# taz.de -- Erklärbär über die „Sendung mit der Maus“: „Kinder sind konservativ“
       
       > Ist die Maus links? Interessieren sich Kinder für Geld? Warum ist in
       > jeder Wurst ein Knick? Christoph Biemann hat, wie seit 30 Jahren, die
       > Antworten.
       
 (IMG) Bild: „Von Aussehen her eher der Elefant, aber ich glaube, die Maus ist neugieriger“ (Christoph Biemann).
       
       BERLIN taz | Christoph Biemann ist überpünktlich im Naturkundemuseum. Er
       ist alt geworden, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Das war vor
       etwa 15 Jahren, ich saß im Schlafanzug auf den Knien vor dem Fernseher.
       Aber er trägt den gleichen grünen Pullover wie früher, dazu alte,
       ausgelatschte Turnschuhe und einen Rucksack. Sein einziges persönliches
       Accessoire ist ein breiter, goldener Ehering. Schon beim Foto, das Biemann
       schnell und professionell erledigen will, kommen die ersten Fans auf ihn
       zu. Jakob, Joschua und Robin, 10, 8 und 11, trauen sich nicht, nach einem
       Autogramm zu fragen. Der Fotograf nimmt die Kinder kurzerhand mit vor die
       Kamera. Biemann erklärt, wie alt das Dinosaurierskelett ist und warum der
       Fotograf so lange mit dem Licht braucht. Wie Robin die Maus findet? „Es
       geht.“ Früher war sie seine Lieblingssendung, aber heute sei er dafür mit
       seinen elf Jahren zu alt. Biemann und ich beginnen unseren Rundgang. Ich
       sieze ihn, er duzt mich. 
       
       sonntaz: Herr Biemann, machen Sie bei der Maus auch Filme über Dinosaurier? 
       
       Christoph Biemann: Alle wollen immer Filme machen über die großen Dinge,
       die Römer und den Urknall. Aber da macht man dann einen Film und das war’s.
       Wir wollen die Kinder dazu ermutigen, neugierig zu sein. Wir wollen in den
       kleinen Dingen nach spannenden Geschichten suchen. Einmal haben wir einen
       Film über einen Knochen gemacht, den ein Kind gefunden hat. Der Knochen war
       dann aber doch nicht von einem Dinosaurier, sondern von einer Kuh. Das war
       auch eine spannende Geschichte, und viel näher am Leben der Kinder.
       
       Die Eltern von Robin, der mit aufs Foto durfte, haben nur eine VHS-Kassette
       von der „Sendung mit der Maus“. Warum hat Fernsehen bei Eltern, die es gut
       meinen, so einen schlechten Ruf? 
       
       Viele machen ja für „Die Sendung mit der Maus“ eine Ausnahme. Die sagen,
       das ist kein normales Fernsehen. Das nehme ich als Kompliment. Und ich
       finde, Kinder sollten lernen, fernzusehen. Immer mehr Kinder schauen die
       Maus aber im Internet. Leider ist die Sendung nur eine Woche im Netz.
       
       Wir laufen an modernen Tafeln mit Touchpads vorbei, die einem die Verdauung
       der Dinosaurier erklären. 
       
       Denken Sie im Museum häufig: Das hätte ich anders erklärt? 
       
       Nein, das steht mir nicht zu.
       
       Schweigend gehen wir weiter. 
       
       Aber letztens war ich im Goethe-Museum und hab gedacht: Was für blöde
       Texte.
       
       Hinter den ausgestopften Tieren, Fossilien und Reptilien in Einweckgläsern
       tuschelt es: „Das ist doch Christoph von der ’Sendung mit der Maus‘!“ Eine
       junge Mutter läuft begeistert auf ihn zu. Häufig sind es die Eltern, die
       den Held ihrer Kindheit erkennen, bevor die Kinder dazukommen. 
       
       Stört es Sie manchmal, immer erkannt zu werden? 
       
       Nein. „Ich bin mit dir aufgewachsen!“ – das hört man doch gern. Manchmal
       muss ich mich aber schon zwingen, nicht zu fragen: „Und was machen Sie so?“
       
       Werden Sie auch erkannt, wenn Sie Ihren grünen Pullover nicht anhaben? 
       
       Sehr viel seltener. Ich ziehe den auch nur für die Arbeit an, heute für den
       Fotografen.
       
       Wie kam es denn zu Ihrem Markenzeichen? 
       
