# taz.de -- Syrische Redakteurin über Militäreinsatz: „Jetzt ist unsere Angst noch größer“
       
       > Schaltet Assads Luftwaffe aus und helft den Flüchtlingen. Den Rest
       > bekommen wir selbst hin. Das sagt eine Redakteurin der größten
       > Oppositionszeitung in Syrien.
       
 (IMG) Bild: Assad besucht am 1. August Teile von Daraya, die von seinen Truppen zurückerobert wurden
       
       [1][“Enab Baladi“] (“Einheimische Trauben“) ist die größte
       Oppositionzeitung innerhalb Syriens. Die Zeitung erscheint wöchentlich,
       sowohl als Printausgabe – hauptsächlich in Daraya – als auch per PDF
       online, und [2][wird teilweise ins Englische übersetzt.] Jede Ausgabe
       umfasst zwischen 10 und 15 Seiten. Behandelt werden Themen wie die aktuelle
       (Sicherheits-)Lage in Daraya sowie in Syrien ingesamt, geopolitische Fragen
       und die internationalen Haltungen zu Syrien, Wirtschaftsthemen, aber auch
       Informationen zu Internetsicherheit: Wie entgehe ich einer Verhaftung? Seit
       2013 erscheint eine wöchentliche Ausgabe speziell für Kinder. 
       
       taz: Wie ist heute die Lage bei Ihnen, im Südwesten von Damaskus? 
       
       Aasma* (Redakteurin): Genauso schlecht wie seit Monaten, da hat sich nichts
       groß verändert. Nur, dass wir jetzt auch noch große Angst vor dem
       bevorstehenden Militärschlag haben. Die meisten hier sind damit
       beschäftigt, Lebensmittel zu organisieren. Wir wissen ja nicht, wie die
       Situation in ein paar Tagen sein wird.
       
       Sie lehnen den Militärschlag ab? 
       
       Wir fänden es gut, wenn das Assad-Regime ausgeschaltet würde. Das würde uns
       helfen. Aber wenn es bei der angekündigten „Bestrafung“ bleibt, dann bringt
       uns das nichts. Im Gegenteil: Assad wird seine Vergeltungsattacken ja nicht
       gegen die USA richten, sondern gegen uns. Das heißt, wir müssen damit
       rechnen, dass es noch schlimmer wird. Was immer das bedeuten mag.
       
       Was würde Ihnen helfen? 
       
       Wenn Assads Luftwaffe getroffen würde.
       
       Es gibt Stimmen, die fordern, dass die Nato oder wie immer das westliche
       Militärbündnis genau aussehen wird, nicht nur Assad bekämpfen müsste,
       sondern auch die vielen Al-Quaida-Leute, die inzwischen in Syrien kämpfen.
       Die wären ein mindestens so großes Problem wie das Regime. 
       
       Ja, aber man muss hier unterscheiden. Mit den Al-Quaida-Kämpfern müssen wir
       Syrer selbst fertig werden. Und wenn Assad uns nicht mehr von der Luft aus
       bombardieren kann, dann schaffen wir das auch.
       
       Nicht dass die USA eine Entsendung erwägen würden, aber auch Sie lehnen
       Bodentruppen ab? 
       
       Absolut. Die Revolution ist eine Angelegenheit der Syrer. Wir wollen keine
       ausländischen Bodentruppen, auf keinen Fall. Die Amerikaner sind hier nicht
       willkommen.
       
       Ist das jetzt Ihre Meinung beziehungsweise die der jungen AktivistInnen
       oder denken viele Leute so? 
       
       Die meisten hier wollen keine Amerikaner im Land haben. Aber wissen Sie,
       das Problem ist doch, dass das, was wir wollen oder brauchen, für den
       Westen überhaupt keine Rolle spielt. Deshalb sind wir ja jetzt auch so
       skeptisch. Wenn der Westen uns wirklich helfen wollte, dann könnte er
       zumindest die Sicherheit und Versorgung der Flüchtlinge garantieren. Aber
       noch nicht einmal das tut er.
       
       Inzwischen sollen zwischen sechs und sieben Millionen Syrer auf der Flucht
       sein. 
       
       Ja, und auch im Moment versuchen wieder viele, das Land zu verlassen, bevor
       die USA angreifen.
       
       Sie aber bleiben? 
       
       Ja, wir bleiben.
       
       Können Sie Ihre Zeitungsarbeit unter den gegenwärtigen Bedingungen
       überhaupt noch aufrecht erhalten? 
       
       Schon. [3][Als wir 2012 Enab Baladi gegründet haben], mussten wir noch im
       Untergrund arbeiten, da die oppositionelle Presse in Syrien massiv verfolgt
       wird. Mittlerweile hat die Opposition Teile von Daraya erobert, andere
       stehen unter der Kontrolle des Regimes. Die Lage ist also kompliziert. Wir
       publizieren vor allem online. [4][Unsere Facebookseite] hat mittlerweile
       mehr als 26.000 Follower. Trotzdem versuchen wir, ein Mal pro Woche auch
       eine Printzeitung herauszugeben, die wir dann umsonst verteilen. Auflage
       900 Stück. Aber im Moment gelingt uns das nicht jede Woche.
       
       Das Redaktionsteam setzt sich aus StudentInnen zusammen? 
       
       Die meisten ja. Wir sind zwischen 20 und 35 Jahre alt, Männer und Frauen
       gemischt.
       
       Wie finanzieren Sie sich? 
       
       Wir arbeiten alle ohne Bezahlung, die Autoren genauso wie die Redakteure.
       Aber wir werden von Leuten vor Ort unterstützt.
       
       * Aus Sicherheitsgründen wurde der Name geändert. 
       
       Anmerkung der Redaktion: Der Kontakt kam mithilfe von [5][Adopt a
       Revolution] zustande. Der Verein sammelt Spenden, um in Syren
       zivilgesellschaftliche Organisationen zu unterstützen, darunter auch den
       Aufbau von „Enab Baladi“.
       
       29 Aug 2013
       
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