# taz.de -- Haftbedingungen für Pirate-Bay-Gründer: Kein Buch, keine Zeitung, kein Besuch
       
       > Der Programmierer Svartholm Warg sitzt wegen Hacking-Verdachts in
       > Dänemark im Knast. Eine Petition kritisiert die Unterbringung als
       > „Isolationshaft“.
       
 (IMG) Bild: Der Gründer von Pirate Bay wird bezichtigt, sich in das dänische Führerscheinregister gehackt zu haben.
       
       STOCKHOLM taz | Ein Massenmörder wird während der Haft besser behandelt als
       ein wegen Hacking verdächtigter Programmierer? Diesen Vergleich zwischen
       den Haftbedingungen für den in Norwegen einsitzenden Rechtsterroristen
       Anders Behring Breivik und der Behandlung von Gottfrid Svartholm Warg wegen
       Hacking-Anklagen durch die dänische Justiz, zieht [1][eine an Dänemarks
       Ministerpräsidentin Helge Thorning-Schmidt gerichtete Petition].
       
       Konkret wird der Vorwurf von Isolationshaft erhoben: Svartholm Warg dürfe
       weder Zeitungen und Bücher lesen – auch nicht die aus der
       Gefängnisbibliothek. Er darf keine Briefe bekommen, nur begrenzt Besuch
       empfangen und habe lediglich täglich eine Stunde die Möglichkeit des
       Kontakts mit anderen Gefangenen.
       
       Die Petition steht mit solchen Vorwürfen nicht allein. Svartholm Wargs
       Mutter klagte kürzlich, dass die Behandlung ihres Sohnes reine Folter sei,
       seine Anwältin Luise Høj spricht von „negativer Spezialbehandlung“ und
       einer „bewussten Strategie“ mit der „man Druck ausübt und versucht ihn zu
       brechen“.
       
       Gottfrid Svartholm Warg ist kein unbeschriebenes Blatt. Der Programmierer
       mit dem Aliasnamen [2][„Anakata“] war Mitbegründer [3][der
       BitTorrent-Website „The Pirate Bay“] und wurde als solcher 2009 wegen
       Copyright-Verstössen zu einem Jahr Haft und einer millionenschweren
       Geldstrafe verurteilt. Die Haft, der er sich zeitweilig durch eine Flucht
       nach Kambodscha entzogen hatte, hat der 29-jährige mittlerweile abgesessen.
       
       ## Suche nach Anklagepunkten
       
       Im September 2013 war er [4][zu einer neuen einjährigen Haftstrafe] wegen
       eines Hackerangriffs auf Daten der schwedischen Steuerbehörde verurteilt
       worden, der von Kambodscha aus erfolgt sein soll. Svartholm Warg bestreitet
       diese Vorwürfe ebenso wie die der dänischen Polizei, aufgrund dessen er
       seit November in dänischer Untersuchungshaft sitzt: Ein Zugriff auf das
       dortige Führerscheinregister.
       
       Die dänische Staatsanwaltschaft tut sich offenbar schwer, eine Anklage
       gegen „Anakata“ zusammenzubasteln. Seit über einem Jahr wird ermittelt. Am
       Mittwoch wurde in einem nichtöffentlichen Haftprüfungstermin die
       Untersuchungshaft um einen weiteren Monat verlängert. Die Vorwürfe seien
       „dünn“ sagt seine Anwältin. Sie könne daher nicht verstehen, wie die
       Haftbedingungen ihres Mandanten mit den anhaltenden Ermittlungen begründet
       werden können.
       
       ## Kritik aus Europaparlament
       
       Aber gehört überhaupt der angebliche Hacker auf die Anklagebank? Müssten da
       nicht eher die Behörden und IT-Firmen sitzen, die aufgrund unzulänglicher
       Sicherheit die Daten, die der Staat über seine MitbürgerInnen gesammelt
       hat, nicht vor unbefugtem Einblick schützen? Diese Frage wirft Amelia
       Andersdotter, Europarlamentarierin der schwedischen Piratenpartei [5][in
       einem Kommentar zum „Fall Anakata“] auf.
       [6][https://ameliaandersdotter.eu/2014/01/07/so-about-anakata-and-freedom]
       Der Staat habe die Verantwortung für die Verwaltung öffentlicher Daten
       einfach an private IT-Unternehmen abgegeben. Diese seien gesetzlich und
       vertraglich dazu verpflichtet, deren Sicherheit vor nicht autorisierten
       Zugriffen zu gewährleisten. Svartholm Warg habe lediglich die
       Sicherheitslücken aufgedeckt.
       
       Daher sei es unbillig dafür ihn bestrafen zu wollen. Dass nach den
       Hacker-Angriffen die fraglichen Lücken angeblich geschlossen worden seien,
       beweise nur die vorherigen schuldhaften Sicherheitsverstösse. „Anakata ist
       der Sündenbock“, schreibt Andersdotter. Man wolle ihn jetzt für den
       fahrlässigen Umgang mit unseren privaten Daten bestrafen, „weil sonst
       niemand verantwortlich ist“: „Unsere IT-Strafgesetze schützen Computer,
       Behörden und Unternehmen. Niemand beschützt uns Individuen.“
       
       9 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://secure.avaaz.org/en/petition/Helle_ThorningSchmidt_Prime_minister_of_Danish_Government_Pardon_and_release_Anakata_but_even_more_urgently_provide_him_/
 (DIR) [2] http://twitter.com/search?q=Anakata
 (DIR) [3] http://thepiratebay.se/
 (DIR) [4] /Mitgruender-von-Pirate-Bay/!124417/
 (DIR) [5] http://ameliaandersdotter.eu/2014/01/07/so-about-anakata-and-freedom
 (DIR) [6] https://ameliaandersdotter.eu/2014/01/07/so-about-anakata-and-freedom
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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