       Wir haben nach dem Unfall in Tschernobyl mal erklärt, wie Atomkraft
       funktioniert, da wusste ich, die Dreharbeiten dauern länger. Ich habe dann
       in meinen Schrank geguckt und gesehen, dass ich zweimal den gleichen,
       grünen Pullover von Benetton habe. Ich musste ja an den Drehtagen das
       gleiche anhaben, damit wir das hinterher zusammenschneiden können. Da habe
       ich gedacht: Ich kann immer noch den anderen anziehen, wenn meine Frau
       einen in die Wäsche gepackt hat.
       
       Kriegen Sie die Pullover heute von Benetton bezahlt, als Werbeträger? 
       
       Nein, im Gegenteil. Heute gibt es die Pullover kaum noch, die sind völlig
       aus der Mode. Ich muss mir die jetzt immer in Läden kaufen, die T-Shirts
       bedrucken. Vielleicht hätte ich mir ein anderes Kleidungsstück aussuchen
       sollen, der Pullover ist ja nicht so vorteilhaft.
       
       Er streicht sich über den Bauch und lacht. Eine Digitalschrift läuft über
       einen großen Bildschirm: Was ist der Sinn des Lebens? Was ist Wissenschaft? 
       
       Gibt es Fragen, die die Maus nicht beantworten kann? 
       
       Schwierig wird es bei Religionen oder der Frage, wie die Welt entstanden
       ist. Aber auch bei Fragen, die für Kinder ganz naheliegend sind, zum
       Beispiel: „Wie entsteht ein Regentropfen?“ Und es gibt Antworten, die wir
       nicht geben wollen. Eine Erkältung kann man nur vermeiden, wenn man sich
       von anderen Menschen fernhält. Das wollen wir den Kindern nicht erzählen.
       
       Welche Fragen bekommen Sie am häufigsten gestellt? 
       
       Wir haben mal eine Aktion gemacht: „Frag doch mal die Maus!“ und 72.000
       Zuschriften bekommen. Die am meisten gestellte Frage war: Warum ist der
       Himmel blau? Häufig kam auch: Wie funktioniert eine CD? Wie entsteht ein
       Regenbogen?
       
       Welche Frage hat Sie besonders überrascht? 
       
       Eine Frage, auf die wir nie gekommen wären, war: Warum gibt es an einer
       Würstchenbude den Senf umsonst und für Ketchup muss man bezahlen? Da kommt
       man doch nicht drauf! Eine tolle Frage war auch: Warum ist in jeder Wurst
       ein Knick?
       
       Meinen Sie den Knick kurz vor dem Ende der Wurst? 
       
       Ja, genau: Das kommt vom Aufhängen beim Räuchern. Das ist natürlich eine
       Steilvorlage für eine Sachgeschichte in der Maus.
       
       Wir setzen uns für den Rest des Gesprächs an einen Mikroskopiertisch neben
       ein Aquarium. 
       
       Das sind Wasserflöhe! Als ich ein Kind war, hab ich die gesammelt und an
       ein Aquariumgeschäft verkauft. Ich wollte früher Biologe werden. Es gab
       fünf Pfennig für eine halbe Stunde Arbeit, das war kein besonders
       einträgliches Geschäft.
       
       Ich hoffe, die Maus zahlt jetzt besser. 
       
       Ja, keine Sorge.
       
       Sie haben dann aber doch nicht Biologie studiert, sondern an der
       Filmhochschule in München. Wollten Sie künstlerisch arbeiten? 
       
       Nein, eigentlich war schon in den ersten Semestern klar, dass ich
       Kinderfernsehen machen will. Ich habe das nie bereut. Ich glaube, kein
       anderer Journalist kann so viele unterschiedliche Bereiche kennenlernen.
       Und nach all den Jahren stehen für die Maus auch alle Türen offen: Vom
       Bundespräsidialamt bis zur Pennerherberge.
       
       Waren Sie in der Studentenbewegung aktiv? 
       
       Ja, ich war AStA-Vorsitzender.
       
       Der AStA war damals streng marxistisch? 
       
       Naja, also, streng links. Ich musste aber dann irgendwann mein Studium zu
       Ende machen, da wurde die Arbeit im AStA zu viel.
       
       Sie haben mal gesagt, dass die Maus in der Entstehungsphase 1971 den „Geist
       der 68er“ geatmet hat. Ist die Maus, ist Erklären links? 
       
       Ich weiß nicht, ob das jetzt links ist. Nach Aufklärung kommt Befreiung,
       kommt Freiheit des Geistes. Der Geist ist in der Maus weiterhin vorhanden.
       Aber früher waren wir sehr viel härter.
       
       Nämlich? 
       
