# taz.de -- Sparen an der Eingliederungshilfe: Integration ist Schwarzer Peter
       
       > Senat und Bundesregierung loben das Bremer Integrationsnetz, das
       > Flüchtlingen zu Jobs verhilft. Die Projektmittel laufen aus. Zahlen soll
       > jeweils der andere.
       
 (IMG) Bild: Integration ist leicht gesagt - solange die Finanzierung wolkig bleibt.
       
       Sam Salehi sucht einen Platz für den Bundesfreiwilligen-Dienst. Das ist
       nicht so selbstverständlich, wie es klingt. Als Salehi Ende 2010 vor seinen
       Verfolgern aus dem Iran nach Deutschland flüchtete, sprach er nur Englisch.
       Ein Freund empfiehlt ihm, in die Beratung des „[1][Bremer und Bremerhavener
       Integrationsnetz]“ zu gehen. Zwei Jahre später spricht er fließend deutsch,
       hat Praktika gemacht, sich durch ein Weiterbildungs-Studium der Uni
       Oldenburg qualifiziert. Ohne die Hilfe der MitarbeiterInnen des
       Integrationsnetzes hätte er das nicht geschafft, sagt Salehi. Doch die EU
       und Bundesmittel für das Projekt laufen im Oktober aus.
       
       „Es war der erste und beste Schritt, um in diese Gesellschaft
       reinzukommen“, sagt Salehi über das Integrationsnetz. Vorher habe er nicht
       gewusst, wie das Leben in Deutschland funktioniert, welche Briefe er besser
       sofort öffnet, welche Rechte er als Asylbewerber hat. In der
       Stadtbibliothek hat er sich Bücher ausgeliehen, um Deutsch zu lernen. „Das
       hat nichts gebracht“, sagt er.
       
       Im Iran war Salehi Journalist und mehrfach im Gefängnis. Sein Asylantrag
       wurde dennoch abgelehnt. Nun muss ein Gericht entscheiden. Das kann jedoch
       Jahre dauern, bis dahin hat Salehi mit seiner Aufenthaltsgestattung keinen
       Anspruch auf reguläre Sozial-Leistungen oder Integrationskurse und darf
       nicht arbeiten.
       
       Eine Mitarbeiterin beim Integrationsnetz vermittelt ihm einen 4-monatigen
       Deutsch-Intensivkurs. Sie hilft ihm bei der Anerkennung seines iranischen
       Bachelor-Abschlusses, vermittelt ein Praktikum bei der Kinder und
       Jugendfarm in Brinkum. Für Menschen in Salehis Situation ist das Projekt
       vor fünf Jahren geschaffen worden, für AsylbewerberInnen oder Menschen mit
       einer Duldung.
       
       „Flüchtlinge haben einen ausgeprägten Wunsch, in der Gesellschaft
       anzukommen“, sagt Udo Casper, der das Integrations-Projekt für das Deutsche
       Rote Kreuz koordiniert. Arbeit sei dafür der Schlüssel. Früher hätte sich
       das Arbeitsamt mit Geduldeten schwer getan. Heute gibt es eine rege
       Kooperation, die Leute werden an das Integrationsnetz weitervermittelt.
       
       „Viele Arbeitgebern sind bereit, Flüchtlingen einen Job oder eine
       Ausbildung zu ermöglichen“, so Casper. „Bremen ist auf den Export
       angewiesen, Flüchtlinge bringen oft eine dritte Sprache mit.“ Von 2011 bis
       2013 wurden etwa 700 Menschen beraten, die Hälfte von ihnen konnte
       vermittelt werden.
       
       Eine Evaluation der Bundesregierung bescheinigt diesen Erfolg. Ebenso die
       Bremer Landesregierung: Vergangene Woche fragte die CDU-Fraktion den Senat,
       wie er die Arbeit des Integrationsnetzes bewertet und ob es Pläne gibt, die
       Weiterfinanzierung für diese „unverzichtbare Arbeit“ zu übernehmen.
       
       Das Projekt habe eine „hohe Wirksamkeit“ auch unter den „schwierigen
       Rahmenbedingungen“ des Bremer Arbeitsmarktes, antwortete Staatsrat Horst
       Frehe (Grüne) für das Sozialressort. Er lobte die
       „problemlösungsorientierte Herangehensweise“ und die „umfangreiche
       Firmenkontakte“ des Integrationsnetzes.
       
       Positiver geht es kaum. Wird das Projekt also finanziert? Der Senat
       „begrüßt“ die „Fortführung der Förderung im Rahmen eines zukünftigen
       ESF-Bundesprogramms“, so die Antwort. Soll heißen: Bremen hat kein Geld,
       der Bund soll zahlen. Es ist eines dieser üblichen Schwarzer-Peter-Spiele
       zwischen Bund und Ländern: Das Sozialressort bleibt bei der Aufforderung
       der Integrationsministerkonferenz vom März, die Bundesregierung solle das
       Programm in der neuen ESF-Förderrunde ab 2014 fortführen. Die alte
       Förderung läuft Ende Oktober aus. Selbst wenn es 2014 weitergeht, bliebe
       also eine Finanzierungs-Lücke. Was in dieser Zeit passiert, ist bislang
       unklar.
       
       24 Jun 2013
       
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