# taz.de -- Homophobie an Schulen: Wenn Hausaufgaben zu schwul sind
       
       > Schwule und Lesben treffen an deutschen Schulen häufig auf Ablehnung. Die
       > Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert jetzt Gegenstrategien.
       
 (IMG) Bild: Flagge zeigen gegen Homophobie: nicht überall so einfach wie hier beim Christopher-Street-Day 2013 in Frankfurt am Main
       
       BERLIN taz | Als ein Schüler in seiner zweiten Unterrichtsstunde homophobe
       Bemerkungen machte, stellte Alexander Lotz ihn zur Rede und sagte, dass er
       sich davon persönlich getroffen fühle. Seit diesem Outing wird der
       30-jährige Lehrer am Goethe-Gymnasium in Frankfurt am Main von manchen
       angefeindet, Beschimpfungen wie „schwule Sau“ tönen ihm auf dem Schulflur
       nach. Schule, das ist für Lotz ein homophober Ort.
       
       Nicht nur für ihn. Denn Homophobie ist an deutschen Schulen weit
       verbreitet. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der
       Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes, der kürzlich in Berlin
       vorgelegt wurde. Nicht nur, dass „schwul“, „Schwuchtel“ oder „Lesbe“ auf
       vielen Pausenhöfen als Schimpfwörter gelten. Sogar ein Drittel der
       Lehrerinnen und Lehrer mache sich über Homosexualität lustig, heißt es da.
       
       Eine Erfahrung, die auch Alexander Lotz gemacht hat. Aus seinem
       Kollegenkreis habe er anfangs jedenfalls kaum Unterstützung erhalten, denn:
       „Auch sie hatten teilweise Vorbehalte“, glaubt er. Viele hätten ihm selbst
       die Schuld an seinen Problemen gegeben, nach dem Motto: Wenn er sich schon
       oute, dann müsse er auch mit den Konsequenzen klarkommen. Inzwischen habe
       er mehr Rückhalt erfahren.
       
       Viele würden aber gar nicht merken, dass sie selbst homophob denken, so
       Lotz. Einige raten betroffenen Kolleginnen oder Kollegen, sich nicht zu
       outen, um keine Schwierigkeiten zu bekommen – anstatt sie darin zu
       bestärken, offen mit dem Thema umzugehen. Das grundsätzliche Problem der
       Diskriminierung würden sie kaum reflektieren.
       
       ## Zuviel Stereotype in Schulbüchern
       
       Dabei zeigen schon nebenbei dahergesagte Sätze, dass viele Jugendliche
       Homosexualität negativ sehen. „Wenn die Schüler etwas doof finden, zum
       Beispiel Hausaufgaben, dann bezeichnen sie das als schwul“, berichtet Lotz.
       Für ihn ist klar: Wenn Homosexualität in der Schule nicht sichtbar wird,
       kann sich daran auch nichts ändern. Das Thema werde tabuisiert.
       
       Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommt in ihrem Bericht jetzt
       zu dem Schluss, dass sich die Mehrzahl der Bildungseinrichtungen in
       Deutschland im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebensweisen noch immer
       schwer tue. Viele Lehrkräfte würden selbst homophobe Einstellungen
       reproduzieren, und in den Schulbüchern würden zu viele Stereotype von
       Partnerschaft und Familie vermittelt. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften
       oder vielfältige Formen von Familie kämen kaum vor.
       
       „Schule als System denkt heteronormativ“, findet auch Alexander Lotz.
       „Mutter, Vater, Kind – das ist noch immer die Norm“, hat der Lehrer für
       Biologie und Chemie festgestellt. Homosexualität werde, wenn überhaupt, nur
       als Randaspekt diskutiert. In Hessen zum Beispiel sei sie zwar Teil des
       Lehrplans – „aber nur in den Fächern Biologie, Ethik und Religion“. Das
       gehe an den Lebensrealitäten vieler Jugendlicher vorbei, meint Lotz.
       
       Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mahnt jetzt dringend mehr
       Schulkonzepte gegen eine Benachteiligung homosexueller Menschen an. Die
       seien bisher eine absolute Ausnahme und würden nur selten umgesetzt, heißt
       es in dem Bericht. Dabei habe das fatale Folgen: Denn wenn SchülerInnen
       ständig diskriminiert werden, verringert sich ihr Selbstwertgefühl, und
       auch ihre Leistungen verschlechtern sich.
       
       Die Schulgesetze der Länder bieten Betroffenen rechtlich nur wenig Schutz
       vor Diskriminierung. Nicht definiert ist, wohin sich Betroffene wenden
       können. Deshalb fordert die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes,
       Christine Lüders, unabhängige Beschwerdestellen für Schulen. „Die brauchen
       wir unbedingt“, stimmt Alexander Lotz zu.
       
       30 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Laura Esslinger
       
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