       Ein Film fing mit einer Szene an, in der eine Kuh ein Bolzenschussgerät an
       den Kopf gesetzt bekommt und erschossen wird. Dann haben wir erzählt, was
       aus der Kuh gemacht wird. Das war aus der Zeit heraus, wir wollten Kinder
       nicht schonen, sondern die harte Realität zeigen.
       
       Jetzt schonen Sie die Kinder wieder. 
       
       Ja, doch. Uns ist auch wichtig, dass wir von den Eltern akzeptiert werden.
       Damit die Eltern ihre Kinder vor die Sendung setzen können, ohne Angst zu
       haben, dass sie ihre Kinder hinterher in den Schlaf singen müssen, weil sie
       nicht einschlafen können.
       
       Damals hatten Sie einen politischen Anspruch an die Maus? 
       
       Ja, einen aufklärerischen Anspruch. Wir wollten zeigen, wie es in der
       Fabrik aussieht.
       
       Auch Ungerechtigkeit? 
       
       Nein, es geht eher darum, wie die Arbeitsabläufe sind. Soziale Fragen sind
       in den Lachgeschichten und den gezeichneten Filmen bei der Maus besser
       aufgehoben.
       
       Sie betonen den Geist der 68er, sagen aber auch, die Maus hat konservative
       Zuschauer – wie passt das zusammen? 
       
       Kinder sind konservativ, sie wollen die Sendung sehen, die sie erwarten.
       Wenn wir was anders machen, gibt es eine Revolution. Es gibt häufig
       Beschwerden, wenn Käpt’n Blaubär oder Shaun das Schaf nicht zu sehen sind.
       Das ist schwierig, weil sich eine Sendung ja auch mit der Gesellschaft
       weiterentwickeln muss. Heute setzen wir zum Beispiel mehr auf
       Recycling-Themen: Was passiert mit einer Batterie, die leer ist? Das war
       vor 40 Jahren noch nicht präsent.
       
       Was unterscheidet denn die Kinder heute von den Kindern vor 30 Jahren? 
       
       Gar nichts. Kinder sind neugierig, sie wollen sich bewegen und sie wollen
       unterhalten werden. Das hat sich im Wesentlichen nicht verändert. Aber
       Kinder fragen heute nach anderen Dingen.
       
       Wonach? 
       
       Wie funktioniert ein Handy, wie funktioniert ein Computer? Das ist für uns
       nicht ganz einfach, weil das sehr unsinnliche Dinge sind. Man sieht ja
       nicht viel, wenn man in einen Computer reinguckt. Da müssen wir uns schon
       was einfallen lassen.
       
       Wollen Sie unterhalten oder aufklären? Ich habe auch viel von der Maus
       gelernt, aber ob ich jetzt noch erklären könnte, warum der Himmel blau ist
       … 
       
       Wir wollen unterhalten. Klar, wir wollen auch, dass unsere Zuschauer etwas
       lernen, aber das ist ein Nebenprodukt. Wenn die Kinder merken: Jetzt hab
       ich was verstanden – das gibt ein gutes Gefühl, auch wenn sie es dann
       wieder vergessen. Wir sind keine Schule, wir sind keine Erziehungsanstalt,
       wir sind ein Unterhaltungsmedium. Lernen erzeugt gute Laune, und darum geht
       es uns.
       
       Muss sich die Maus verändern, durch Digitalisierung und das Internet? 
       
       Ich finde, wir haben einen eigenen Stil entwickelt. Wir wollen durch schöne
       Bilder erkennbar sein, und wir wollen eine andere Geschwindigkeit, die man
       beim Zappen auch spürt. Jemand hat mal vom wohltuenden Adagio der Maus
       geschrieben, ich finde, das passt gut.
       
       Im Vergleich zur Konkurrenz wirkt die Maus etwas angestaubt. Ihre Figur,
       der Christoph vor der Kamera, ist stumm und tollpatschig, fällt auch mal
       hin und wundert sich, als Stellvertreter für die Kinder. Im Fernsehen heute
       sind die Figuren häufig neunmalklug. Ist Ihre Figur veraltet? 
       
       Nein, das glaube ich nicht. Ich bin häufig am Beginn meiner Recherche
       unwissend. Warum ist der Gullideckel immer rund? Das weiß ich anfangs
       nicht. Die Kinder sollen sehen können, dass ich mich auch auf den Weg
       begebe, um etwas zu erfahren. Sie sollen sehen, der hat sich angestrengt
       und etwas herausgefunden. Insofern sehe ich mich eher als Journalist. Und
       Weltmeister gibt es im Fernsehen schon genug.
       
       Aber bekannt sind Sie als der tollpatschige Christoph. 
       
