# taz.de -- Kolumne Wutbürger: Für immer draußen, verdammt
       
       > Laufbier, Grillabende – und Frauen, die sich draußen die Nägel feilen:
       > Weite Teile der Bevölkerung bereiten sich auf ihre drohende Entmietung
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Haben die keine Küche oder warum trinken die ihr Bier draußen?
       
       Was man früher in seinem Badezimmer, der Küche oder im Schlafzimmer
       erledigt hat, verlagert sich immer mehr in den öffentlichen Raum. An die
       To-go-Becher-Horden habe ich mich ja schon gewöhnt. Aber als sich ein
       Pärchen, zehn U-Bahn-Stationen lang vor mir abschleckte und befummelte,
       dachte ich dann doch: Haben die keine Wohnung?
       
       Inzwischen vermute ich, dass sich weite Teile der Bevölkerung unbewusst auf
       ihre drohende Entmietung vorbereiten. Warum sonst sollte sich eine junge
       Frau nachts auf der Straße ausführlich die Nägel feilen? Und dann das
       flächendeckende Phänomen des „Laufbiers“. Die jungen Leute ahnen
       instinktiv, dass es bei ihnen in absehbarer Zeit nicht mal mehr für einen
       Stuhl reichen wird.
       
       Ein weiteres Indiz für meine Beobachtung ist die wachsende Begeisterung
       fürs Grillen. Anstatt sich zu freuen, noch eine Wohnung mit Küche und Tisch
       zu haben, drängt alles ins Freie. Selbst Freunde, für die Dekantiertrichter
       und Buttermesser in der Küchenschublade eine Selbstverständlichkeit sind,
       laden nur noch ans offene Feuer.
       
       Egal ob es draußen zu nass, zu kalt oder zu heiß ist. Penetrant wird bei
       dieser Form des geselligen Beisammenseins die Gemütlichkeit beschworen,
       auch wenn es nur Stehplätze gibt.
       
       Die befinden sich meistens in Hinterhöfen oder überfüllten Parks. Da steht
       man dann mit seinem Pappteller vor dem gestressten Grillmeister und wartet.
       Der hat entweder seine Kohlen oder sein Grillgut nicht im Griff. Die
       meisten Gäste dieser Veranstaltungsform sind total entspannt, warten gern
       etwas länger auf ihr verkohltes Fleisch. Hauptsache, sie essen unter freiem
       Himmel.
       
       Da ich etwas ungeduldig bin, vor allem wenn ich Hunger habe, und dann noch
       darauf bestehe, dass mein Tofuwürstchen mit einer Extragabel gewendet wird,
       werde ich kaum noch eingeladen. Kein Drama, wäre die Saison auf den Sommer
       beschränkt. Aber die Aussichten auf mein Sozialleben sind eher negativ.
       
       Der neue Trend ist „Immer grillen“, da wird Silvester abgegrillt und an
       Neujahr schon wieder angegrillt.
       
       24 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) ISABEL LOTT
       
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