# taz.de -- Diskriminierung in Bayern: Weiblich, ledig, lesbisch – sucht
       
       > Eine Forscherin verschickt 1.000 fingierte Bewerbungen in Berlin und
       > München. Ergebnis: In Bayern haben Lesben schlechtere Chancen als
       > heterosexuelle Frauen.
       
 (IMG) Bild: Lesbische Frauen müssen sich hier öfter einreihen
       
       BERLIN taz | Zwei Frauen bewerben sich auf eine ausgeschriebene Stelle. Sie
       sind gleich alt, gleich qualifiziert, sie haben die gleiche
       Berufserfahrung. Der einzige Unterschied: Die eine Jobsuchende schreibt in
       ihrer Bewerbung, dass sie in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt
       und sich im Lesben- und Schwulenverband (LSVD) engagiert. Die andere ist im
       Kulturverein oder verheiratet.
       
       Alles gleich also, nur die sexuelle Orientierung nicht. Das ist das Setting
       einer Studie, die die Ökonomin Doris Weichselbaumer an der Universität Linz
       erstellt hat. Sie verschickte von 2011 bis 2012 etwa 1.000 fingierten
       Bewerbungen an Unternehmen in Berlin und München.
       
       Und sie kam zu einem interessanten Ergebnis: Während die Chancen von homo-
       und heterosexuellen Frauen in der Hauptstadt etwa gleich gut sind, bekamen
       Lesben in München deutlich seltener positive Rückmeldungen zu ihren
       Bewerbungen.
       
       In der bayerischen Landeshauptstadt signalisierten die Firmen je nach
       Familienstand bei 42 bis 45 Prozent der heterosexuellen Bewerberinnen
       Interesse. Bei ihren lesbischen Mitbewerberinnen passierte dies in weniger
       als 33 Prozent der Fälle.
       
       ## Wider die ökonomische Logik
       
       Das Ergebnis überraschte auch Weichselbaumer. Zwar habe sie Unterschiede
       zwischen den Städten vermutet, sagte sie der taz am Freitag. Aber dass es
       in Berlin keine Diskriminierung zu geben scheint, habe sie nicht erwartet.
       „Vielleicht liegt es daran, dass in Berlin eine sehr offene Stimmung
       herrscht“, vermutete sie. „Man hat mit Wowereit einen schwulen
       Bürgermeister und der LSVD ist sehr aktiv.“
       
       Hinzu komme, dass „nach streng ökonomischen Kriterien betrachtet, lesbische
       Frauen sogar bevorzugt werden müssten“, da die Wahrscheinlichkeit von
       Schwangerschaft und Nachwuchs deutlich geringer sei, sagte die Ökonomin.
       Diskriminierung auf der einen Seite könnte also auch durch einen Bonus auf
       der anderen wieder ausgeglichen werden.
       
       Aus ökonomischer Perspektive hätte München sogar besser abschneiden müssen
       als Berlin. Dort gibt es seit Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung. Und
       im Untersuchungszeitraum lag die Arbeitslosenquote bei vier Prozent, in
       Berlin jedoch bei zwölf. „In München ist der Druck, nicht zu
       diskriminieren, deutlich höher gewesen", sagte Weichselbaumer. "Die
       Unternehmen sollten sich dort eigentlich über jede qualifizierte Bewerbung
       freuen.“
       
       Da die Ergebnisse der ökonomischen Logik widersprechen, sieht
       Weichselbaumer andere Gründe: „Der kulturelle Effekt scheint den
       ökonomischen Effekt zu überwiegen.“ Deswegen falle die Diskriminierung im
       konservativ und katholisch geprägten München deutlich höher aus als im
       liberalen Berlin.
       
       12 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Denis Schnur
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Diskriminierung
 (DIR) Sexismus
 (DIR) Homophobie
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
 (DIR) Diskriminierung
 (DIR) Adoptionsrecht
 (DIR) Homosexualität
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Magazine für Lesben: Für sie. Und sie. Und Sie.
       
       Das Zeitschriftenangebot für Lesben ist mau. Immerhin: Das „L-MAG“ wird 15
       – und ist nicht mehr ganz allein auf dem Markt.
       
 (DIR) Ehegattensplitting für Homosexuelle: Das Finanzamt wird zum Outingamt
       
       Die Lohnsteuerkarte verrät nach Einführung des Ehegattensplittings für
       Homosexuelle, wer verpartnert ist. Bei der katholischen Kirche droht dann
       die Kündigung.
       
 (DIR) Kommentar Adoption für Homosexuelle: Das gewisse Unbehagen der Union
       
       Wie viel Modernität verträgt die Union noch? Wie konservativ darf sie
       bleiben? Oder: Was kann sie den Wählerinnen und Wählern zumuten?
       
 (DIR) Adoptionsrecht für Homosexuelle: Von der Leyen ärgert ihre Partei
       
       Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich für Gleichstellung von
       Homo-Paaren ausgesprochen. Kurz darauf hagelt es Kritik aus ihrer Partei.