# taz.de -- Politik des japanischen Premierministers: Provozierender Nationalismus
       
       > Japans Ministerpräsident Shinzo Abe fällt durch rechtsnationalen Eifer
       > auf. Chinas Regierung reagiert empört, die USA sind besorgt.
       
 (IMG) Bild: Premierminister Shinzo Abe besuchte am Jahrestags der Kapitulation nicht den umstrittenen Schrein, sondern einen anderen Friedhof.
       
       TOKIO taz | Anlässlich des 68. Jahrestags der Kapitulation im Zweiten
       Weltkrieg hat Japans rechtskonservative Regierung ihre nationalistische
       Gangart verschärft. Drei Kabinettsmitglieder gedachten am umstrittenen
       Yasukuni-Schrein der 2,5 Millionen Kriegstoten. Premierminister Shinzo Abe
       schickte einen Vertreter, der einen Baumzweig opferte. Bei einer Zeremonie
       vermied er jeden Hinweis auf Japans Kriegsschuld.
       
       Chinas Außenministerium bestellte Japans Botschafter ein und protestierte
       gegen den Schreinbesuch. Im Yasukuni werden auch die Seelen von 14
       verurteilten Kriegsverbrechern geehrt. Chinas staatliche Agentur Xinhua
       sprach von einer „gefährlichen Wiederbelebung von Japans militaristischer
       Vergangenheit“. Vor dem Schrein demonstrierten Oppositionsabgeordnete aus
       Südkorea und verurteilten auf einem Transparent die „Militarisierung
       Japans“.
       
       Die Schreinbesuche reihen sich in eine Vielzahl von nationalistischen
       Aussagen und Gesten der Abe-Regierung ein. Westliche Beobachter sprechen
       von der „am meisten nationalistischen Regierung in Tokio seit dem Zweiten
       Weltkrieg“. Abe setzt die Mission seiner ersten Amtszeit 2006/2007 fort,
       Patriotismus und Verteidigungsbereitschaft durch Relativierung der
       Kriegsschuld zu stärken.
       
       Die Kriegsverbrechen der Kaiserlichen Armee werden kleingeredet oder als
       historische Tatsachen infrage gestellt. So vermeidet Abe bewusst, von der
       Kolonialisierung Koreas und dem Angriff auf China zu sprechen. „Ich sage
       nicht, dass es keine Kolonialherrschaft oder Aggression gegeben hat“,
       erklärte er im Juli. Aber dieses Urteil wolle er Experten überlassen. Sein
       eigentliches Ziel ist eine Verfassungsreform, die den Pazifismus der
       Nachkriegszeit beendet.
       
       ## Nationalismus zeigt sich im Straßenbild
       
       Die Stetigkeit kleiner Dosen von provozierendem Nationalismus wirkt
       systematisch. So ließ sich Abe mit nach oben gerecktem Daumen in einem
       Ausbildungsflugzeug der Luftwaffe mit der Nummer 731 ablichten. 731 war die
       Nummer jener Armeeeinheit, die für ihre biologischen und chemischen
       Experimente berüchtigt war. Und ausgerechnet am Jahrestag des
       Hiroshima-Gedenkens taufte Vizeregierungschef Taro Aso Japans neuen
       Zerstörer auf „Izumo“ – der gleiche Name wie ein Kriegsschiff, das in den
       Dreißigerjahren an der Besetzung von China teilnahm. Das fast 250 Meter
       lange Schiff lässt sich auch als Flugzeugträger einsetzen und setzt einen
       Kontrapunkt zu Chinas erstem Flugzeugträger, der 2012 in Dienst gestellt
       wurde.
       
       Der Nationalismus zeigt sich sogar im Straßenbild: Nach der gewonnenen
       Oberhauswahl klebte Abes Liberaldemokratische Partei noch einmal Plakate
       mit dem Wahlslogan „Japan zurückgewinnen“ – aber hinter dem Konterfei Abes
       leuchtete nun Japans roter Sonnenball. Das nationale Symbol wurde politisch
       bisher selten benutzt.
       
       Dabei gefährdet Abe in seinem rechtsnationalen Eifer zwei Ziele seiner
       Regierung: Zum einen will er die USA davon überzeugen, dass Japan eine
       stärkere Rolle bei der Bewahrung der Sicherheit in Ostasien erhalten soll.
       Doch Washington beobachtet Abes Nationalismus mit Skepsis und Unruhe. Kurt
       Campbell, Exvizeaußenminister von Präsident Barack Obama, äußerte sich
       besorgt über eine mögliche Kriegsgefahr in Ostasien, da „Tokio und Peking
       den Nationalismus in ihren Ländern bedienten“.
       
       Zum anderen will Abe durch eine radikale Geld- und Fiskalpolitik Japans
       Wirtschaft stärken. Doch der Chinastreit beschädigt inzwischen die
       Geschäfte der Exportfirmen. Ihre Ausfuhren und Investitionen ins Reich der
       Mitte sind in der ersten Jahreshälfte schon kräftig geschrumpft.
       
       15 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Fritz
       
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