# taz.de -- Kolumne Geht's noch?!: Wo ist der Mutwille, Öko-Mongolen?
> Einst fürchtete die Welt die Reiter des Dschingis Khan. Die Eroberer von
> einst wurden selbst Eroberte. Sie wollen nun Sonnenenergie exportieren.
> Wie arm.
(IMG) Bild: Die Mongolen-Hauptstadt Ulaanbaatar bei Nacht. Sie könnte einst nur mit Wind- und Sonnenenergie betreiben werden
Sicher, es gibt keine ökonomische, sondern nur noch eine ökologische
Utopie. Aber doch nicht so, wie sie jetzt die beiden
Präsidentschaftskandidaten in der Mongolei verwirklichen wollen. Nämlich
das Land mit Hilfe ausländischer Konzerne zu einem Großexporteur von
Energie aus Wind- und Sonnenkraft zu machen. Also wieder Gold in Scheiße zu
verwandeln.
Die Mongolei besitzt riesige Vorkommen an Öl, Gold, Molybdän und Diamanten.
Als das Land dies alles nach 1991 zur Privatisierung freigab, fielen
ausländische Bergbauunternehmen darüber her. Mit Bestechung und Heimtücke
rissen sie sich die besten Lagerstätten unter den Nagel.
Der Konzern „Ivanhoe Mines“ erschöpfte in fünf Jahren eine Goldmine – ohne
dass auch nur ein Mongole etwas davon hatte. Aus Wut darüber zerstörten
„Randalierer“ 2008 das halbe Stadtzentrum der Hauptstadt Ulaanbaatar.
Derzeit versucht der Multi „Rio Tinto“ mit einer Kupfermine dasselbe.
Klar, in der Steppe gibt es genug Wind für alle und das Land hat 280
Sonnentage im Jahr – ideal also für die Produktion regenerativer Energien.
Und seit fast 20 Jahren steht an fast jeder Jurte ein chinesisches
Solarpanel für 80 Dollar, meist um Fernsehen zu empfangen. Die Ressourcen
sind also nicht das Problem.
Aber einst konnten die Mongolen als gefürchtetes Reitervolk in Asien und
Osteuropa fast allen Sesshaften Pflichten auferlegen. Doch später
pazifizierten sie die Chinesen mit einer Unmenge Buddhisten-Mönche, den
letzten nomadischen Mutwillen trieben ihnen die Sowjets mit der
Kollektivierung der Landwirtschaft aus.
Die Eroberer von einst wurden in gewisser Weise selbst Eroberte. Das
spiegeln auch ihre Körper: Die Mongolen sind kleiner geworden. In den
Lederrüstungen aus den Zeiten Dschingis Khans, die heute im Nationalmuseum
liegen, würden sie wie Kinder versacken. Dafür werden umso größere
Denkmäler des Feldherrn errichtet.
Mongolische Politiker gehen heimlich davon aus, dass das Nomadische ihrer
Untergebenen überwunden werden muss – die finden sich über kurz oder lang
als zur Sesshaftigkeit gezwungenes Prekariat in städtischen Slums wieder.
Die Ausbeutung auf Wind- und Sonnenenergie auszuweiten, wird diese
Verelendung beschleunigen.
30 Jun 2013
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(DIR) Helmut Höge
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