# taz.de -- Türkisches Militär und Erdogan: Neue beste Freunde
       
       > Angesichts der Korruptionsaffäre sucht sich der Regierungschef neue
       > Verbündete. Gemeinsam mit dem Militär wird nun die Justiz angegriffen.
       
 (IMG) Bild: „Mein linker, linker Platz ist leer...“ Erdogan auf Partnersuche.
       
       ISTANBUL taz | Die türkische Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip
       Erdogan vollzieht gerade einen der bemerkenswertesten innenpolitischen
       Schwenks der vergangenen Jahre. Unter dem Druck der massiven
       Auseinandersetzung mit der islamischen Gülen-Bewegung sucht Erdogan nun
       Unterstützung bei seinem bisherigen Gegner, dem türkischen Militär.
       
       Seit die Aufdeckung einer beispiellosen Korruptionsaffäre, in die nach
       Auffassung der Staatsanwaltschaft mehrere Ministersöhne und selbst einer
       der Söhne des Premierministers verstrickt sind, steht Erdogan mit dem
       Rücken an der Wand.
       
       Statt auf Aufklärung setzt Erdogan auf Angriff auf die Justiz. Weil die
       ermittelnden Staatsanwälte als Anhänger der Gülen-Gemeinde bekannt sind,
       begreift Erdogan die Ermittlungen nicht als den Akt einer unabhängigen
       Justiz, sondern als Höhepunkt einer Auseinandersetzung mit seinen
       ehemaligen Verbündeten.
       
       Am Wochenende bezeichnete er die Ermittlungen als einen „Putschversuch“ und
       als einen „versuchten Mordanschlag auf den Volkswillen“, da das Volk ihn
       mit großer Mehrheit gewählt habe. Im Kampf gegen die angeblich von dem
       Prediger Fetullah Gülen gesteuerte Justiz entdecken Erdogan und seine
       Berater nun potenzielle Verbündete bei den zuletzt unter großem Aufwand
       verurteilten Militärs.
       
       ## Opfer der Justiz
       
       Nachdem einer seiner Berater in einem Artikel geschrieben hatte, die
       Militärs seien in den Ergenekon- und Balyoz-Verfahren wahrscheinlich mit
       denselben schmutzigen Tricks von der „Gülen-Justiz“ hereingelegt worden wie
       jetzt die Regierung, beantragte Generalstabschef Necdet Özel prompt die
       Wiederaufnahme der Verfahren.
       
       Über 200 Militärs sind im Balyoz-Verfahren rechtskräftig als Putschisten
       verurteilt worden, 300 weitere Angeklagte im Ergenekon-Prozess warten auf
       die letztinstanzliche Entscheidung des Obersten Gerichts. Unterstützt wird
       der Generalstabschef vom Vorsitzender der türkischen Rechtsanwaltskammer,
       Metin Feyzioglu, der sich deswegen bereits mit Präsident Abdullah Gül traf.
       
       Ehe Erdogan am Wochenende zu einem Staatsbesuch nach Japan aufbrach,
       signalisierte er seine Zustimmung zu einer möglichen Wiederaufnahme der
       Verfahren gegen die Militärs. Er wies seinen Justizminister an, die
       rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der Ansatzpunkt dafür sind die
       Sondergerichte, unter deren Ägide die Prozesse gegen die Militärs geführt
       worden waren. Da diese Gerichte mittlerweile aufgelöst wurden, soll nun
       deren Legitimität infrage gestellt werden.
       
       6 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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