# taz.de -- Kommentar Papst in Lampedusa: Doch kein Popstar
       
       > Kaum macht der Papst etwas sozial Relevantes, verliert sich die
       > Begeisterung für ihn. Sein Besuch auf Lampedusa wird zu einer Nachricht
       > unter anderen.
       
       Da hatte man gedacht, es ist egal was der Papst macht, die Medien und die
       Massen jubeln ihm immer zu. Popstar mit Heiligenschein ist nun mal Popstar
       mit Heiligenschein. Ob der öffentlich vergreist (Johannes Paul II) oder
       machttrunken den Petersplatz zum Laufsteg für neueste Männertrachten macht
       (Benedikt XVI) und unverständliches Zeug redet, egal. Wir berichten, wir
       gehen hin, wir sehen zu. Und nun?
       
       Nun wäscht der Neue namens Franziskus Häftlingen zu Ostern die Füße und
       lässt dabei keine Kameras zu, will also kein Elendstourist sein und bedient
       den Spektakel-Journalismus nicht. Nun fährt der Argentinier bei seinem
       ersten Auslandsbesuch nach Lampedusa, um bei den Flüchtlingen um Verzeihung
       für die allgemeine, Ignoranz zu bitten. Er kritisiert die „Globalisierung
       der Gleichgültigkeit“ und gedenkt der 20.000 Menschen, die in den letzten
       dreißig Jahren allein an dieser Küste ertrunken sind. 2011 zählte Lampedusa
       2352 Tote. Und schon werden die Medien und die Massen vorsichtiger.
       
       Natürlich kommt Franziskus in den ZDF-„Heute-Nachrichten“ vor und auch in
       der „Tagesschau“, aber nicht sonderlich prominent. Im Anschluss gibt es
       keine Sondersendung zum „Flüchtlingsproblem“. Geht man die populären,
       meinungsmachenden Webseiten durch, klickt man auf spiegel.de, zeit.de oder
       faz.de, ist der Bericht über seinen Besuch längst weit nach unten
       gerutscht. Die Kommentare, so vorhanden, strahlen Pflichtbewusstsein aus.
       
       Natürlich, der Besuch des Papstes ist Symbolpolitik. Noch hat die
       Katholische Kirche ihren Reichtum und ihre Macht nicht eingesetzt, um der
       Globalisierten Gleichgültigkeit tatsächlich etwas entgegenzusetzen. Also
       Strukturen zu schaffen, die den Flüchtlingen längerfristig helfen, sowohl
       in den Heimatländern, damit sie gar nicht erst die Flucht antreten müssen,
       als auch auf See, wo sie mit ihren kleinen Booten kentern und sterben. Aber
       an Symbolpolitik stören sich die Medien und die Massen sonst nicht, im
       Gegenteil, sie lieben sie. Es geht also tatsächlich darum, was der Papst
       macht, wer hätte das gedacht?
       
       Und seine symbolische Solidarität mit den Ausgeschlossenen und Vergessenen
       wird nicht goutiert, sie begeistert die Massen und die Medienvertreter
       nicht.
       
       Papst Franziskus ist auf dem Weg zu den Rändern der Gesellschaft auch
       deshalb auf dem richtigen Weg, weil er ex negativo die mentale Verfasstheit
       der Mehrheiten widerspiegelt. Vielleicht erschrickt sich ja die eine oder
       der andere über sein Desinteresse. Gleichzeitig ist keine Autorität ist so
       unabhängig von den Medien und den Massen, wie er. Der Papst wird ja nicht
       vom Volk gewählt und kann nach Kirchenrecht mehr oder weniger tun und
       lassen, was er möchte. Zudem kann die ihm unterstehende Institution, kann
       die Katholische Kirche, dank ihres Vermögens einen Unterschied machen. Sie
       kann über Symbolpolitik hinausgehen. Sie kann Flüchtlingen helfen. Sie muss
       nur wollen.
       
       9 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Kappert
       
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