# taz.de -- Belastete Kleidung: Gift für die Kleinsten
       
       > Egal ob Adidas oder C&A, Burberry oder Primark – Greenpeace findet
       > gefährliche Chemikalien in 82 getesteten Kinderklamotten.
       
 (IMG) Bild: Hübsch, aber vielleicht auch hübsch belastet.
       
       BERLIN taz | Gifte, Hormone, krebserregende Stoffe. Um den Nachwuchs davor
       zu schützen, wählen Eltern bei Kinderkleidung oft teure Marken. Doch mehr
       Geld zu zahlen schützt nicht. „Ungiftige Klamotten gibt es nicht – teure
       Klamotten sind nicht sauberer produziert als billige“. Dies ist das Fazit
       einer von der Umweltschutzorganisation Greenpeace [1][am Dienstag
       präsentierten Studie.] Dafür wurden insgesamt 82 Kleidungsstücke für Kinder
       von zwölf internationalen Modemarken getestet. Keine war giftfrei.
       
       Getestet wurden unter anderem Kleider der Marken H&M, Primark und C&A sowie
       Adidas, Nike, Gap, Puma und Burberry. Die Ergebnisse: In ausnahmslos allen
       Produkten fanden sich mehrere schädliche Chemikalien, die die Kleider zum
       Beispiel schmutz- oder wasserabweisend machen sollen.
       
       Immer verwendet wurden das giftige Halbmetall Antimon und
       per-/polyfluorierte Verbindungen (PFC). 90 Prozent der Kleidung enthielt
       zudem Weichmacher, zwei Drittel das Tensid Nonylphenolethoxylate (NPE).
       Antimon ist zehnmal giftiger als Blei und gilt als möglicherweise
       krebserzeugend. PFC, NPE und die Weichmacher stehen ebenfalls unter diesem
       Verdacht.
       
       ## Die Entwicklung des Organismus wird beeinflusst
       
       Einige PFC können laut Greenpeace das Immunsystem und die Fruchtbarkeit
       beeinträchtigen und zu Schilddrüsenerkrankungen führen. Zudem seien viele
       der Substanzen sehr langlebig. „Wir finden PFC mittlerweile überall, sie
       wurden in der Muttermilch, aber auch in Pinguinen in der Antarktis
       nachgewiesen“, sagt Sprecherin Carolin Wahnbaeck.
       
       Kindern schaden die Chemikalien noch mehr als Erwachsenen, da die Gifte „im
       Prozess der Zellteilung die Entwicklung des Organismus beeinflussen“,
       argumentiert Wahnbaeck.
       
       „Der teure Badeanzug von Burberry war genauso belastet wie der billige von
       Primark“, sagt sich Manfred Santen, Chemie-Experte der Studie. Das Produkt
       von Adidas war am stärksten verunreinigt. Die darin enthaltenen 16
       Mikrogramm Weichmacher pro Quadratmeter übersteigen die gesetzlichen
       Limits, selbst für Kleidung von Erwachsenen. Außerdem ist die Konzentration
       15-mal höher als von Adidas versprochen. Für Kinderspielzeug und
       Pflegeprodukte wäre eine solche Menge in der EU unzulässig. Doch der
       entsprechenden Verordnung fehlt eine spezielle Regelung für Kinderkleidung.
       
       ## Detox-Kampagne
       
       Der Einsatz der Chemikalien führt auch global zu gravierenden Problemen. Da
       sie auch die Umwelt verseuchen, fordert Greenpeace in seiner
       Detox-Kampagne, schädliche Stoffe aus den Klamotten komplett zu verbannen.
       „PFC findet man in der Leber von Eisbären, in unberührten Seen, auch im
       Blut und der Muttermilch von Menschen“, sagt Wahnbaeck.
       
       Das Fluor im PFC ist laut Umweltbundesamt „in der Natur quasi nicht
       abbaubar und daher klimarelevant“. In der Menge, in der es derzeit zu
       messen ist, hat es bereits einen starken Treibhauseffekt. In China sind
       etwa 40 Prozent des Trinkwassers unter anderem durch PFC verseucht. Allein
       dort leiden darunter 320 Millionen Menschen, so Greenpeace. So gelangen die
       Stoffe in die Nahrungskette fast aller Lebewesen.
       
