# taz.de -- Syrische Flüchtlinge im Nordirak: Weder Essen noch medizinische Hilfe
       
       > Zehntausende syrische Flüchtlinge suchen derzeit Schutz in kurdischem
       > Gebiet jenseits der Grenze, im Norden Iraks. Es werden immer mehr.
       
 (IMG) Bild: Syrische Flüchtlinge im Irak
       
       ERBIL taz | Kaum sind sie den Kämpfen in ihrer Heimat entkommen, sehen sich
       die kurdischen Flüchtlinge aus Syrien neuen Schwierigkeiten ausgesetzt.
       Chabat, ein Englischstudent Anfang 20, ist mit seiner Familie aus der Stadt
       Kamischli geflohen, die im syrischen Kurdengebiet im Nordosten des Landes
       liegt. „Es ist unmöglich geworden, dort zu leben“, berichtet er. „Wegen der
       Blockade der kurdischen Gebiete durch die Regierungstruppen und der
       Angriffe der Islamisten gibt es nichts zu essen, keine medizinische Hilfe
       und keine Sicherheit mehr.“
       
       Nun lebt er mit seiner Familie im Irak, in dem neu eingerichteten Lager
       Quru Gusik etwa zwanzig Kilometer nördlich von Erbil in einem Zelt des
       UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Es steht in einer kargen, sandigen Senke
       aufgebaut, die Sonne brennt, Temperaturen bis zu vierzig Grad sind hier zu
       dieser Jahreszeit normal.
       
       Jerome, ein italienisch-argentinischer Mitarbeiter des UNHCR, ist von der
       Situation überfordert: „Es fehlt an allem. Wir haben die Zelte in nur vier
       Tagen aufgebaut und jetzt ist das Lager schon bis zum Anschlag voll. Es
       fehlt an Wasser, Medikamenten und Unterstützung für die Schwächsten.“
       
       So sieht man überall ältere Menschen, die sich kaum mehr regen, erschöpft
       im Schatten der Zeltplanen liegen. Am Ärztezelt versucht jeder, die
       notwendigen Medikamente für die eigene Familie zu ergattern. Um zu den
       beiden fertiggestellten Wasserplätzen zu kommen, muss man durch das ganze
       Lager laufen.
       
       „Wir versuchen, 300 Personen am Tag zu registrieren, um hier eine Art von
       Ordnung zu schaffen“, sagt Jerome. Doch ob das die Lage verbessern wird,
       ist fraglich.
       
       ## Alte Rivalitäten werden nun neu belebt
       
       Gleichzeitig hat die Flüchtlingskrise auch eine ernste politische Krise in
       der irakisch-kurdischen Autonomieregion ausgelöst. Die Partei des
       irakischen Präsidenten Dschalal Talabani, die Patriotische Union Kurdistans
       (PUK), hat im Parlament in Erbil massiv den Regionalpräsidenten Massud
       Barsani und seine Kurdisch-Demokratische Partei (KDP) angegriffen.
       
       Barsani hatte durchgesetzt, dass auch ein Flüchtlingscamp in Suleimanija,
       der Hochburg der PUK, eröffnet wird – für 5.000 Personen.
       
       Nun behauptet die PUK, dass Barsani die Wirtschaft und die Sicherheit in
       dieser Region bewusst durch die Öffnung der Grenzen unterminieren will.
       Dagegen greift die Oppositionspartei Gorran (Bewegung für Wandel) beide
       Regierungsparteien an: Sie würden die Kurden in Syrien im Kampf gegen die
       Islamisten alleine lassen und durch die einseitige Grenzöffnung (Hilfsgüter
       werden nicht aus dem Nordirak nach Nordsyrien gelassen) einen Exodus der
       Kurden aus Syrien forcieren.
       
       In Erbil finden mittlerweile regelmäßig Proteste zur Unterstützung der
       Kurden in Syrien statt – aber auch Gegenproteste, die von Barsani
       orchestriert werden.
       
       ## Grenze für Flüchtlinge schließen?
       
       Doch im Innenministerium in Erbil wird von den Experten mittlerweile eine
       neue Strategie debattiert: Dass die Grenzen für Flüchtlinge erneut
       geschlossen werden, dafür aber die dringend benötigten Hilfsgüter (wie wohl
       auch Waffen) nach Syrien geliefert werden.
       
       Bis dahin müssen Flüchtlinge wie Chabat sich mit einem neuen Leben und dem
       kommenden harschen Winter arrangieren. Denn es ist nicht abzusehen, dass
       sie in den nächsten Monaten in ihre Heimat zurückkehren können.
       
       28 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benjamin Hiller
       
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