# taz.de -- Die Wahrheit: Allahs Wutbäuerinnen
       
       > Wegen des Kopftuchverbots konvertieren immer mehr Allgäuer Landfrauen zum
       > Islam.
       
 (IMG) Bild: Wenn Landfrauen sich etwas in den Kopf gesetzt haben, sollte man ihnen tunlichst aus dem Weg gehen.
       
       Der Klang ist irritierend, vor allem für Touristenohren: Statt der
       gewohnten Kuh- und Kirchenglocken ertönen im beschaulichen Weiler
       Pfrinzdorf an der Pfetz neuerdings mehrmals täglich Muezzingesänge vom
       Band. „Unerträglich ist das“, findet der Hamburger Urlauber Karsten
       Schroll. „Letztes Jahr waren wir in Antalya, da war es ruhiger.“ – „Die
       werben hier mit Ferien in der Heimat, und dann so was“, empört sich
       Friederike Dümpf, die mit ihren zwei Töchtern aus Sachsen angereist ist.
       „Da ist mir das Sieg-Heil-Geschrei zu Hause noch lieber. Die grölen
       wenigstens nur nachts, wenn die Kinder schlafen.“
       
       Rein äußerlich hat sich wenig verändert in dem verschlafenen Landstrich im
       Allgäu. Die Kühe grasen, gemächlich knattern die Mengele-Traktoren über die
       Felder. Aber auch um das Wohl des Viehs sorgt sich Bauer Johann Schluff:
       „Diese fremden Gesänge tun der Milch sicher nicht gut.“ Ganz zu schweigen
       vom sonntäglichen Schweinebraten, der inzwischen kaum noch auf den Tisch
       kommt: „Die Weiberleut rühren kein Schwein mehr an, weil das angeblich
       nicht halal ist“, berichtet Schluff. „Die sind doch balla balla!“
       
       „Wir sind zweifellos Zeugen eines Kulturwandels“, bestätigt der örtliche
       Pfarrer Lothar Frömmel, und dabei wirkt er ein klein wenig schuldbewusst –
       schließlich war es eine Predigt aus seinem Munde, die das Unheil ins Rollen
       brachte. „Ich wollte lediglich betonen, dass das christliche Abendland das
       Recht und die Pflicht hat, sich gegen eine Überflutung durch Andersgläubige
       zur Wehr zu setzen. Gewaltfrei, versteht sich.“
       
       Dass er im selben Atemzug ein gesetzliches Kopftuchverbot befürwortete,
       wurde zum Stein des Anstoßes – schließlich ist die textile Hauptverhüllung
       seit Jahrhunderten Teil der bäuerlichen Tracht nicht nur in dieser Gegend.
       Im Handumdrehen bildeten örtliche Näh- und Kaffeekreise eine überregionale
       Bürgerinneninitiative, deren Sprecherin Eleonore Rall verkündete: „Wenn das
       so ist, können wir auch gleich zum Islam übertreten, schließlich gibt es
       sowieso nur einen Gott, und wie man den nennt, ist egal.“
       
       Gesagt, getan, und so steht Pfarrer Frömmel nun nicht nur vor dem Problem,
       einer fast reinen Männergemeinde das Wort des Herrn zu verkünden. Nein, es
       ist nicht einmal sicher, wie lange er das überhaupt noch darf, denn schon
       werden in Kreisen der Neoislamistinnen Forderungen laut, dem alten
       Grundsatz „cuius regio, eius religio“ getreu den Islam im gesamten Allgäu
       zur Staatsreligion zu erklären und auch Schullehrpläne und den
       Feiertagskalender entsprechend umzugestalten.
       
       ## Den Allgäu als solches gibt es gar nicht
       
       Die zuständigen Landesregierungen von Bayern und Baden-Württemberg wiegeln
       noch ab. Ein Allgäu als solches, lässt das Münchner Innenministerium
       mitteilen, gebe es überhaupt nicht: „Das ist nur ein diffuses Gebilde ohne
       administrativen Belang.“ Auch in Stuttgart ist man dieser Ansicht und
       hofft, dass sich die Sache bald ganz von selbst in Luft auflöst: „Die
       werden ja wohl kaum mit dem Sprengstoffgürtel zur Heumahd gehen.“
       
       Aber Eleonore Rall ist fest entschlossen, die Sache durchzufechten.
       Notfalls, so kündigt die streitbare Landfrau an, werde man die Gründung
       einer eigenen Republik in Angriff nehmen: „Wenn die großkopferten Herren in
       ihren Ministerien meinen, dass es kein Allgäu gibt, dann werden wir eines
       schaffen – zur Ehre des Propheten.“ Und zwar mit Geduld, Hartnäckigkeit und
       durchaus tatkräftiger Entschlossenheit; schließlich: „Mekka wurde auch
       nicht an einem Tag erbaut, und ganz ohne Handgreiflichkeiten ist noch kein
       Weltreich entstanden.“
       
       Ein allgäuisches Weltreich? Droht Deutschland vierhundert Jahre nach dem
       dreißigjährigen ein neuer Religionskrieg? Eleonore Rall hebt drohend ihre
       Mistgabel. Das werde man schon sehen, sagt sie, fügt die vieldeutige Frage
       an, ob man etwa die englische Königin schon mal ohne Kopftuch gesehen habe,
       und komplimentiert den Berichterstatter dann mit dem Hinweis aus der Stube,
       es sei Zeit für das Gebet. Und schon schallt wieder der Muezzin vom Band
       durch Pfrinzdorf und das weite Tal der Pfetz.
       
       25 Jun 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Sailer
       
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