# taz.de -- NS-Verbrecher Erich Priebke: Keine Reue, neue Fans
       
       > Am kommenden Montag wird der SS-Mann 100 Jahre alt. Neonazis haben den
       > verurteilten Kriegsverbrecher als Idol für sich entdeckt.
       
 (IMG) Bild: Der Kriegsverbrecher Priebke (links) auf dem Weg zur Arbeit.
       
       MÜNCHEN afp | Vierzehn Jahre ist es her, dass der NS-Kriegsverbrecher Erich
       Priebke wegen seines schlechten Gesundheitszustands und seines Alters aus
       der Haft entlassen wurde. Am Montag nun feiert der seitdem unter einem
       lockeren Hausarrest stehende Priebke in Rom seinen hundertsten Geburtstag.
       Priebke, dessen Name für eines der schlimmsten deutschen Massaker in
       Italien steht, hat nie Reue gezeigt und wird zunehmend von deutschen
       Neonazis verehrt.
       
       Der ehemalige SS-Mann soll sich in jüngster Zeit dem Glauben zugewandt
       haben. Mario Merlino, ein Priebke-Freund und selbst berüchtigter
       Neofaschist, sagte der Zeitung Corriere della Sera, Priebke zeige eine
       größere Frömmigkeit, „vielleicht, weil er spürt, dass das Ende nahe ist“.
       Er lese religiöse Texte und meditiere. Ansonsten zeige er erhebliche
       Alterserscheinungen.
       
       „Er ist taub und hat nahezu vollständig das Gedächtnis verloren.“ Ob dies
       glaubwürdig ist? Noch vor zwei Jahren zeigten Fotos Priebke mit Freunden im
       Restaurant und wie er mit dem Motorroller durch Rom fuhr.
       
       Der Fall des in Hennigsdorf in Brandenburg geborenen Priebke war einer der
       großen NS-Kriegsverbrecherfälle der 1990er Jahre. Bis 1994 lebte er
       unbescholten unter seinem echten Namen in einem Badeort in Argentinien.
       Dann entdeckte ihn ein nach Nazis recherchierender US-Journalist und
       Priebke wurde nach Italien ausgeliefert. Dort wurde er wegen des Massakers
       in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom vor Gericht gestellt.
       
       ## Grausames Massaker
       
       Am 23. März 1944 hatten italienische Partisanen mit Bomben 32 Männer einer
       deutschen Polizeieinheit getötet. Angeblich auf direkten Befehl Adolf
       Hitlers sollten für jeden toten Deutschen zehn Italiener sterben. Nur einen
       Tag nach dem Anschlag führten SS-Truppen insgesamt 335 ahnungslose Männer –
       der jüngste ein Jugendlicher von 15 Jahren – in die Höhlen, um sie zu
       erschießen.
       
       Das Massaker gilt als äußerst grausam. Weil die Höhlen so eng sind, fanden
       Erschießungen auf den Leichen der ersten Opfer statt. Weil viele der
       SS-Soldaten besoffen waren und nicht richtig trafen, starben manche der
       Opfer qualvoll langsam. Priebke soll als Hauptsturmführer die Namensliste
       der Opfer geführt haben. Er gestand außerdem, zwei Gefangene selbst
       erschossen zu haben. Ein Wort der Entschuldigung sagte Priebke dafür nie.
       
       Doch so grausam die fehlende Reue Priebkes auf die Angehörigen seiner Opfer
       – darunter 75 Juden – ist, so verstörend nachgiebig wirkt auch der Umgang
       der italienischen Justiz mit dem Kriegsverbrecher. Nur ein Jahr nach seiner
       Verurteilung zu lebenslanger Haft kam er wieder aus dem Militärgefängnis
       frei und in Hausarrest.
       
       ## Feier mit Neonazis
       
       Die Bedingungen des Hausarrestes sorgten immer wieder für Wut bei den
       Angehörigen der Opfer des Massakers. Mal machte Priebke Urlaub am Lago
       Maggiore. Dann erstritt er sich das Recht, arbeiten zu dürfen. Mit dem
       Motorroller fuhr der da schon 93-Jährige munter in die Kanzlei seines
       Anwalts – welcher Arbeit er da nachgeht, blieb immer offen. Seinen
       neunzigsten Geburtstag hatte er auf dem Land in einem Restaurant gefeiert –
       zusammen mit Neonazis.
       
       Angeblich ist wieder solch eine Feier geplant – ihr Zustandekommen will
       Roms Bürgermeister Ignazio Marino verhindern. Nicht verhindern ließ sich,
       dass Priebke in der deutschen Neonazi-Szene zunehmend wie ein Idol gefeiert
       wird. Während das Simon-Wiesenthal-Zentrum in dieser Woche die Kampagne
       [1][„Spät, aber nicht zu spät“] startete, um die letzten noch lebenden
       NS-Kriegsverbrecher aufzuspüren, haben die Neonazis eine andere Kampagne:
       Sie fordern Freiheit für Priebke.
       
       Zu sehen war die Forderung zuletzt im Bundeswahlausschuss: Als Vertreter
       der rechtsextremen Partei Die Rechte dort um ihre Zulassung zur
       Bundestagswahl kämpften, trugen sie T-Shirts mit der Forderung nach der
       Freilassung Priebkes. Die Rechte darf bei der Wahl antreten – und macht 68
       Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus mit dem ewiggestrigen
       Nationalsozialisten Priebke Wahlkampf.
       
       27 Jul 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.wiesenthal.com/site/apps/nlnet/content2.aspx?c=lsKWLbPJLnF&b=4441467&ct=13224167#.UfOLS8-TEy5
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Isermann
       
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