# taz.de -- Renten in Frankreich: Minireförmchen à la française
       
       > Die Rentenkasse weist ein Defizit von 20 Milliarden Euro im Jahr auf.
       > Durch die Hintertür soll jetzt das Rentenalter angehoben werden.
       
 (IMG) Bild: Der französische Regierungschef Jean-Marc Ayrault hat sich eine schwierige Reform vorgenommen: das Rentensystem
       
       PARIS taz | Der französische Premierminister Jean-Marc Ayrault hat nach
       eingehenden Konsultationsgesprächen mit den Sozialpartnern eine weitere
       Reform der öffentlichen Altersversicherung vorgestellt. Sie soll die
       Finanzierung des Rentensystems der Sécurité sociale für die privaten
       Arbeitnehmer über 2020 hinaus absichern.
       
       Längst war für jedermann offensichtlich geworden, dass auch der letzte
       Sanierungsversuch von 2010 unter Präsident Nicolas Sarkozy bei Weitem nicht
       ausreichen würde, um das stetige Anwachsen des Defizits in den Rentenkassen
       zu verhindern. Falls jetzt nichts unternommen wird, wird das absehbare
       Defizit der öffentlichen Altersversicherung auf jährlich 20 Milliarden Euro
       ansteigen.
       
       Um dem gegenzusteuern, werden vor allem die von Arbeitnehmern und
       Arbeitgebern bezahlten Beiträge ab 2014 schrittweise erhöht; die
       Beitragszahlungsdauer wird auf 43 Jahre verlängert. Ab 2015 sollen Leute
       mit besonders schweren und belastenden Berufstätigkeiten Punkte sammeln
       können, um sie entweder bei der Rente oder auf Zeit für Weiterbildung
       einzusetzen.
       
       Das war eine der wichtigsten Forderungen der Gewerkschaften. Sie soll jetzt
       als Gegenleistung für Opfer der Versicherten in anderen Bereichen
       berücksichtigt werden. Auch bestehende Ungerechtigkeiten - etwa dass Renten
       für Frauen wegen deren häufiger Teilzeitarbeit oder wegen Kindererziehung
       geringer ausfallen - sollen bei der Rentenberechnung abgebaut werden.
       
       ## Das offizielle Rentenalter bleibt 62 Jahren
       
       Offiziell hält Frankreich am heute geltenden Rentenalter von 62 Jahren
       fest. Doch der Schein trügt. Da nämlich die für eine Vollrente
       erforderliche Zahl der Beitragsjahre sukzessive weiter erhöht wird - bis
       auf 43 Jahre nach 2020 - können immer mehr Arbeitnehmer, die im Schnitt
       erst ab 23 oder 24 verdienen, nicht vor 66 oder gar 68 Jahren mit einem
       vollen Rentenanspruch in den Ruhestand gehen.
       
       Während also andere Länder wie Deutschland offen von der Rente mit 67
       sprechen, wird der spätere Ruhestand in Frankreich durch die Hintertür
       eingeführt. Wer mit 62 oder sogar früher in Rente gehen will, muss wegen
       ungenügender Beiträge mit Einbußen rechnen. Wem beispielsweise zehn
       Quartale fehlen, muss bei der Basisrente (etwa 50 Prozent des Lohns) eine
       um rund 9 Prozent verminderte Leistung in Kauf nehmen.
       
       Problematisch bleibt dabei die Situation der Studierenden, Praktikanten und
       Lehrlinge, deren Ausbildungszeit zumeist nicht angerechnet wird. Die Jungen
       sollen künftig in den fünf Jahren nach dem Diplom die fehlenden Quartale
       einkaufen können. Geschenkt wird ihnen aber gar nichts. Denn die ganze
       Rechnung basiert auf einer optimistischen Erwartung.
       
       Bis 2020 nämlich rechnet die Regierung mit einer Arbeitslosenquote von 7,3
       Prozent, die bis 2030 sogar auf 4,5 Prozent sinken soll. Vor allem aber
       wird in der Reform das ungelöste Problem des Defizits der separaten
       Pensionskasse der Beamten ausgeklammert.
       
       Die Libération warnt darum bereits vor „Auslassungen und versteckten
       Konstruktionsfehlern“ der Reform. Die konservative Zeitung Le Figaro
       spricht von einer „Minireform mit Maxikosten“.
       
       28 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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