# taz.de -- Bekämpfte Live-Musik in Hamburg: Bahn warnt vor Musikern
       
       > Die Bahn geht gegen Musiker in der Hamburger S-Bahn mit Durchsagen vor:
       > Die Reisenden sollen Handtaschen festhalten – und kein Geld geben.
       
 (IMG) Bild: Im Musical ist auch in Hamburg Straßenmusik noch erwünscht.
       
       HAMBURG taz | Tür zu und los geht’s: Zwei Männer, einer spielt Saxofon, der
       andere singt dazu den Swing-Klassiker „Hit the road Jack“. Einige Fahrgäste
       wippen mit den Füßen im Takt mit. Andere schauen desinteressiert aus dem
       Fenster, eine Frau hält sich sogar die Ohren zu. Die beiden Musiker gehen
       mit einem Pappbecher durch den Waggon, einige Fahrgäste geben Kleingeld.
       
       Doch davor warnt die Deutsche Bahn mit Lautsprecherdurchsagen in den
       S-Bahnen nun eindringlich, berichtete ein Fahrgast der taz. In der S 1 habe
       ein Zugführer die Reisenden wiederholt darum gebeten, den Musikern kein
       Geld zu geben, da man diese „sonst nur umso schwerer wieder los“ werde. Die
       Fahrgäste sollten auch auf ihre Handtaschen achten, da es „im Zusammenhang
       mit dieser Bettelei vermehrt zu Diebstählen gekommen“ sei.
       
       Bei der Bahn gibt man sich schmallippig. „Einzelfälle“ seien die
       Durchsagen, sagt eine Bahnsprecherin. Dazu, ob die Bahn entsprechende
       Vorgaben mache, oder die Zugführer aus Eigeninitiative handeln, gibt sie
       auch auf Nachfrage keine Antwort. Auf die Frage, ob die Bahn Erkenntnisse
       zu Diebstählen von Musikern habe, verweist die Sprecherin auf die
       Bundespolizei.
       
       Deren Hamburger Sprecher Rüdiger Carstens sind keine Anzeigen bekannt. „Es
       liegen uns keine Fälle vor, bei denen Musiker in der S-Bahn wegen
       Diebstahls aufgefallen sind.“
       
       Wenn die Musiker erwischt werden, müssen sie ein Hausverbot durch die
       Deutsche Bahn befürchten. Denn die Musik sei „nicht nur eine Belästigung
       für die Bahnreisenden, sondern auch eine Form des Bettelns“, hatte der
       Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis schon vor einigen Monaten erklärt. „Das
       verstößt gegen unsere Beförderungsbedingungen.“ Ihre Instrumente dürfen die
       Bahnmitarbeiter den Musikern aber nicht abnehmen.
       
       ## „Fremde kommen in Kontakt“
       
       Marc-André Klotz vom Verein Buskers, der sich in Hamburg für die Förderung
       von Straßenkunst einsetzt, kritisiert die Haltung der Bahn: „Die
       Straßenmusiker in den S-Bahnen werden damit kriminalisiert.“ Natürlich
       könnten Dritte ausnutzen, dass die Aufmerksamkeit der Fahrgäste auf die
       Musik gerichtet sei, aber ein Verdacht gegen die Musiker habe sich bisher
       nicht bestätigt. „Das sind einfach Leute, die sich ein bisschen Geld dazu
       verdienen wollen oder müssen – keine Kriminellen“, sagt Klotz.
       
       Der Theater- und Musikpädagoge Klotz hofft trotz der klaren Positionierung,
       dass die Bahn die Straßenmusiker nicht aus den Zügen verdrängt. Denn obwohl
       manch mieser Musiker in der S-Bahn in Dauerschleife dasselbe Lied spiele,
       seien auch viele begabte Künstler in den Waggons unterwegs. „Die Musik
       schafft schöne Momente. Fremde kommen in Kontakt – durch ein Lächeln oder
       wenn gemeinsam die Augen verdreht werden.“
       
       Trotzdem hat Klotz Verständnis dafür, wenn Reisende von den Straßenmusikern
       genervt sind. Schließlich hätten die Fahrgäste keine Möglichkeit der
       Situation zu entkommen. „Manchmal geht mir das genauso, aber es dauert ja
       nur eine Station und niemand ist gezwungen, etwas zu geben.“ Anstelle von
       Repression hält Klotz eine Legalisierung des Musizierens an Bahnstationen
       für den richtigen Weg. „Dann wären vielleicht nicht mehr so viele Musiker
       in den Bahnen und die Atmosphäre hat dann etwas von der Pariser Metro oder
       dem New Yorker U-Bahnsystem.“
       
       So sehen das auch viele Fahrgäste in der Hamburger S-Bahn. „Wenn es Musik
       ist und kein Lärm, stört es mich nicht“, sagt eine Rentnerin, „dann gebe
       ich auch gern ein paar Münzen.“ Eine andere findet: „Die Musik bringt
       wieder einen Hauch von Menschlichkeit in die meist totenstille Bahn.“ Ein
       bisschen Stimmung in der S-Bahn sei sicher auch gut für den Tourismus.
       
       Auch bei der Service-Hotline der Bahn gingen nur „vereinzelt“ Beschwerden
       von Bahnreisenden ein, die sich von der Musik belästigt fühlen, räumte die
       Bahnsprecherin ein. Die S-Bahnen würden dennoch regelmäßig von
       „Doppelstreifen“ der DB-Sicherheitsfirma kontrolliert.
       
       20 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Scharpen
       
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