# taz.de -- Ärger für „Adopt a Revolution“: Kassenkampf statt Klassenkampf
       
       > Sie wollten die deutsche Friedensbewegung erneuern – jetzt rückt das
       > Finanzamt an. Darf man in Bürgerkriegen keine Menschenrechte schützen?
       
 (IMG) Bild: Neulich wollten alle noch schön zuhören: Syrische Aktivisten 2012 in der Bundespressekonferenz - auf Einladung von „Adopt a Revolution“
       
       BERLIN taz | Es ist Solidaritätsarbeit konkret: Geld für Schulen in der
       Nähe von Damaskus, Unterstützung von Journalisten, Technik, die direkt an
       basisdemokratische Gruppen in syrischen Kleinstädten geliefert wird. Wenn
       es um die Unterstützung der syrischen Opposition geht, machen die
       MitarbeiterInnen von [1][„Adopt a Revolution“] Arbeit von hohem
       Aufmerksamkeitswert. Nun bekommt die Initiative Ärger: Das Leipziger
       Finanzamt droht damit, dem Verein die Anerkennung als gemeinnützig zu
       entziehen. Dahinter steckt ein Konflikt, der für viele politische
       AktivistInnen relevant ist.
       
       Denn was die Initiative, die mit ihrem Namen dafür wirbt,
       Revolutionspatenschaften zu vermitteln, da in der Praxis tut, ist dem
       Finanzamt zu politisch.
       
       Die Behörde hat angekündigt, dem Verein rückwirkend bis zu seiner Gründung
       2011 die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Die Begründung: Es sei
       „ersichtlich, dass der Verein fast ausschließlich politische Zwecke
       verfolgt, indem er die politische Opposition Syriens in Gestalt der
       Revolutionsaktivisten finanziell unterstützt“.
       
       Elias Perabo ist Initiator der Initiative, die nach eigenen Angaben seit
       2011 rund 600.000 Euro an Spenden einnahm. Er sagt: „Im schlimmsten Fall
       bedeutet das, dass unsere Arbeit massiv gefährdet ist.“
       
       Zu politisch oder nicht – das ist ein Problem, mit dem sich Organisationen
       immer wieder beschäftigen müssen. Auch Institutionen wie [2][Greenpeace] in
       Hamburg und die Globalisierungskritiker von [3][Attac] sahen sich
       wiederholt damit konfrontiert, darlegen zu müssen, inwiefern sie etwa
       Bildungsarbeit machen, also einen gemeinnützigen Zweck erfüllen.
       
       „Wir sehen in der Praxis, dass häufig die Finanzämter definieren und
       entscheiden, was sie als gemeinnützige politische Arbeit und was sie als
       Aktivismus und Campaigning einschätzen. Das ist für viele sozialpolitische
       Gruppen immer wieder ein Problem“, sagt Matthias Fiedler. Er ist
       Geschäftsführer der [4][Bewegungsstiftung im niedersächsischen Verden] an
       der Aller. Die Stiftung fördert politisches Engagement.
       
       Auch in seiner Stiftung hatte es in der Vergangenheit bereits Ärger um
       „Adopt a Revolution“ gegeben. Die Stiftung hatte das Projekt bis Ende 2012
       mit 15.000 Euro unterstützt. Kritiker hatten intern dagegen gewettert.
       Insbesondere aus dem pazifistischen Lager kam auch öffentlich Kritik an der
       Initiative, als die Lage in Syrien immer unübersichtlicher wurde. Kritiker
       hielten der Initiative vor, sie sammle für
       [5][„Bürgerkriegspatenschaften“]. Aktivisten wie der Sänger Konstantin
       Wecker zogen ihre Unterstützung zurück.
       
       Diesen Ärger gab es erst, als in Syrien die politische Situation gekippt
       war – und an immer mehr Orten bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten. Bis
       dahin war die Initiative „Adopt a Revolution“ auch in der deutschen
       Öffentlichkeit ein gern gesehener Gesprächspartner. Im Januar 2012 etwa lud
       die Bundespressekonferenz die Initiative zu sich ein. Sie sollte
       Gesprächspartner der syrischen Zivilgesellschaft mitbringen. Das tat sie.
       
       Als sich plötzlich die sogenannte Freie Syrische Armee, eine Art
       Bürgermiliz zum Schutz vor dem Regime, gründete, wandten sich viele
       deutsche Initiativen ab. „Adopt a Revolution“ hielt dagegen und
       argumentierte, zwar in etwas anderen Worten: Menschenrechtsarbeit sei eben
       kein Fall für die Schönwetterfraktion – und müsse gerade dort fortgeführt
       werden, wo die Bedingungen am schlimmsten seien. In der Tat war die
       Initiative angetreten, stets die basisdemokratischen Bündnisse vor Ort
       direkt zu unterstützen, und hatte immer betont, dass ausschließlich zivile
       Projekte gefördert werden. Daran, so die Organisation damals, solle sich
       auch weiterhin nichts ändern.
       
       Nun will nach der Friedensbewegung also auch das Finanzamt Leipzig
       definieren, was unterstützenswert ist und was nicht. Das dürfte allerdings
       nicht allzu einfach werden. „Wir unterstützen Menschen, die Verbrechen
       dokumentieren, und Ärzte, die nur im Untergrund arbeiten können, um
       Menschen zu schützen. In einem Regime wie in Syrien ist das automatisch
       politisch.“ Perabo will sich deshalb gegen die Entscheidung zur Wehr
       setzen.
       
       Aber auch die [6][Friedensbewegung, die für das Wochenende in Dutzenden
       Städten zu ihren jährlichen Ostermärschen ruft], dürfte damit neuen
       Diskussionsstoff haben. Elias Perabo zumindest geht in diesem Jahr nicht
       zum Ostermarsch. Er sagt: „Die UN haben den Syrienkonflikt als größte
       humanitäre Katastrophe des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Dass das bei den
       Ostermärschen kaum eine Rolle spielt, entfremdet uns von diesen
       Demonstrationen sehr.“
       
       17 Apr 2014
       
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 (DIR) [4] http://www.bewegungsstiftung.de/
 (DIR) [5] http://www.imi-online.de/2012/04/05/burgerkriegspatenschaft/
 (DIR) [6] http://bewegung.taz.de/aktionen/ostermaersche2014/beschreibung
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bednarczyk
 (DIR) Martin Kaul
       
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