       Ja, aber mein Arbeitsalltag sieht anders aus. Ich verbringe fünf Prozent
       meiner Arbeitszeit vor der Kamera. Die meiste Zeit bin ich Autor und
       Filmemacher.
       
       Wie sind Sie überhaupt vom Autor zum Darsteller geworden? 
       
       Ich habe mal einen Darsteller auf ein Nagelbrett gesetzt, der hat zu mir
       gesagt: Christoph, wenn du den ganzen Quatsch selbst machen müsstest,
       würdest du die Drehbücher anders schreiben.
       
       Was war dann Ihr erster Film? 
       
       Ich habe neun Arten gezeigt, wie man über den Fluss kommt, und bin dabei
       jedes Mal ins Wasser gefallen.
       
       Hat sich Ihre Rolle verändert? 
       
       Ich falle nicht mehr so oft hin, weil mir das Aufstehen schwerer fällt.
       Aber ich mache das schon weiterhin, wenn es im Drehbuch steht, da bin ich
       schmerzfrei. Es passt nur nicht mehr so zur Rolle.
       
       Was halten Sie eigentlich von der Konkurrenz? 
       
       Es gibt ja viel weniger Kinderprogramm als früher. Die tollen, aufwändigen
       Märchenfilme laufen nur selten. Und es gibt zu wenig journalistische
       Formate wie Logo und Pur. Bei den Cartoons denke ich oft, das ist doch für
       Gehirnamputierte. Das ist Missachtung der Kinder.
       
       Woran liegt’s? 
       
       Dass Kinderfernsehen sinnvoll ist, ist allen klar. Es liegt dann leider
       häufig an Quotengeilheit.
       
       Die Quote der Maus ist aber gut. 
       
       Ja, aber Sport bringt mehr.
       
       Der durchschnittliche Zuschauer der Maus ist laut Quotenberechnung 40 Jahre
       alt. 
       
       Ich habe häufig beobachtet, dass Kinder die Maus gucken, bis sie 12 sind.
       Dann fangen sie aus Nostalgie mit 20 wieder an, weil sie sich gern an ihre
       Kindheit erinnern. Ich kenne Gegenden in der Kölner Südstadt, da darf man
       Sonntags um halb zwölf nicht anrufen, weil die Maus kommt.
       
       Bekommen Sie immer noch so viele Fragen wie früher? 
       
       Ja, 400 bis 500 Mails pro Woche.
       
       Und alle kriegen eine Antwort? 
       
       Ja, alle. Viele bekommen leider nur ein vorgefertigtes Schreiben. Die
       Krönung ist aber, wenn aus einer Frage eine Sachgeschichte entsteht. Dann
       wird der Name auch in der Sendung genannt und das Kind bekommt ein Poster
       geschenkt.
       
       Welche Rolle haben denn Ihre eigenen Kinder gespielt für die Sendung mit
       der Maus? 
       
       Meine Tochter war sehr wichtig. Die hat irgendwann gesagt bei einer der
       Fabrikgeschichten: „Das interessiert mich nicht.“ Deshalb haben wir Figuren
       wie den Christoph erfunden und mehr lustige Elemente eingebracht. Zum
       Beispiel, dass man mit einer Zahnbürste auch den Bürgersteig putzen kann.
       
       Wie alt sind Ihre Kinder jetzt? 
       
       Meine Tochter ist um die 40 und hat selbst Kinder, sie guckt auch wieder
       die Maus. Mein Sohn ist 16 und guckt noch ab und zu. Er macht aber lieber
       seine eigenen Filme. Er filmt gern Feuerwerk.
       
       Fühlen Sie sich manchmal alt im Kinderfernsehen? 
       
       Naja, ich weiß nicht. Ich bin gerade Großvater geworden. Ich glaube, wenn
       wir Jugendfernsehen machen würden, wäre das peinlich. Aber ich bin einfach
       von der Vater- in die Opa-Rolle gerutscht. Und wir haben uns ja junge
       Verstärkung geholt, Ralph Caspers und Malin Büttner. Die sind nicht so
       tollpatschig wie ich. Die müssen ihre Rollen auch noch finden, sind aber
       eher die Wissenden. Man könnte auch sagen: die Besserwisser, aber das hab
       ich nicht gesagt!
       
       Spielen Sie vor Ihren Enkeln auch den Ahnungslosen? 
       
       Nein, nein.
       
       Biemann spricht leise, sitzt mit verschränkten Armen am Tisch. Er blüht nur
       auf, wenn es um seine Sachgeschichten für die Maus geht, kann begeistert
       von Textilien aus Milch erzählen und ahmt den Schwung eines Tennisschlägers
       nach. Bei persönlichen Fragen ist er einsilbig. 
       
