# taz.de -- Zertifikate für Flächennutzung: Umgekehrtes Betongold
       
       > Kommunen testen Zertifikatehandel für Flächenverbrauch – analog zum
       > Emissionshandel. So sollen Umwelt und Landwirtschaft geschützt werden.
       
 (IMG) Bild: 80 Hektar werden jeden Tag zu Bauland.
       
       BERLIN taz | Es ist ein schleichender Prozess mit weitreichenden Folgen:
       Jeden Tag werden in Deutschland gut 80 Hektar Natur durch den Bau von
       Straßen, Wohnhäusern und Gewerbegebieten zerstört – das entspricht der
       Größe eines Fußballfeldes in jeder Viertelstunde. Um Artenvielfalt zu
       erhalten, das Klima zu schonen und Ackerflächen zu schützen, will die
       Bundesregierung diesen Wert bis 2020 auf 30 Hektar reduzieren.
       
       Doch von diesem Ziel ist Deutschland noch weit entfernt, sagte der
       Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Jochen Flasbarth, am Montag in
       Berlin. Darum testet das UBA ab sofort einen neuen Ansatz: Einen
       Zertifikatehandel für Flächenverbrauch. Dabei bekommen Kommunen je nach
       Einwohnerzahl eine bestimmte Fläche zugewiesen, die sie für neue Baugebiete
       und Straßen nutzen können.
       
       Werden die Zertifikate nicht verbraucht, können die Planer sie zu einem
       festgelegten Zeitpunkt an andere Kommunen verkaufen; brauchen sie für ihre
       Pläne mehr Fläche, müssen sie zusätzliche Zertifikate erwerben. Die
       Gesamtzahl der Zertifikate würde dabei so gestaltet, dass das
       30-Hektar-Ziel schrittweise erreicht wird.
       
       Bis zur Realisierung dieses Konzepts ist es allerdings noch ein weiter Weg.
       Seit Montag beteiligen sich zunächst 15 überwiegend kleinere Kommunen an
       einem Modellversuch. Und auch diese Gemeinden, die für die Teilnahme
       finanzielle und personelle Unterstützung bekommen können, müssen ihren
       Flächenverbrauch nicht real einschränken – sie simulieren den Handel mit
       Flächenzertifikaten nur.
       
       ## Einnahmen durch Verzicht
       
       „Wir wollen zunächst untersuchen, ob die Preisbildung funktioniert und wie
       die Preise die Planungsvorhaben beeinflussen“, sagte Jens-Martin Gutsche,
       der den Modellversuch mitkoordiniert. Im Lauf der nächsten vier Jahre soll
       die Zahl der teilnehmenden Kommunen auf 50 bis 100 anwachsen. Erst danach
       soll politisch entschieden werden, ob aus dem Planspiel Realität wird.
       
       Für die Kommunen erläuterte die Bürgermeisterin von Oerlinghausen, Ursula
       Herbort, die Zwangslage vieler Städte: „Die Hoffnung auf Gewerbesteuer
       treibt uns alle an.“ Darum würden oft mehr Baugebiete ausgewiesen als
       nötig. Hier könnte der Zertifikatehandel Abhilfe schaffen, glaubt
       Projektpartner Gutsche: „Erstmals könnten Kommunen auch mit dem Verzicht
       auf neue Flächen Geld verdienen.“
       
       17 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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