# taz.de -- Tschechisches AKW Temelin: Ausbau aus Staatsräson
       
       > Die Tschechen haben keine Probleme mit dem hierzulande umstrittenen AKW
       > Temelin. Zwei Drittel der Bevölkerung finden Atomkraft prima.
       
 (IMG) Bild: Kaputte Schweißnähte, falschherum angebrachte Rohre, immer wieder Störfälle auf niedrigem Niveau: AtomkritikerInnen ist Temelin ein Gräuel
       
       PRAG taz | Kaum war die Tinte auf seiner Ernennungsurkunde getrocknet,
       besuchte Tschechiens designierter Umweltminister Tomáš Podívinsk das
       umstrittene AKW Temelín. Der 43-jährige Karrierebeamte wurde vor knapp vier
       Wochen in das Interimskabinett berufen, das Wirtschaftsexperte Jíří Rusnok
       auf Geheiß des tschechischen Präsidenten Miloš Zeman aufgestellt hat.
       
       Der geplante Bau eines dritten und vierten Reaktorblocks in Temelín sei für
       die stabile Energieversorgung des Landes wichtig, meinte Podívinsk. „Für
       die Energie aus Temelín bräuchten wir Solarkraftwerke in der Größe von
       50.000 Fußballfeldern“, erklärte er. Wie er denkt auch Ministerpräsident
       Rusnok.
       
       Am Mittwoch stellt sich die neue Regierung dem tschechischen
       Abgeordnetenhaus. Doch selbst wenn sie scheitern sollte: Der Ausbau des
       Atomkraftwerks, das derzeit über zwei Warmwasserreaktoren russischer Bauart
       mit jeweils 1.000 MW Leistung verfügt, wird in Tschechien seit Jahren
       diskutiert und als eine Art Staatsräson betrachtet.
       
       ## Wen interessiert die Rentabilität?
       
       Zwar hatte die vorherige Regierung noch kurzfristig Zweifel an der
       Rentabilität des Temelín-Megaprojekts angemeldet, doch unter Präsident
       Miloš Zeman gilt die Atomkraft wieder als Säule der Industrie und
       energiepolitischen Unabhängigkeit.
       
       Als Millionengrab verpönt hingegen sind erneuerbare Energien. Die wurden
       vor ein paar Jahren von der damaligen Regierung mit extrem attraktiven
       Subventionen bedacht, deren Rechnung bis heute der Stromkunde trägt. Große
       Firmen wie der mährisch-schlesische Stahlgigant ArcelorMittal zum Beispiel
       erwarten für dieses Jahr eine Rechnung von über 20 Millionen Euro allein an
       Abgaben zur Subvention erneuerbarer Energien.
       
       Besonders in Zeiten der Rezession ist es da kein Wunder, dass viele
       weiterhin mit der Atomkraft liebäugeln, die in Tschechien ohnehin einen
       guten Stand hat: Rund zwei Drittel der Tschechen sind eindeutig pro
       Atomkraft.
       
       ## Die Frage ist nur, wer bauen darf
       
       Was den Ausbau von Temelín betrifft, so scheint die Frage weniger nach dem
       Ob als nach dem Wer. Nachdem der Betreiber, die halbstaatlichen
       Energiewerke CEZ, die französische Firma Areva im vergangenen Herbst vom
       Auswahlverfahren ausgeschlossen hat, bleiben nur noch zwei Konkurrenten:
       die US-Firma Westinghouse und das russisch-tschechische Konsortium MIR
       1200. In diesem Herbst soll nun endgültig über den Auftrag für geschätzte 7
       bis 20 Milliarden Euro entschieden werden.
       
       Falls die Regierung Rusnok heute im Parlament besteht, ist der Fall wohl
       schon vorher klar. Nicht nur weil Innenminister Martin Pecina vom
       Chefsessel der Firma Vitkovice Engineering kommt, die sich als Zulieferer
       der MIR 1200 bewirbt, sondern auch weil Präsident Miloš Zeman eher auf die
       russischen Märkte blickt.
       
       „Mag ja sein, dass Westinghouse die bessere Technologie anbietet“, meint
       ein Vertreter der Atomlobby, der lieber ungenannt bleiben will, gegenüber
       der taz. „Aber wenn wir mit den Russen zusammenarbeiten, dann haben wir
       bessere Chancen auf dem russischen Markt“.
       
       Das ist allerdings kein Geheimnis: Denn schon Ende Mai versprach der
       russische Ministerpräsident Dimitri Medwedjew Aufträge im Wert von 6
       Milliarden Euro im Austausch für den Temelín-Zuschlag für MIR 1200.
       
       6 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alexandra Mostyn
       
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