# taz.de -- So klappt’s auch mit dem Nein-Sagen: Nein! Nö! Neeeiiin!
       
       > „Ja, klar mache ich das.“ „Kein Problem, ich kümmere mich.“ Sind wir so
       > freundliche Rudeltiere oder warum fällt Nein-Sagen so schwer?
       
 (IMG) Bild: Man kann ja auch nett sein beim Nein-Sagen
       
       Kannst du dich darum bitte noch kümmern? Liebe Frau Rokahr, würden Sie das
       bitte für mich übernehmen? Könntest du das Paket für mich bei der Post
       abgeben?
       
       Nein, will ich sagen. N-E-I-N! Und antworte: Ja. Das kurze Wort, das vielen
       Menschen nicht über die Lippen kommen mag, ein einfaches Nein. Eine Silbe,
       nur zwei Buchstaben mehr als sein bejahender Bruder – und trotzdem drängelt
       der sich am Ende immer wieder vor. Anschließend ärgern wir uns, dabei kann
       man das Nein-Sagen trainieren, sagt Tanja Baum.
       
       Sie kümmert sich beruflich um die Ständig-Einspringer, die Alles-Erlediger,
       um die notorischen Ja-Sager. Sogar ein Buch hat sie darüber geschrieben:
       „Die Kunst, freundlich Nein zu sagen“. Freundlichkeit muss sein, denn Baum
       ist Kommunikationstrainerin bei der Agentur für Freundlichkeit. Und dieser
       Name ist kein Scherz, er ist Programm. Nur, warum muss sie überhaupt Leuten
       das Nein beibringen? Was fällt uns an diesem kleinen Wort so schwer?
       
       „Ein Nein wirkt wie ein Zeichen für Egoismus, fehlende Hilfsbereitschaft“,
       sagt Baum. „Wir wollen aber viel lieber beliebt sein.“ Kultur und Erziehung
       seien der Grund dafür, dass wir grundsätzlich versuchen, in einer Gruppe
       gut anzukommen. „Und da bringt uns ein Ja einfach mehr Sympathie ein als
       ein Nein.“ Wir sind also freundliche Rudeltiere.
       
       ## Das Ja gilt einer Person
       
       Tanja Baum kennt zwei typische Bejahungsräume: den familiären („Mama,
       kannst du das für mich erledigen?“), in dem man einer geliebten Person
       nichts verweigern will. Und es gibt das berufliche Ja („Frau Rokahr, können
       Sie das noch übernehmen?“). Hier ist es besonders schwierig, ein Anliegen
       abzuweisen, denn zu der sozialen Erwünschtheit komme noch die berufliche
       Abhängigkeit hinzu, sagt Baum.
       
       Das Interessante beim Ja-Sagen: Unser Ja gilt meist keinem Anliegen,
       sondern einer Person. „Das Thema an sich ist zweitrangig, wir beurteilen in
       dieser Situation nicht objektiv, sondern machen unsere Antwort von der
       Person abhängig, die etwas von uns will.“ Mama bügelt meine Wäsche also aus
       Liebe und Gewohnheit. Ob sie dazu überhaupt Zeit oder Lust hat, überlegt
       sie erst, wenn die erste Bluse schon auf dem Brett liegt. „Wir müssten
       unsere Antwort oft nur zwei Minuten zurückhalten“, sagt Baum. „Dann könnten
       wir die Angelegenheit objektiv beurteilen.“
       
       Eine Nein-Situation müsse mit dem Kopf gelöst werden, nicht mit Gefühl.
       Sich also kurz entschuldigen, „Moment, ich kann dir gleich sagen, ob ich
       das noch schaffe“, das reicht oft schon, um die Lage zu analysieren und das
       spontane Ja herunterzuschlucken. Jetzt bringt Kommunikationstrainerin Baum
       aber noch den Freundlichkeitsfaktor ein: „Wir sollten uns anhören, was das
       Anliegen des Gegenübers genau ist, das zeigt Interesse. Danach müssen wir
       freundlich begründen, dass wir das zwar sehr gut verstehen können, aber
       leider selbst keine Zeit haben.“
       
       Aber Vorsicht, während der Erklärungen des anderen wächst häufig das
       schlechte Gewissen. Dann konsequent daran denken, dass wir selbst wirklich
       keine Lust haben, uns zusätzlich die Angelegenheiten anderer aufzuhalsen –
       bevor die Ja-Bombe (heraus-)platzt.
       
       ## Notizen am Abend helfen
       
       Das sei nicht immer einfach, sagt Baum, aber so ein transparentes Nein
       wirke weniger schroff. Einen weiteren Tipp hat Tanja Baum noch. Wer sich
       von solchen Situationen immer wieder überrumpeln lässt, soll sich abends
       notieren, in welchen Situationen ihm das Ja herausrutscht – und mit welcher
       Begründung er ganz einfach hätte Nein sagen können.
       
       Ganz einfach ist es aber auch für sie selbst nicht immer, sagt sie. Erst
       gestern war sie bis abends bei einem Kunden, der plötzlich noch ein
       Anliegen hatte, obwohl eigentlich schon alles gesagt war. „Und ich wusste,
       wenn ich mir das jetzt auch noch anhöre, dann bin ich erst nachts zu
       Hause.“ Müde rief es in ihr „Nein!“, während sie leise „Ja“ antwortete.
       „Letztendlich gehöre ich schließlich auch zu den Menschen, die gut wirken
       wollen.“
       
       Es sei auch kein Weltuntergang, wenn das Ja doch mal herausrutsche, solange
       es einem gut dabei geht und es nicht zu einer chronischen Unzufriedenheit
       führt. Ich bin froh das zu hören. Ich sage gerne Ja. Nicht nur, weil mir
       das Nein schwer fällt. Sondern auch, weil ich gerne helfe und manches auch
       einfach lieber selbst erledige. Und weil in den meisten Fällen auch ein
       Wort zurückkommt, das so viel schöner ist als Ja oder Nein. Ein Wort, das
       ich nicht oft genug hören kann. Dieses Wort ist: Danke.
       
       1 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Rokahr
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Familie
 (DIR) Ratgeber
       
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