# taz.de -- Gefangenenrechte in Spanien: ETA-Täter muss freigelassen werden
       
       > Ein EU-Gericht verurteilt Spanien, ein ehemals ranghohes ETA-Mitglied zu
       > entlassen. Der Grund: Verstöße gegen die EU-Menschenrechtskonvention.
       
 (IMG) Bild: Baskische Abegordnete in Vitoria feiern das Urteil des EuGH für Menschenrechte.
       
       MADRID taz | Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg hat
       Spanien verurteilt. Das Königreich verstoße gegen den Artikel 5 (Recht auf
       Freiheit und Gleichheit) sowie gegen Artikel 7 (ohne Gesetz keine Strafe)
       der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Klägerin Inés del Río,
       Mitglied der baskischen Separatistenorganisation ETA, werde unrechtmäßig in
       Haft gehalten.
       
       Der Grund ist die sogenannte Doktrin Parot. Dank der 2006 vom Obersten
       Spanischen Gerichtshof eingeführten Haftrichtlinie müssen die meisten
       verurteilten ETA-Mitglieder die längst mögliche Haftzeit von 30 Jahren voll
       absitzen.
       
       Die Doktrin besagt, dass Hafterleichterungen für gutes Verhalten oder
       Arbeit in Haft nicht wie bei normalen Gefangenen auf die 30 Jahre maximale
       Haftdauer angerechnet werden, sondern auf Einzelstrafen. Etarras, die wie
       del Río wegen 23 Morden verurteilt wurden, kommen so vor Ablauf von 30
       Jahren Haft nicht auf freien Fuß. Ohne die Doktrin Parot wäre del Río, die
       in den 1980er Jahren eines der wichtigsten Mitglieder des ETA-Kommandos in
       der Hauptstadt Madrid war, bereits im Juli 2008 entlassen worden. Die
       Doktrin ist nach dem ersten Etarra benannt, auf den diese Richtlinien
       angewandt wurden.
       
       „Die Klägerin konnte nicht vorhersehen, dass im Februar 2006 die
       Rechtsprechung geändert und auf sie angewandt würde, was eine Verlängerung
       der Haftzeit um knapp neun Jahre bedeutet. Die Klägerin hat eine höhere
       Haftstrafe verbüßt, als dies nach dem Rechtssystem der Fall gewesen wäre,
       das zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung gültig war“, heißt es im Urteil.
       Straßburg fordert Madrid auf, del Río, die nach der Doktrin Parot erst 2017
       entlassen worden wäre, „so schnell wie möglich“ auf freien Fuß zu setzen.
       
       ## Richterspruch muss umgesetzt werden
       
       Der Straßburger Gerichtshof hatte bereits im Juli 2012 dieses Urteil
       erlassen. Spaniens Regierung legte Widerspruch ein. Der jüngste
       Richterspruch, der einstimmig erging, ist rechtsgültig und muss von Spanien
       umgesetzt werden.
       
       Spaniens konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy wird
       jetzt wohl kaum darum herumkommen, weitere Gefangene freizulassen. 61 der
       insgesamt 800 inhaftierten Etarras und 14 als besonders gefährlich
       eingestufte soziale Gefangene sind in einer ähnlichen Lage wie del Río. 30
       Etarras haben ebenfalls in Straßburg geklagt. 76 weitere Etarras sitzen
       ebenfalls unter der Doktrin Parot ein, doch ihre reguläre Haftzeit ist noch
       nicht abgelaufen.
       
       Die Regierung kündigte an, die Freilassungen hinauszuzögern. Jeder Fall
       soll einer genauen Einzelprüfung unterzogen werden. Das Innenministerium
       will Ehrungen und Feste beim Empfang freigelassener Etarras im Baskenland
       nicht dulden. „Es wird mit null Toleranz gehandelt“, erklärte das
       Innenministerium. ETA hat seit zwei Jahren die Waffen endgültig ruhen
       lassen.
       
       21 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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