# taz.de -- Wladimir Putin baut auf Assads System: Bastion halten
       
       > Präsident Putin appelliert an Obama, auf einen Angriff auf Syrien zu
       > verzichten. Moskau fürchtet bei Regimewechsel eine weitere Islamisierung.
       
 (IMG) Bild: Das journalistenboot steht schon bereit, aber ob beim kommenden G20-Gipfel tatsächlich über Syrien gesprochen wird, ist fraglich
       
       MOSKAU taz | Präsident Wladimir Putin appellierte am Wochenende noch einmal
       eindringlich an US-Präsident Barack Obama, auf einen Angriff gegen Syrien
       zu verzichten. In Wladiwostok im Fernen Osten Russlands forderte der
       Kremlchef den UN-Sicherheitsrat auf, Beweise für den angeblichen
       Giftgaseinsatz durch die syrische Regierung vorzulegen. Hinweise, dass es
       derartige Beweise gebe, diese aber geheim seien, „halten keiner Kritik
       stand“, meinte Putin, der sich seiner Haltung immer sicherer zu sein
       scheint.
       
       Mit einem Seitenhieb auf Obama meinte der Kremlchef, der
       Friedensnobelpreisträger solle bei seiner Entscheidung auch die
       potenziellen Opfer unter der Zivilbevölkerung nicht außer acht lassen.
       Putin nannte überdies den Einsatz von Giftgas seitens des Assad-Regimes
       einen „ausgemachten Unsinn“, der jeglicher Logik widerspreche.
       
       In Moskaus elektronischen Medien ist Syrien seit langem wieder das
       beherrschende Thema. Seit Tagen suggerieren die staatlich gelenkten
       TV-Sender, dass ein Eingriff der USA in Syrien bereits so gut wie vollzogen
       sei. Vor allem drängt sich der Eindruck auf, als könne Moskau den
       entscheidenden Schritt kaum noch abwarten. Für den Kremlchef steht fest:
       Jede Form von westlicher Einmischung endet langfristig in einem Desaster.
       
       Putin fühlt sich in seiner grundsätzlichen Einstellung bestätigt. Seit zwei
       Jahren gelten die Tage des Diktators und seiner Entourage im Westen bereits
       als „gezählt“, während Putin von Beginn an auf die Durchhaltefähigkeit des
       Systems Assad baute. Im Nachhinein erwies sich die Einschätzung des Kremls
       wirklichkeitsnaher denn das beschleunigte Untergangsszenario im Westen. Den
       Grund hierfür lieferte allerdings auch Russland, das durch seine
       Verweigerung im UN-Sicherheitsrat und Waffenlieferunen an Syrien einen
       aktiven Part in der Auseinandersetzung übernahm.
       
       ## Paroli bieten
       
       Putin regte in Wladiwostok an, das Treffen der G-20 Staaten, der
       wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, diese Woche in Sankt Petersburg
       noch einmal für ein Gespräch über die Syrien-Krise zu nutzen. Vielmehr als
       eine rhetorische Floskel dürfte hinter diesem Appell jedoch nicht stehen.
       Russland ist nicht bereit, von seiner bisherigen Position abzurücken.
       Sowohl innen- wie außenpolitisch wirft die Verweigerungshaltung für
       Wladimir Putin Rendite ab. Die Hartnäckigkeit des Kremls hat jedoch nichts
       mit der Person Baschar al-Assads zu tun.
       
       Zunächst bietet sich die Chance den USA Paroli zu bieten. Seit dem
       Zusammenbruch der UdSSR 1991 hat sich Moskau aus der Region des Mittleren
       Ostens fast gänzlich zurückgezogen. Wo Moskau bis in die 1980er Jahre
       tonangebend war, setzten sich nach und nach die USA fest – so im Irak, in
       Zentralasien oder Afghanistan. Die US-Unterstützung der Opposition löste in
       einigen Staaten nicht nur einen Regimewechsel aus, sie verhalf auch
       radikalen islamischen Kräften zur Machtübernahme.
       
       Sowohl der radikale Islam als auch ein von außen forcierter Regimewechsel
       sind Bedrohungen, die Moskaus politische Führung seit Jahren zutiefst
       beunruhigen. Nicht zu Unrecht moniert der Kreml jedoch, dass die USA mit
       der Aufpäppelung islamistischer Gruppierungen Kräfte unterstützen, die sich
       später wieder gegen sie wenden. Dieses Muster sieht Moskau auch in Syrien
       am Werk und hält daher an dem säkularen Assad fest.
       
       ## Machtpolitische Hintergründe
       
       Würde Damaskus in den Einflussbereich des Westens übergehen, hätte das auch
       Konsequenzen für dessen Verbündeten Iran. Eine Schwächung Teherans würde
       die Position Saudi-Arabiens stärken, was Russland auf jeden Fall verhindern
       möchte. Moskaus Nähe zum Iran hat keine religiösen, sondern machtpolitische
       Hintergründe. Teherans Außenpolitik begrenzt den Einfluss der USA und der
       Saudis in der Region.
       
       Deshalb wird Moskau in Syrien eher einen Zerfall des Landes in Kauf nehmen.
       Nationalisten in Moskau und Teheran werten es bereits als Erfolg, wenn
       Syrien wie zerstückelt auch immer dem Westen nicht in die Hände fällt. Es
       sieht nach einem Krieg ohne Ende aus.
       
       1 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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