# taz.de -- Kinderschutz in Berlin: Aufschrei der Hebammen
       
       > Familienhebammen sollen belastete Familien unterstützen. Nun wird
       > bekannt: Ausgerechnet für diese schwierige Arbeit bekommen sie weniger
       > Geld als üblich.
       
 (IMG) Bild: Auf sie muss man besonders aufpassen
       
       Je früher die Hilfe, desto besser: Dieser Idee folgt das Projekt
       Familienhebammen, das in Berlin seit vergangenem Jahr als Modellprojekt
       angelaufen ist. In belasteten Familien sollen die Hebammen über das
       Wochenbett hinaus Eltern und Kind im ersten Lebensjahr betreuen. Nun wurde
       bekannt, wie viel Geld die Hebammen in Zukunft für diese besondere Arbeit
       bekommen sollen. „Das ist viel weniger als das, was wir bei der normalen
       Hebammentätigkeit verdienen“, sagte Susanna Rinne-Wolf, Vorsitzende des
       Berliner Hebammenverbands, am Donnerstag der taz. Unter diesen Bedingungen
       könne sie keiner Hebamme raten, als Familienhebamme zu arbeiten.
       
       Normalerweise beraten Hebammen vor der Geburt und in den acht Wochen danach
       in Sachen Wickeln, Stillen oder bei Verdauungsproblemen des Neugeborenen.
       In manchen Familien sind die Problemlagen allerdings komplexer: Finanzielle
       Nöte, Suchtgefährdung, das junge Alter der Eltern oder eine Trennung
       stellen die Familie von Anfang an auf die Probe. Hier sollen die Hebammen
       mit ihrem besonderen Vertrauensvorschuss jenseits von Einrichtungen wie
       Jugendamt oder Erziehungshilfestellen unterstützen, weitere Hilfen
       vermitteln und koordinieren. Das Geld dafür kommt vom Bund, die
       Umsetzungsempfehlungen gibt der Senat, die Bezirke beauftragen die
       Hebammen. Bereits im Dezember haben die beiden für Gesundheit und Jugend
       zuständigen Senatsverwaltungen einen Brief an die Gesundheits- und
       Jugendämter geschrieben, in dem die Vergütung geregelt wird.
       
       „Eine wesentliche Voraussetzung für einen gelingenden Einsatz von
       Familienhebammen ist eine adäquate Vergütung“, heißt es in dem Schreiben,
       das der taz vorliegt. Als adäquat sehen die Senatsverwaltungen 55 Euro pro
       Stunde an.
       
       Rinne-Wolf vom Hebammenverband hat das Schreiben erst in dieser Woche über
       Umwege erhalten und ist empört. Für einen normalen Wochenbettbesuch bekommt
       eine Hebamme 31,28 Euro plus Wegegeld; 20 bis 30 Minuten sehe die Kasse pro
       Besuch vor. Bei den Familienhebammen sollen dagegen nur die Stunden bei der
       Familie bezahlt werden. Die zusätzlichen Verpflichtungen wie etwa Teilnahme
       bei Fallbesprechungen und Teamsitzungen, Dokumentation und Supervision
       sowie die Wegezeit gelten als mit abgegolten.
       
       „Dabei macht das Netzwerken einen großen Teil der Arbeit der
       Familienhebammen aus“, sagt Rinne-Wolf. Am Ende laufe das auf einen viel
       geringeren Stundensatz hinaus. Bei den hohen Kosten, die den
       freiberuflichen Hebammen etwa für Betriebshaftpflicht und Rentenvorsorge
       entstehen, sei das untragbar. Erst kürzlich hatten die Hebammen die
       geplante Erhöhung ihrer Haftpflichtversicherung um 20 Prozent auf über
       5.000 Euro im Jahr beklagt. „Jede Arbeitsstunde muss bezahlt werden –
       mindestens genauso hoch wie bei der normalen Hebammentätigkeit“, fordert
       deshalb Rinne-Wolf.
       
       Gemeinsam mit der Alice-Salomon-Hochschule und dem Notdienst Kinderschutz
       hatte der Hebammenverband einen Kurs für die Familienhebammen entwickelt,
       den im vergangenen Jahr bereits 20 Frauen absolviert haben. „Ich dachte,
       ich könnte dann noch mehr bewegen“, sagte eine von ihnen der taz. 400
       Stunden hat sie für die Zusatzqualifikation investiert. Als Familienhebamme
       arbeiten möchte sie zu diesen Bedingungen dennoch nicht. „Es kann doch
       nicht sein, dass wir für schwierigere Arbeit weniger Geld bekommen“, so die
       Berliner Hebamme.
       
       Aus der Senatsverwaltung für Jugend, die die Vergütungsregelung
       mitentworfen hat, hieß es, man halte die Bezahlung für angemessen.
       
       9 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Senat
 (DIR) Berlin
 (DIR) Finanzen
 (DIR) Hebammen
 (DIR) Hebammen
 (DIR) Hebammen
 (DIR) Bundesministerium für Gesundheit
 (DIR) Hebammen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Hebammen-Azubine in Berlin: Optimistisch und naiv
       
       Von wegen der Beruf stirbt aus: Die Hebammen-Ausbildung ist begehrt. Von
       einer, die gerade anfängt, und einer, die nicht aufhören will.
       
 (DIR) Teure Geburtshilfe: Hobby: Hebamme
       
       In Bremerhaven sind seit diesem Jahr nur noch Entbindungen in der Klinik
       möglich, weil freiberufliche Hebammen sich ihren Beruf nicht mehr leisten
       können.
       
 (DIR) Freiberufliche Geburtshelferinnen: Hilfe für Hebammen
       
       Selbstständige Geburtshelferinnen sehen ihren Berufsstand in Gefahr. Nun
       verspricht Gesundheitsminister Hermann Gröhe eine Lösung.
       
 (DIR) Vereinbarung von Union und SPD: Hebammen soll geholfen werden
       
       Seit 2008 hat jede vierte Hebamme ihren Beruf aufgegeben, weil die
       Versicherungskosten gestiegen sind. Jetzt sollen sie stärker unterstützt
       werden.