# taz.de -- Kommentar Durststreik in Berlin: Ein unsicherer Kontinent
       
       > Sie sind in Sicherheit, aber sie spielen mit ihrem Leben: Welche Sprache
       > sprechen die Hunger- und Durststreiks der Asylbewerber?
       
 (IMG) Bild: Flüchtlinge erfahren die Unsicherheit ganz konkret.
       
       Es ist ein gewagtes Mittel und sicher kein Spaß: [1][Mit einer radikalen
       Form des Protests wollen 28 Asylbewerber in Berlin auf ihre Situation
       aufmerksam machen]. Seit Montag verweigern sie neben der Nahrungs- nun auch
       die Wasseraufnahme. Mit diesem Durststreik fordern sie die Anerkennung
       ihrer Asylanträge. Wer einen solchen Schritt wagt, begibt sich auf ein
       ethisch vermintes Terrain.
       
       Denn ist es angesichts der zahllosen Opfer vor den Küsten Europas nicht
       zynisch, sich in Deutschland – also gerettet, an Land – nun selbst auf den
       symbolisch aufgeladenen Pfad des Todes zu begeben? Oder ist es, umgekehrt,
       gerade die Pflicht dieser Flüchtlinge, als Botschafter der Ausgeschlossenen
       mit ihren schärfsten Waffen das Leid um die migrationspolitische
       Katastrophe Europa ins Zentrum des Kontinents zu tragen?
       
       Weder noch. Wer jetzt fragt, ob es legitim ist oder nicht, mit einem
       solchen Schritt Aufmerksamkeit zu erregen, hat die Dimension der
       Flüchtlingskatastrophe in Europa nicht erfasst. Der Durststreik treibt
       symbolisch auf die Spitze, was die Krankheit des europäischen Kontinents
       ausmacht: Es ist ein Kontinent, der politisch verunsichert ist.
       
       Einerseits erzielen rechtspopulistische Parteien bei Wahlen europaweit
       Rekordergebnisse, andererseits ertrinken die Menschen in ungezählten
       humanitären Katastrophen vor den Toren des Kontinents. Politiker in ganz
       Europa finden ganz offenbar keine Antwort auf diese Unsicherheit, die
       unüberschaubar erscheint. Europa hat selbst keine Antwort auf seine
       angebliche humanitäre Idee.
       
       Es gibt aber Menschen, die diese Unsicherheit nicht abstrakt, sondern am
       eigenen Leib erfahren. Das sind jene Flüchtlinge in Europa, die sich
       verlassen fühlen und isoliert. Ihre Schreie gehören dorthin, wo sie sind:
       ins Zentrum Europas, wo niemand sie hören will.
       
       14 Oct 2013
       
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 (DIR) Martin Kaul
       
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