# taz.de -- Gewerkschaftsproteste in Polen: Eintopf im Dauerregen
       
       > Bis zum Samstag hoffen die Gewerkschaften auf bis zu 100.000
       > Demonstrierende. Es geht um Arbeitszeiten – und natürlich den Sturz der
       > Regierung.
       
 (IMG) Bild: Regen von oben, Rauch von unten: Proteste am Mittwoch in Warschau.
       
       WARSCHAU taz | Vier Tage lang wollen Polens größte drei Gewerkschaften in
       Polens Hauptstadt Warschau streiken und demonstrieren. „Der 11. September
       wird Ihnen, Premier Donald Tusk, lange im Gedächtnis bleiben als
       wiederkehrenden nächtlicher Alptraum“, drohte Piotr Duda, der derzeitige
       Chef der Gewerkschaft Solidarnosc am Mittwoch.
       
       „Wir sind gekommen, um an die Rechte der Arbeiter zu erinnern!“ Doch da
       stand er schon im kleinen Pressezelt, um die Mikrophone und Kameras der
       Journalisten vor dem Wolkenbruch zu schützen, der dann den geplanten
       „großen Marsch“ zu einer Flucht der Demonstranten in die bereitstehenden
       Busse verwandelte. In der kleinen Zeltstadt vor dem Sejm, dem polnischen
       Abgeordnetenhaus, mitten im Zentrum Warschau, hielten gerade mal 150 Aktive
       aus.
       
       Piotr Duda kann der Dauerregen nichts anhaben. Kämpferisch sagt er am
       nächsten Tag: „Wir haben 17 Manifestationen geplant. Vor verschiedenen
       Ministerien, vor dem Sitz des Premiers, vor dem Sejm. Am Samstag kommen
       alle Arbeiter nach Warschau, die mit dieser Regierung unzufrieden sind.“
       
       Über den kleinen Zelten hinter ihm steigt der intensive Geruch von
       Grillwürstchen und dem Kraut-Eintopf Bigos auf. Vielen ist die durchwachte
       Nacht anzusehen. „Alles ist nass“, muffelt ein älterer Mann aus Danzig,
       während ihm die Tropfen übers Gesicht in den langen Bart laufen.
       „Hoffentlich regnet es jetzt nicht vier Tage durch!“
       
       ## Fünf Prozent Gewerkschafter
       
       Hauptforderung der Gewerkschaften ist die Aufhebung der gerade erst von
       Sejm und Regierung beschlossenen flexiblen Arbeitszeitregelung, die
       Arbeitgebern die Möglichkeit gibt, in Krisenzeiten oder bei Auftragsflaute
       Arbeiter und Angestellte auf Kurzarbeit zu setzen und sie erst wieder an
       den Arbeitsplatz zu rufen, wenn Arbeit da ist. Dann können die Arbeitgeber
       auch Überstunden einfordern, die sie solange nicht zu bezahlen brauchen,
       bis das Zeitpolster aus der auftragslosen Zeit aufgebraucht ist. Damit
       wollen sich Polens Gewerkschafter nicht abfinden.
       
       Allerdings kann dieses System nur mit Zustimmung der Gewerkschaften
       eingeführt werden – wenn es denn im Unternehmen eine geben soll. Und da
       liegt eher das Problem in Polen. Nur noch knapp fünf Prozent aller
       Arbeitnehmer Polens sind gewerkschaftlich organisiert.
       
       Das hat viel mit den oft politischen Parolen der Gewerkschaftsführer zu
       tun, wie Soziologen erklären. Auch diesmal gehört zu den wichtigsten
       Forderungen Piotr Dudas von der Solidarnosc der Sturz der
       liberalkonservativen Regierung von Bürgerplattform und gemäßigter
       Bauernpartei. An die Demonstranten wurden Gesichts-Masken verteilt, die die
       Unfähigkeit der Regierungen ausdrücken sollen. Auf der Stirn des
       Papp-Premiers Donald Tusk steht „Lügner“, auf der des Finanzministers
       Rostowski „2+2=5“ und „Esel“.
       
       12 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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