       Ihre Frau ist Autorin. 
       
       Ja, sie arbeitet in meiner Produktionsfirma. Entweder sie ist Regisseurin
       eines Beitrags und ich unterstütze sie, oder andersrum.
       
       Ist das schwierig, so eng zusammenzuarbeiten? 
       
       Manchmal ist es schon anstrengend, morgens von einer Frage geweckt zu
       werden, die mit der Arbeit zu tun hat.
       
       Aber am Ende entscheiden Sie. 
       
       Na gut, ja, ich bin der Chef. Aber ich mache das auch dreißig Jahre länger
       als meine Frau.
       
       Finden Sie es eigentlich anstrengend, immer neugierig zu sein? Ich will gar
       nicht immer alles wissen. 
       
       Ich renne jetzt auch nicht nur herum und recherchiere. Aber ich gehe
       einfach wach und achtsam durch die Welt. Und ich gucke schon immer und
       überall Zeitschriften durch und suche nach Themen. Ich lese gern, das ist
       keine Anstrengung.
       
       Was machen Sie sonst noch gerne in Ihrer Freizeit? 
       
       Im Garten arbeiten. Und ich schreiner gerne, aber dafür muss ich meinen
       Keller aufräumen.
       
       Früher waren Sie bei Armin Maiwald angestellt, dem anderen Gesicht der
       Maus. Jetzt haben Sie zwei unterschiedliche Produktionsfirmen. 
       
       Ja, ich wollte irgendwann mein eigener Chef sein. Früher war Armin auch
       Sprecher in meinen Texten, dann eine Zeit lang Elke Heidenreich, jetzt Evi
       Seibert. Armin und ich helfen uns aber auch gegenseitig aus.
       
       Guido Westerwelle hat angeblich in der Maus gelernt, wie die Löcher in den
       Käse kommen. 
       
       Schön für ihn.
       
       Gibt es noch andere prominente Mausfans? 
       
       Ja, Renate Künast zum Beispiel. Und Hans Eichel hat mal als Finanzminister
       gesagt: Wenn man die ARD abschafft, würde man auch die Maus abschaffen, und
       das kann keiner wollen.
       
       Die Maus ist heute nicht nur eine erfolgreiche Sendung, sondern ein
       Produkt. Die Maxiplüschmaus kostet im Shop 299 Euro. Was halten Sie von
       dieser Vermarktung? 
       
       Darüber bin ich nicht wirklich glücklich.
       
       Wie kam es dazu? 
       
       Wir haben uns lange gewehrt und gesagt: Das passt nicht zum Geist der Maus.
       Aber der WDR hatte lange gar nicht selbst die Rechte an der Maus, weil ja
       niemand mit so einem Erfolg gerechnet hat. Dann hat die Grafikerin, die die
       Maus gezeichnet hat, Lizenzen für Kekse und Bettwäsche verkauft. Irgendwann
       hat der WDR die Rechte gekauft und wollte das Geld dafür wieder reinholen.
       
       Interessieren sich Kinder für Geld? 
       
       Ab einem bestimmten Alter schon. Aber Geld und Wirtschaft werden auch
       Erwachsenen meist schlecht erklärt. Warum muss es immer Wachstum geben?
       Wenn in der Tagesschau gesagt wird, es gibt nur ein Prozent Wachstum, und
       alle haben die Mundwinkel nach unten – das muss man doch mal erklären!
       
       Erklären Sie heute die Dinge anders als früher? 
       
       Ich merke, wie mein Weltbild immer mehr bröckelt. Nach dem Abitur war ich
       für ein halbes Jahr in Italien. Ich dachte, die wären arm und unterdrückt.
       Dann habe ich gemerkt, dass das nicht ganz stimmt. Ich habe früher viel
       mehr geurteilt. Jetzt bin ich vorsichtiger geworden. Altersweise, kann man
       sagen.
       
       Schicken Ihre Freunde die Kinder mit Fragen zu Ihnen? 
       
       Eigentlich nicht. Aber nach 40 Jahren Maus weiß man schon was.
       
       Müssen Sie ein Vorbild sein? 
       
       Ich darf nicht bei rot über die Ampel gehen. Manchmal mach ich’s aber, wenn
       keiner guckt.
       
       Sind Sie eher der Typ Maus oder der Typ Elefant? 
       
       Von Aussehen her eher der Elefant, aber ich glaube, die Maus ist
       neugieriger.
       
       3 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kersten Augustin
       
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