# taz.de -- Sachbuch über Eifersucht: Die Angst vor dem Vergleich
       
       > Man fühlt sich hilflos, wenn man den anderen belauert. Man will ihn nicht
       > verlieren. Eifersucht ist eine große Triebkraft, sagt der Psychologe
       > Wolfgang Krüger.
       
 (IMG) Bild: Wenn die Liebe den Bach runtergeht ... schaut sie schon mal heimlich in sein Handy.
       
       Schnuckelchen“ steht da. Und: „Du Schussel.“ Damit bin nicht ich gemeint.
       Aber diese Worte stecken in meiner Mailbox, in einer Nachricht an mich, mit
       der ich um etwas Belangloses gebeten werde. Die Zeilen, die auch sonst
       nichts mit mir zu tun haben, wurden „weitergeleitet“. Sie gehören zu einer
       Korrespondenz zwischen einer Frau und einem Mann, die sich einander
       annähern. Ich will das nicht lesen, das ist mir zu intim, ich kenne diese
       Frau nicht. Von dem Mann hatte ich mich kurz zuvor getrennt. Er hat auf
       „Weiterleiten“ gedrückt.
       
       Versehen? Absicht? Will er mich eifersüchtig machen?
       
       Ja, sagt Wolfgang Krüger: Das soll eifersüchtig machen. Der Psychotherapeut
       muss es wissen, er ist, wenn man so will, der Porsche-Fahrer unter den
       Eifersuchtsexperten. Er ist spezialisiert auf all die Probleme, die Liebe
       so mit sich bringt. Diese Probleme sitzen jeden Tag in seiner Berliner
       Praxis. Er versucht, Paare, die sich bei ihm angiften oder anschweigen, aus
       ihrem Liebesdilemma zu befreien. Er hat gut zu tun.
       
       Eifersucht, sagt er, spielt bei allen Menschen eine Rolle. Eifersucht ist
       eine der größten Triebkräfte: „Kaum etwas anderes löst so viele und so
       heftige Gefühle aus.“ Darüber hat er gerade ein Buch geschrieben, es geht
       weg wie Freibier.
       
       ## Der Wunsch nach Einzigartigkeit
       
       Eifersucht ist nicht schön, sie ist kläglich und peinlich. Sie ist die
       Angst vor dem Vergleich. Man fühlt sich hilflos, schwach und klein mit ihr.
       Warum gibt es sie überhaupt? Weil es sie geben muss, sagt Krüger. Sie zeigt
       einem, dass man wahrhaft liebt. Sie drückt den Wunsch nach Einzigartigkeit
       aus, den Drang danach, sein Leben mit einer ganz bestimmten Person teilen
       zu wollen. Diese Person will man nicht verlieren.
       
       Das ist Romantik. Das ist Freiheit.
       
       Will man so viel Freiheit? Eifersucht habe auch eine Schutzfunktion, weiß
       Krüger: Wenn man eifersüchtig ist, spüre man, dass sich der oder die andere
       allmählich aus der Beziehung verabschiedet. Dass da was nicht (mehr)
       stimmt. Und das sei gut so.
       
       Immer wieder trifft Krüger auf Leute, die darüber den Kopf schütteln und
       sagen: Eifersucht – kenne ich nicht. Es sind meist Männer, die das von sich
       behaupten. Aber die, sagt Krüger, verleugnen ihre Gefühle. Oder leiden an
       Größenwahn. „Sie schalten ihre Alarmanlage aus.“ Und stehen plötzlich vor
       dem Nichts: Die Frau ist weg und das Selbstwertgefühl im Arsch.
       
       ## Wohin nur mit diesem blöden Gefühl?
       
       „Frauen haben die besseren Antennen.“ Krüger erlebt das immer wieder: Da
       fällt dreimal der Name einer anderen, einer, den sie noch nie gehört haben,
       ganz beiläufig im Gespräch, und schon spitzen sie die Ohren. Letzte Woche
       musste er jeden Abend länger arbeiten. Und das vorvorletzte Wochenende
       hatte er überhaupt keine Zeit. „Läuft da was?“ „Quatsch. Du bist doch bloß
       eifersüchtig.“ Glaub ich nicht, denkt sie. Sagt es nicht – und handelt.
       „Manche Frauen sind da sehr geschickt, sie lesen Handynachrichten und
       zapfen Mailboxen an“, sagt Krüger.
       
       Alles nicht schön. Aber irgendwie muss man doch mit seiner Eifersucht
       umgehen. Wohin damit?
       
       Am besten in ein Projekt stecken, rät Krüger. In Arbeit, die Spaß macht und
       einen selbst interessanter. „Seien Sie aktiv“, sagt der Therapeut: Freunde
       treffen, ausgehen, Theater, Kino, Sport, so was halt. Tun Sie sich selbst
       gut, seien Sie authentisch und mit sich selbst zufrieden. Seien Sie
       ausgelastet und kommunikativ. Und natürlich: zugewandt sein. Ein Mittel,
       das klingt, als sei es das Aspirin für die Liebe.
       
       Krüger sagt: „Seien Sie verschwenderisch.“ Komplimente machen,
       Hingezogensein gestehen, Liebesbriefe schreiben. Gerade in langjährigen
       Beziehungen. Eine ehrliche, schutzlose Offenbarung kann bindender sein als
       Sex, meint Krüger. Aber auch das: Eine Rückenmassage am Abend, Hingabe in
       der Nacht, am Morgen ein Lächeln – wer läuft da schon weg?
       
       Eifersucht kriegt man nie ganz weg, weiß Krüger. Man kann sie nur
       minimieren.
       
       29 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schmollack
       
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