# taz.de -- Kommentar Demonstrationen in Brasilien: Die Fifa ist ein Drecksverein
       
       > Brasilien könnte das letzte demokratische Land sein, das eine Fußball-WM
       > veranstaltet. Wenn endlich auch die Deutschen aufwachen.
       
 (IMG) Bild: Polizeieinsatz gegen eine Demonstrantin in Rio de Janeiro am 17. Juni
       
       Hallo! Ist da irgendjemand auf dieser Welt, der die Fifa nicht für eine
       Mafiaorganisation hält? Gibt es jemanden, der Sepp Blatter für eine
       ehrliche Haut hält? Ist da jemand, der sich wundert, wenn im Zusammenhang
       mit dem Internationalen Fußballverband von Korruption die Rede ist?
       
       Nein? Hallo, liebe Fifa-Freunde in der weiten Fußballwelt, wo seid ihr? Es
       gibt wohl niemanden, der hier die Hand heben würde. Die Fifa ist ein
       Drecksverein. Jeder weiß das – auch der verrückteste Fußballjunkie.
       
       Und doch ist die Organisation noch immer in der Lage, ganze Staaten zu
       erpressen. Sie hat den Fußball so groß gemacht, dass die Länder, die sich
       darum bewerben, die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft als Auszeichnung
       verstehen. Und so ist auch Brasilien auf die Knie gegangen. Es wurden
       Milliarden in irrwitzige Stadionprojekte gesteckt, es wurden Gesetzte
       verabschiedet, die der Fifa steuerfreie Gewinne zusichern, die den
       Sponsoren besonderen Schutz zuteil werden lassen, die jedes Risiko dem
       Staat zumuten.
       
       Mit wem da eigentlich Deals gemacht werden, darüber denkt immer noch kaum
       einer nach, darüber ist auch hierzulande nicht groß nachgedacht worden, als
       das Event Fußball.WM 2006 in Deutschland Station gemacht hat. Es waren
       Geschäfte mit einem asozialen Partner.
       
       Endlich, endlich entlädt sich die Wut der Bevölkerung über diese miesen
       Geschäfte einmal in Massendemonstrationen. Die Menschen demonstrieren nicht
       gegen die Fifa - die ist für sie ohnehin indiskutabel. Sie nehmen den
       Confed Cup, dieses Vorbereitungsturnier auf die WM 2014 zum Anlass, um
       klarzustellen, dass es dem Land nicht guttut, wenn es an eine korrupte
       Organisation regelrecht verschachert wird, während überall im Land Schulen
       geschlossen werden und das Leben in den Ausrichterstädten viel zu teuer
       wird.
       
       Auch rund um das Turnier 2010 in Südafrika hat es Proteste gegeben. Die
       Sehnsucht des Landes, von der Weltgemeinschaft, insbesondere vom Norden,
       endlich einmal ernst genommen zu werden, hat letztlich dafür gesorgt, dass
       aus den vielen kleinen berechtigten Protestkundgebungen keine
       Massenbewegung geworden ist.
       
       Auch in Deutschland hätte es Gründe genug gegeben, gegen die Kumpanei einer
       demokratischen Regierung mit einer Verbrecherorgansiation auf die Straße zu
       gehen. In Brasilien, wo soziale Probleme existentiell sind, ist es nun
       endlich so weit. Die Demonstranten werden das Turnier nicht verhindern
       können, sie werden aber vielleicht ihr Land verändern und verhindern, dass
       weiter sinnlos und auf Kosten eines Großteils der Bevölkerung in
       Nationalmarketing investiert wird.
       
       Die wütenden Bürger könnten auch dafür sorgen, dass Staaten, die stolz auf
       ihre demokratischen Verfasstheit sind, nicht mehr vor der Fifa in die Knie
       gehen. Jérôme Valcke, der Generalsekretär des Verbandes hat schon mal
       unverblümt ausgesprochen, dass es nervig ist, Turniere in demokratischen
       Gesellschaften zu veranstalten: Es müsse so viel verhandelt werden, bis man
       endlich habe, was man will.
       
       Vielleicht wird in demokratischen Gesellschaften schon bald gar nicht mehr
       mit der Fifa verhandelt. Weltmeisterschaften wären dann nur noch in
       autokratisch regierten Staaten möglich. Das könnte der Fifa nervige
       Verhandlungen ersparen. Dazu müssten allerdings wir im fußballnärrischen
       Deutschland auch endlich aufhören, Bemerkungen eines Nationalspielers über
       einen möglichen Transfer für wichtiger zu erachten als Proteste gegen
       soziale Verwerfungen in einem Ausrichterland.
       
       19 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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