# taz.de -- Privat-Uni mit Rekord-Defizit: Peitgens Wunderwelt der Zahlen
       
       > Der scheidende Präsident der Bremer Jacobs University stellt den
       > Geschäftsbericht 2012 trotz 32-Millionen-Rekorddefizits als großen Erfolg
       > dar.
       
 (IMG) Bild: Campus der Jacobs University mit wimbledongrünem Rasen.
       
       BREMEN taz | Warum er vergangene Woche angekündigt hat, nach nur einem Jahr
       als Präsident der Bremer Jacobs University gGmbH (JUB) am 31. 12.
       zurückzutreten, hat Heinz-Otto Peitgen am Donnerstag nicht erläutert. „Das
       darf ich nicht“, sagte er. Nur so viel: An der wirtschaftlichen Lage der
       großteils öffentlich finanzierten Privat-Uni aber habe es nicht gelegen.
       „Wir haben hier keine Finanzkrise“, sagte er angesichts eines
       Rekorddefizits von, laut Geschäftsbericht, 32 Millionen Euro. „Die
       Finanzkrise der Jacobs University ist nicht existent.“
       
       Auf dem Campus ist von Krise tatsächlich nichts zu spüren. Vorbei an
       wimbledongrünen Rasenflächen schlendern einige der 1.357 Studierenden von
       einem Hörsaal zum nächsten. Sorge um einen Sitzplatz haben sie nicht, und
       auch die Aufmerksamkeit der HochschullehrerInnen ist ihnen gewiss: 130
       ProfessorInnen und Gastforscher betreuen sie.
       
       Und während Studis an der staatlichen Uni mit Aktionen und Transparenten
       gegen die Kürzung von 130 Stellen protestieren, ist hier, auf dem
       ehemaligen Kasernengelände fern der City, das aggressivste
       Bekenntniszeichen das Kreuz auf der Kapelle vis-à-vis des Hauptgebäudes. In
       dem betet Peitgen den JournalistInnen anderthalb Stunden vor, dass die
       Zahlen des Geschäftsberichts einen tollen Erfolg bedeuten.
       
       Tatsächlich hat die JUB ihr Rekordminus von 2011 noch einmal um 9,3
       Millionen übertroffen: Der Jahresfehlbetrag beträgt 32,3 Millionen Euro,
       wobei am Zuwachs vor allem diverse Einmalausgaben schuld sind -
       abgeschriebene Forderungen wegen Baumitteln, deren Verursacher insolvent
       sind etwa.
       
       Oder eine grundsätzliche Neubewertung der zur Rückzahlung ausstehenden
       Studierenden-Darlehen. Dort führt man diejenigen, die nicht einmal die
       Zinsen bedienen, nun als Verlust, allerdings "ohne auf die Forderung zu
       verzichten", wie Peitgen betont. Eine Transparenzmaßnahme - die aber im
       aktuellen Jahresabschluss als Negativposten von 4,9 Millionen Euro zu Buche
       schlägt.
       
       Doch auch ohne diese außergewöhnlichen Abzüge bleibt ein Verlust von 21
       Millionen – der nur dank der seit 2007 in Chargen von 20 Millionen zu
       zahlenden 200 Millionen Euro-Investition der Jacobs-Foundation ausgeglichen
       wird, plus Bremens Geld: Im Sommer haben diese drei einen Vertrag
       unterzeichnet.
       
       In dem verpflichtet sich das Land, drei Millionen jährlich an die JUB zu
       zahlen – was viele an Bremens vier unterfinanzierten öffentlichen
       Hochschulen empört. Die Jacobs Foundation versichert dagegen, bei der
       Stange zu bleiben. Und in den zehn Jahren ab 2018 noch einmal je acht
       Millionen Euro zuzuschießen. Aber nur, wenn durch Umsetzung eines – noch zu
       erstellenden – Businessplans das strukturelle Defizit entsprechend
       verringert wurde.
       
       Im politischen Bremen wird derzeit die Forderung, sich aus dem Unternehmen
       mit Schaden rauszuziehen, immer lauter – hinter vorgehaltener Hand auch
       innerhalb der Regierungsfraktionen. Offen prangert dagegen Die Linke die
       Kalkulation der Bremer Rettungsbemühungen an: „Eine Milchmädchenrechnung“
       nennt Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt sie, und empfiehlt, „die
       Einrichtung geordnet abzuwickeln“.
       
       Deren Solidität herauszustellen, ist Peitgen demgegenüber wichtig: Mit
       einem Finanzmittelbestand von über zehn Millionen habe die JUB 2012
       schließlich „genug Wasser unterm Kiel“ gehabt. Nichts bedrohe ihre
       Existenz. „Wir konnten bislang alle Darlehen fristgerecht bedienen.“
       
       Stimmt, aber nur, weil Bremen eine Bürgschaft für einen Kredit über 50
       Millionen verlängert hat. Fällig gewesen wäre der zum 1. 8. Ihn – die volle
       Summe ist noch offen – zurückzuzahlen, hätte das Kapitel JUB schlagartig
       beendet. Nun sichert er den Fortbestand: Im Falle einer Insolvenz nämlich
       müsste ja der Bürge Bremen das Geld sofort bezahlen. Diese Ausgabe wäre dem
       Stabilitätsrat von Bund und Ländern, dem Finanzsenatorin Karoline Linnert
       (Grüne) Rechenschaft schuldet, kaum zu vermitteln.
       
       14 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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