# taz.de -- Sonderausschuss "Chantal": Drogentests für Familien
       
       > Der Sonderausschuss "Chantal" endet mit nicht ganz einstimmiger
       > Empfehlung. Personalbedarf, Kontrolle der Jugendämter und Drogentests
       > sind weiter umstritten.
       
 (IMG) Bild: Schock in der Nelson-Mandela-Schule: Blumen, Texte und ein Bild erinnern an die Mitschülerin Chantal.
       
       Der Ausschuss schließt die Akten. Eindreiviertel Jahre nach dem
       Methadon-Tod des elfjährigen Pflegekindes Chantal hat der nach dem Mädchen
       benannte Sonderausschuss seine Arbeit am Dienstag beendet. Zum Abschluss
       verabschiedeten fast alle Parteienvertreter ein gemeinsames Petitum. Nur
       der Abgeordnete Mehmet Yildiz von der Linken mochte dem Abschlusspapier
       nicht zustimmen, weil er in ihm vor allem „ein Abnicken der Vorgaben des
       Senators Scheele“ sieht. Eine Wertung die der Ausschussvorsitzende Gunnar
       Eisold (SPD) als „anmaßende Unterstellung“ bezeichnete und zu der die grüne
       Abgeordnete Christiane Blömeke feststellte: „Ich fühle mich nicht gegängelt
       vom Senat. Wir haben in diesem Ausschuss viel Eigenes erarbeitet.“
       
       In dem Petitum geht es vor allem darum, das Pflegekinder- und
       Pflegeelternwesen weiterzuentwickeln, die Arbeit der Jugendämter besser zu
       kontrollieren und ihre Zusammenarbeit mit freien Trägern schärfer zu
       fassen. Auch bessere Schulungen und Fortbildungsangebote für
       MitarbeiterInnen der Pflegekinderdienste fordert die
       Vier-Parteien-Koalition.
       
       „Optimierung, Standardisierung und Qualitätsmanagement“ lauten die
       zentralen Vokabeln des Papiers. Neue Strukturen sollen dazu beitragen, dass
       Kinder nur noch an geeignete Pflegeeltern vermittelt werden und dass
       engmaschiger kontrolliert wird, wie sie mit dem anvertrauten Kind umgehen.
       
       Doch bei aller Einigkeit blieben zahlreiche Streitpunkte aus dem
       gemeinsamen Votum ausgeklammert: So scheitere die Forderung der Grünen nach
       zusätzlichem Personal in den Jugendämtern und den Pflegekinderdiensten an
       der regierenden SPD. Nur so aber, klagt Christiane Blömeke, gebe es
       „genügend Zeit für Hausbesuche und persönliche Gespräche“. Sie habe
       „überhaupt kein Verständnis dafür“, sagt Blömeke, „dass die SPD dieses
       wichtige Thema noch immer nicht anfasst“.
       
       Auch die CDU blitzte mit ihrem Vorstoß ab, die Kontrolle der Jugendämter
       weiter zu verschärfen und die Inspektion „mit weitreichenden
       Interventionsrechten gegenüber den Jugendämtern“ auszustatten. Alle anderen
       Parteien lehnten eine solche schnelle Eingreiftruppe ab.
       
       Hoch umstritten bleiben auch die obligatorischen Drogentests für alle
       volljährigen Haushaltsangehörigen von Pflegefamilien, die Sozialsenator
       Detlev Scheele als Reaktion auf Chantals Todesumstände angeordnet hat. Den
       Grünen geht das zu weit, zudem bringe ein einmaliger Drogentest nur „eine
       Momentaufnahme und damit Scheinsicherheit“.
       
       Die CDU hingegen würde die Drogentests gerne noch verschärfen und über den
       Pflegekinderbereich auf alle Eltern ausdehnen, die die Heroin-Ersatzdroge
       Methadon verschrieben bekommen. Sie sollen im Regelfall die Ersatzdroge
       nicht mehr zu Hause einnehmen dürfen und regelmäßig untersucht werden, ob
       sie Alkohol oder andere Drogen konsumieren. Auch dieser Vorstoß – der mit
       dem Thema Pflegekinder nur wenig zu tun hat – wurde von allen anderen
       Parteien abgelehnt.
       
       Während die FDP ihre Ergänzungsvorschläge bereits in das gemeinsame Petitum
       eingearbeitet sah und es CDU und Grünen am Dienstag gelang, einzelne ihrer
       Anliegen noch unterzubringen, übte allein die Linkspartei
       Fundamentalopposition. Sie lehnte das Petitum ab und erhielt dafür Schelte
       von allen anderen Parteien.
       
       Die Linke hätte gern „das gesamte Jugendhilfesystem unter die Lupe
       genommen“. Für sie liegt der Schlüssel dafür, dass sich der Fall Chantal
       nicht wiederholt, in einer „erheblich besseren Ausstattung der Allgemeinen
       Sozialen Dienste“ und dem „Verzicht auf ein ausschließlich
       betriebswirtschaftliches Pflegekinderwesen“. SPD und CDU schmetterten die
       Ergänzungsvorschläge der Linken ab.
       
       Die Grünen und die FDP stimmten einzelnen Punkten zu, etwa der Forderung,
       die Bedürfnisse von Pflegekindern mit Migrationshintergrund bei der Auswahl
       und Fortbildung der Pflegeeltern stärker zu berücksichtigen. „Die Fraktion
       der Linken hat keinerlei konstruktive Vorschläge vorgelegt“, behauptete
       hingegen Christoph de Vries (CDU) zur Pflege der gegenseitigen Abneigung.
       
       23 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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