# taz.de -- Rechte kapern „Wir sind das Volk“: Wem gehört die Revolution?
       
       > Die Stadt Leipzig kämpft um die Wortmarke „Wir sind das Volk“. Die
       > „Reichsbürger“ haben den Slogan für sich reklamiert, weil er nicht
       > gewerblich genutzt wurde.
       
 (IMG) Bild: Slogan mit Geschichte: Die letzte Montagsdemonstration am 12. März 1990 in Leipzig.
       
       DRESDEN taz | „Wir sind das Volk!“ Dieser Ruf der Straße steht seit 24
       Jahren synonym für die friedliche Revolution 1989 in der DDR. Um den Slogan
       vor Missbrauch, aber auch vor dem Vergessen zu bewahren, ließen ihn sich
       der Leipziger Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer und zwei seiner
       Freunde schon im Jahre 2002 als Marke schützen. Doch weil er nicht
       kommerziell genutzt wurde, ging die Marke in diesem Frühjahr verloren.
       
       Zwei den sogenannten Reichsbürgern nahestehende Männer aus Norddeutschland
       nutzten die Lücke. Mit ihnen streitet nun die Stadt Leipzig. Eine
       Entscheidung des Deutschen Marken- und Patentamtes München ist in einigen
       Monaten zu erwarten.
       
       Die Stadt und ihr damaliger SPD-Bürgermeister Wolfgang Tiefensee waren dem
       Antrag auf Markenschutz nicht wegen kommerzieller Nutzung beigetreten.
       Diese gewerbliche Nutzung garantiert aber gerade den Bestand einer Marke.
       Weder bei der Bestätigung noch bei der Löschung einer Marke nimmt das
       Markenamt in München inhaltliche oder politische Wertungen vor, erklärt
       dessen Sprecher Jörg-Eckhard Dördelmann.
       
       Eine Marke beziehe sich in der Regel nur auf bestimmte Waren und
       Dienstleistungen. Wird von anderen ein Löschungsantrag gestellt, muss der
       Markeninhaber binnen zwei Monaten in Widerspruch gehen. Diese Frist ist von
       den Schützern des Rufs „Wir sind das Volk“ aber nicht genutzt worden. Wie
       üblich entschieden danach schließlich die Juristen des Amtes nach formalen
       Kriterien.
       
       Pikanterweise wurde der Löschungsantrag nicht von den norddeutschen
       Nationalisten, sondern von einer in der DDR inhaftierten ehemaligen
       Bürgerrechtlerin gestellt. Die sechzigjährige Angelika Kanitz soll heute in
       Dänemark leben. Über ihr Motiv ist nichts bekannt.
       
       ## Nicht schützenswert
       
       Mit Eintrag vom 1. März dieses Jahres erlangten daraufhin Hans Müller und
       Wilfried-Hassan Siebert aus Norderstedt in Schleswig-Holstein den Schutz
       der Wortmarke mit dem Zusatz des Kürzels „WSDV“. So nennt sich auch eine
       eigens von ihnen gegründete rechtspopulistische „Deutsche Volkspartei“. Der
       Registereintrag des Marken- und Patentamtes zählt bei den für die Wortmarke
       reservierten Waren und Dienstleistungen jedoch nur Hygiene-, Haushalts- und
       Büroartikel und Textilien auf.
       
       Gegen diesen Missbrauch setzte sich die Stadt Leipzig zur Wehr und
       beantragte ihrerseits im Mai 2013 eine Löschung der Marke. „Wir verbinden
       damit die Hoffnung, dass dieser Satz als nicht schützbar erklärt wird“,
       erläutert Sprecher Matthias Hasberg das Ziel.
       
       Der Antrag verlangt in der Tat eine „Löschung wegen eines absoluten
       Schutzhindernisses“, bestätigt das Münchner Amt. Die Stadt Leipzig strebt
       laut Sprecher Matthias Hasberg im Erfolgsfall aber keinen neuen eigenen
       Markenschutz und keine kommerzielle Nutzung an. Es gehe zuerst darum, den
       historischen Ruf dem Missbrauch zu entziehen. Auf Demonstrationen und auf
       Plakaten darf der Slogan „Wir sind das Volk“ weiterhin frei verwendet
       werden.
       
       14 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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