# taz.de -- Parlement nimmt Akteneinsicht: Noch mehr Spitzel im NSU-Umfeld
       
       > Innensenator Frank Henkel öffnet erste V-Mann-Akten des LKA für
       > Abgeordnete. Die kritisieren „großzügige Schwärzungen“ von Passagen.
       
 (IMG) Bild: Spitzel über Spitzel. Ein sorgenvoller Frank Henkel.
       
       Berlins Landeskriminalamt (LKA) hatte noch mehr V-Leute im NSU-Umfeld als
       bislang bekannt. Das geht aus internen Akten hervor, die Innensenator Frank
       Henkel (CDU) am Donnerstag Mitgliedern des Abgeordnetenhauses vorlegte –
       samt geschwärzten Passagen.
       
       Lange war im NSU-Komplex nur von V-Mann 562 die Rede: dem Sachsen Thomas
       S., der dem LKA über die rechte Musikszene berichtete, aber auch einen
       vagen Tipp zum Aufenthaltsort des Mordtrios gab. Später wurde „VP 620“
       bekannt, auch er ein LKA-Spitzel, der sich im NSU-Umfeld bewegte. Nun kommt
       ein dritter hinzu: V-Mann 773.
       
       Die Akten des LKA über Letztere wurde am Donnerstag den Abgeordneten
       vorgelegt. Nachdem im Mai NSU-Kontakte von Spitzel 620 nicht vollständig an
       den Untersuchungsausschuss im Bundestag übermittelt worden waren, hatte
       Henkel die Reißleine gezogen und alle V-Mann-Akten des LKA in die
       Innenverwaltung beordert. Dort werden die insgesamt 40 Ordner seitdem von
       einer 14-köpfigen Taskforce nochmals durchgesehen. Parallel versprach
       Henkel, auch den Abgeordneten alle Akten nach und nach zukommen zu lassen.
       
       Die Dokumente sind vertraulich. Dass es in den ersten Ordnern um die
       V-Männer 773 und 620 geht, hatte Henkel aber bestätigt. Wer sich dahinter
       verbirgt, ist bis heute unbekannt. Beide Spitzel sollen auf rechte
       Musiknetzwerke angesetzt worden sein, vor allem die Berliner Band Landser.
       Sie lieferten etwa Infos über den Bandproduzenten Jan W. Dieser wird heute
       beschuldigt, dem NSU Waffen geliefert zu haben. Darüber berichteten die
       V-Männer aber wohl nicht. Der Linke-Abgeordnete Hakan Tas geht davon aus,
       dass mit Einsicht in die anderen 38 Ordner „wohl noch mehr V-Personen
       dazukommen werden“.
       
       Die Opposition kritisierte auch, dass die bereits einsehbaren Dokumente
       „sehr großzügig geschwärzt“ seien. „Zum Teil betrifft das selbst Daten und
       Orte“, klagte die Grüne Clara Herrmann. Pirat Christopher Lauer sagte, der
       Erkenntnisgewinn sei so „deutlich eingeschränkt“. Tas forderte, die Akten
       dem Parlament ungeschwärzt vorzulegen. „Das Vertrauen, dass Volksvertreter
       damit verantwortungsvoll umgehen, muss es geben.“
       
       Henkel verteidigte die Schwärzungen, etwa um erwähnte Unbeteiligte zu
       schützen. Für diese Aufgabe wird ab Montag ein ausgewiesener Experte
       verantwortlich sein: Bernd von Heintschel-Heinegg, seit März 2012
       Ermittlungsbeauftragter des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag.
       Henkel ernannte den früheren Richter am Oberlandesgericht München am
       Donnerstag als unabhängigen Kontrolleur für die Akteneinsicht.
       
       Heintschel-Heinegg sichtete im NSU-Verfahren den Aktenbestand des
       Generalbundesanwalts und leitete die Dokumente an den
       Untersuchungsausschuss weiter. In Berlin wird er bei der Aktenaufbereitung
       durch den Oberstaatsanwalt Ralph Knispel unterstützt. Die Schwärzungen
       sollen bis Ende Juli erfolgt sein.
       
       Die Opposition lobte die Personalie. Heintschel-Heinegg habe Expertise im
       NSU-Komplex und versprochen, die Akteneinsicht so transparent wie möglich
       zu gestalten, hieß es. „Daran“, so Herrmann, „muss er sich messen lassen.“
       KONRAD LITSCHKO
       
       21 Jun 2013
       
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