# taz.de -- Schauspiel-Stopp: Nicht ohne meine Ella
       
       > Das Theater darf die „Unschuld“ von Dea Loher nicht wieder zeigen wie in
       > der Premiere – auch weil die Autorin und Intendant lange befreundet sind.
       
 (IMG) Bild: Die Bremer Unschuld ist dahin: So wird das Stück nicht mehr gezeigt.
       
       Die Dramatikerin Dea Loher hat die Inszenierung ihres Stückes „Unschuld“ am
       Bremer Theater abgesetzt. Die für den gestrigen Dienstag geplante
       Aufführung musste abgesagt werden.
       
       So wie bei der Premiere am Samstag darf das Werk auch nicht wieder gezeigt
       werden. Bis Ende Oktober muss Hausregisseur Alexander Riemenschneider seine
       Bühnenfassung der „Unschuld“ nun grundlegend überarbeiten.
       
       Loher und ihr Verlag der Autoren machen erhebliche Urheberrechts- und
       Vertragsverletzungen geltend – und beklagen „mangelndes Bewusstsein für
       dramaturgische Verantwortung“. Kern des Streits ist die Figur der alternden
       Philosophin Ella, die ihre Bücher verbrannt hat und nur noch an die
       Unzuverlässigkeit der Welt glaubt.
       
       Sie fehlt in der Bremer Inszenierung bislang völlig. Genau das ist Lohers
       Problem. In der Originalversion hält Ella drei große Monologe, und liefert
       dabei – so sieht es der Verlag – die „Leitmotivik“ und den
       „Sinnzusammenhang“ des Stückes, den „theoretischen Background“. Kurz
       gesagt: Ohne Ella ist das Stück platt.
       
       Am Theater sehen sie das freilich anders. Intendant Michael Börgerding
       findet die Ella „für diese Aufführung nicht so relevant“, und dass Figuren
       aus einem Stück gestrichen würden, in diesem Falle aus einem viel
       gespielten modernen Klassiker, sei ein „normaler Vorgang“. Ella, so
       Börgerding, sei eine 68erin, die den Verlust ihrer politischen Utopien
       beklage.
       
       Er habe „sehr lange über die Figur nachgedacht“, sagt Riemenschneider, und
       dass er deren Texte „sehr mochte“. Aber was Ella uns zu sagen habe, so der
       Regisseur, das sei in den übrigen Figuren eh enthalten. Soll heißen: Kommt
       Ella jetzt auch noch vor, sei das eine „Dopplung“.
       
       So wird es aber kommen: Das Theater hat sich verpflichtet, am 20. Oktober
       eine neue Fassung auf die Bühne zu bringen, eine mit Ella – damit sie das
       Stück wieder spielen dürfen.
       
       Auf eine Klage verzichtet Börgerding. Und rechtlich sieht sich der Verlag
       auf der sicheren Seite: Mit der Streichung einer „zentralen Figur“ sei die
       Bremer „Unschuld“ eine „Bearbeitung“ – also „genehmigungspflichtig“, so
       eine Verlagssprecherin, die den Streit als „Ausnahmefall“ bezeichnete.
       
       Das Theater hat aber vorab niemand gefragt, Loher selbst hat’s erst fünf
       Minuten vor der Premiere erfahren. Von Börgerding.Und der ist mit der
       Autorin befreundet, er kennt sie seit über 20 Jahren.
       
       Mehr noch: Er hat die Försterstochter einst, zusammen mit Ulrich Khuon,
       fürs Theater entdeckt, damals in Hannover, und auch später stets gefördert:
       Als die „Unschuld“ 2003 im Hamburger Thalia Theater uraufgeführt wurde, war
       Börgerding Chefdramaturg. Seine Bremer Intendanz hat er mit einem Stück von
       Loher eröffnet: „Das Leben auf der Praça Roosevelt“.
       
       Also dachten sie wohl am Theater, sie müssten die Urheberin nicht fragen:
       „Das ist der Preis von zu großer gefühlter Nähe“, sagt Börgerding. Am
       Theater waren sie „völlig überrascht“ vom Aufführungsverbot. „Es ist aus
       unserer Sicht überzogen“, sagt Sprecher Frank Schümann. Börgerding räumte
       aber einen „Kommunikationsfehler“ ein.
       
       Ausbaden muss ihn jetzt wiederum Riemenschneider, wider Willen – auch wenn
       er auf die eigene Freiheit, die „Eigenständigkeit des Theaters“ beharrt.
       Und nicht zum „Dienstleister“ der Autorin degradiert werden will.
       
       1 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
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