahlen
       geben. Ich glaube übrigens, wie so vieles reformiert werden muss in
       Griechenland, muss auch das Staatsfernsehen- und Rundfunksystem reformiert
       werden. Aber Abschaltung hat nichts mit Reform zu tun. Der Sendebetrieb
       muss sofort weitergehen. Nur so zeigt man, dass man dafür steht, dass
       Fernsehen und Rundfunk eine wichtige Grundlage für eine funktionierende
       Demokratie sind.
       
       Welche Reformen wären in Griechenland nötig? 
       
       Es braucht eine Regulierung des öffentlichen Rundfunks und zudem klare
       Regeln für das Privatfernsehen. Die Zeit, in der Regierende sich Zugriff
       auf Medien organisiert haben, muss vorbei sein. Ich würde mir wünschen,
       dass es möglich wird, jetzt hier zusammen mit Journalisten, Gewerkschaften,
       Parlament und Regierung einen entscheidenden Reformschritt für mehr
       Demokratie voranzubringen.
       
       Welche Mittel hat das Europaparlament, auf die Vorgänge in Griechenland zu
       reagieren? 
       
       Hätten wir schon eine Kopenhagen-Kommission, die für die
       EU-Mitgliedsstaaten Kriterien von Rechtsstaatlichkeit und funktionierender
       Demokratie prüft, Griechenland wäre jetzt ein Fall für solch eine
       Kommission. In dieser Situation wie auch schon in Ungarn oder immer wieder
       auch in Italien wird klar, wir müssen uns auf einheitliches und
       demokratisches Modell einigen, wenn wir unsere demokratischen Werte
       verteidigen wollen.
       
       Schafft die von der Troika verordnete Sparpolitik, die sich in Griechenland
       jetzt auch in der Schließung des Rundfunks ERT und der geplanten Entlassung
       von rund 1.500 Beschäftigten zeigt, die Demokratie ab? 
       
       Wir sehen, dass die Austeritätspolitik am Ende ist. Wir brauchen
       Investitionen, wir müssen den Spardruck mindern, wir brauchen Direkthilfen
       für den Gesundheitssektor, der ebenfalls zu Grunde gespart wird. Was hier
       in Griechenland passiert, muss gestoppt werden.
       
       14 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Völpel
       
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