# taz.de -- Patentschutz für Viagra erlischt: Ständer, überall Ständer
       
       > Am Wochenende fällt er, der Patentschutz für Viagra. Was passiert, wenn
       > ein verschreibungspflichtiges Medikament zur Freizeitdroge wie Bier und
       > Zigaretten wird?
       
 (IMG) Bild: Vigra gibt es bald nicht mehr nur von Pfizer.
       
       Ich will. Ich kann. Mit Leib und Seele Mann. Ja klar, so kann nur eine
       werben: Viagra, die kleine blaue Potenzpille. Von der, als sie vor fünfzehn
       Jahren auf den Markt kam, viele dachten, jetzt ist Schluss mit
       Schlaffheiten, Weicheiern und Sätzen wie „Wat? Schon fertig?“ Jetzt gibt es
       nur noch Dauererektionen und Dauervögeln. Extase für jede und jeden,
       jederzeit und überall.
       
       Dabei ist die rechteckige Tablette ein rezeptpflichtiges Medikament, mit
       der erektile Dysfunktionen, also Potenzstörungen bei Männern, behandelt
       werden. Bei Männern wohlgemerkt, die ernsthaft krank sind: Die nicht mehr
       können, weil sie Prostatakrebs hatten, unter zu hohem Blutdruck oder
       Depressionen leiden. Die Versagensängste, lange Enthaltsamkeit oder einfach
       nur das Alter in die Impotenz treiben.
       
       Mit Viagra aber kommt Mann da auf wundersame Weise wieder raus: einfach
       Pille schlucken – ungefähr eine Stunde vor dem Sex – und ab geht die Luzie.
       Keine Spritzen in den Penis, keine Vakuumpumpen, keine Cockringe. Und
       Vorspiel braucht es auch keins mehr.
       
       Bislang haben vor allem Urologen das Mittel verschrieben. Das könnte sich
       schlagartig ändern, wenn der Patentschutz, den das amerikanische
       Pharmaunternehmen Pfizer bislang hält, am Samstag ausläuft. Schon Anfang
       Juni will der Medikamentenhersteller ein ähnliches Produkt auf den Markt
       werfen. Dann soll die Portion sexueller Glückseligkeit nicht mehr bis zu 17
       Euro kosten, sondern nur noch 2 Euro.
       
       ## Das kann sich jeder leisten
       
       Was früher, gemessen am Gewicht, teurer war als Gold, ist dann billiger als
       eine Schachtel Zigaretten und preisgünstiger als Bier. Das kann sich jeder
       leisten, auch Minijobber, Arbeitslose und alte Männer mit kleinen Renten.
       Das gibt sogar das Taschengeld eines Fünfzehnjährigen her.
       
       Was aber passiert, wenn das medizinische Versprechen auf sexuelle Erfüllung
       (die zweifellos jeder und jedem zusteht) verkauft wird wie Nasentropfen und
       Hustenbonbons? Derzeit fragen täglich zwei bis drei Patienten in jeder
       deutschen urologischen Praxis nach dem blauen Wunder. Über eine Million
       Männer sollen hierzulande Viagra bekommen haben. Weltweit rechnet man mit
       37 Millionen.
       
       Ein Riesengeschäft. Rund 2 Milliarden Dollar Umsatz machte Pfizer eigenen
       Angaben zufolge im vergangenen Jahr mit Viagra. So viel wie mit keinem
       anderen Medikament des Unternehmens. Die Viagra-Generika dürften Pfizers
       Potenz weiter anschwellen lassen.
       
       Die Krankenkassen bezahlen die Sexpille nicht – weil sie ein Lifestyle-Ding
       sein soll. Doch mit den billigeren Ersatzpräparaten dürfte die Grenze
       zwischen Medikament und Zeitgeistdroge erst recht verschwimmen.
       MedizinerInnen jedenfalls fürchten schon jetzt einen Run auf ihre Praxen.
       Sie kennen sie alle, die als Erektionsstörungen deklarierten Gründe, warum
       ganz dringend und jetzt sofort Viagra hermuss.
       
       ## Viagra für Frauen
       
       Wenn ein 83-Jähriger panisch klagt: Seit letzter Nacht geht nix mehr! Wenn
       ein Sechzehnjähriger fürchtet, er sei impotent – dabei hat der junge Mann
       schlicht Leidensdruck und Angst vor dem ersten Mal.
       
       Und dann ist da noch die Sache mit dem Viagra für Frauen. Auch die sollen
       rasant mehr Lust bekommen dadurch. Sagen zumindest ein paar Studien. Ganz
       zufällig solche, die von den Pharmaunternehmen selbst in Auftrag gegeben
       wurden. Wissenschaftlich bewiesen ist die weibliche Hammer-Libido nicht.
       Wirtschaftlich bewiesen ist hingegen die Idee mit Viagra. Egal zu welchem
       Preis.
       
       21 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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