       ## Kein Fortschritt
       
       Dabei ist auch die Produktion von „sauberer“ Kleidung möglich. Bis 2020
       verpflichteten sich Greenpeace gegenüber 18 Modemarken zu einer Entgiftung
       ihrer Lieferketten. Besonders bei Nike und Adidas sei aber trotz
       Unterschrift kein Fortschritt erkennbar, sagte Santen. Andere Labels wie
       GAP weigern sich bislang, bei der Entgiftung mitzumachen.
       
       Knitterfrei und der Zusatz „Separat waschen“ weisen laut Greenpeace auf
       einen verstärkten Einsatz von Chemikalien hin. Was tun? Die
       Umweltschutzorganisation rät, auf Siegel des Internationalen Verbands der
       Naturtextilwirtschaft (IVN) oder des Global Organic Textile Standard (GOTS)
       zu achten, statt auf teure Marken zu setzen.
       
       14 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.greenpeace.de/themen/chemie/nachrichten/artikel/teure_kleidung_lohnt_sich_nicht/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Schneider
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Gift
 (DIR) Greenpeace
 (DIR) Chemikalien
 (DIR) Kleidung
 (DIR) Textilindustrie
 (DIR) Sand
 (DIR) Spielzeug
 (DIR) Spielzeug
 (DIR) Adidas
 (DIR) Chemie
 (DIR) Greenpeace
 (DIR) China
 (DIR) Chemikalien
 (DIR) Richtlinie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Modemarken und Nachhaltigkeit: Weniger Chemie in den Stoff
       
       Weil sich die Kunden das wünschen, wollen zehn italienische Modemarken die
       Gifte in ihrer Kleidung reduzieren. Generell wollen sie nachhaltiger
       werden.
       
 (DIR) Selbstverpflichtung von Aldi: Weniger Gift in Billigklamotten
       
       Kleidung wird ab 2020 ohne Schadstoffe produziert: Als letzter großer
       Discounter setzt Aldi die Forderungen von Greenpeace um.
       
 (DIR) Umweltverträgliche Reinigungsmittel: Seife aus Sand
       
       Ein neues Tensid könnte Reinigungsmittel in Zukunft umweltverträglich
       machen. Sogar Solarzellen könnten dabei recycelt werden.
       
 (DIR) Das Ende der Diddl-Maus: Adieu Wohlstandsmüll
       
       Die Diddl-Maus wird nicht mehr verkauft. Ihre Besitzerinnen sind längst
       erwachsen und werden das penetrante Plüschgrinsen nicht vermissen.
       
 (DIR) EU-Bericht zu Produktsicherheit: Wenn die Puppe giftig ist
       
       Vom Feuermelder bis zum Auto: Die EU ruft jedes Jahr Tausende Produkte
       zurück. Chemische und mechanische Risiken werden am häufigsten bemängelt.
       
 (DIR) Nach Kritik aus Brasilien: Adidas punktet mit Verkaufsstopp
       
       T-Shirts mit den Aufdrucken „I love Brazil“und „Lookin' to score“ nimmt
       Adidas aus dem Verkauf. Zuvor war der Firma die Förderung von Sextourismus
       vorgeworfen worden.
       
 (DIR) Bayer setzt auf Gespräch statt Prozess: Glasnost beim Chemieriesen
       
       Zum ersten Mal will der Konzern mit seinen schärfsten Kritikern reden. Doch
       die bleiben skeptisch.
       
 (DIR) Greenpeace-Ratgeber für Fischesser: Makrele, Aal und Rotbarsch sind tabu
       
       Mit Farben zeigt Greenpeace, welcher Fisch nicht in den Einkaufskorb
       sollte. Auf Rot markierte sollte verzichtet werden. Der Fischindustrie
       passt das nicht.
       
 (DIR) Mützen aus Haustierfell: Tote Katzen statt Polyester
       
       Aus China importierter Haustierpelz gelangt auf den deutschen Textilmarkt.
       Tierschützer fordern daher eine Etikettierungspflicht.
       
 (DIR) Von North Face bis Adidas: Outdoor-Kleidung wieder vergiftet
       
       Wetterfeste Kleidung von 17 Produzenten enthält hohe Konzentrationen von
       Schadstoffen. Chemie sei schwer ersetzbar, meinen die Hersteller.
       
 (DIR) Richtlinien für Ökotextilien: Weiter Wildwuchs bei Bio-Labeln
       
       Auch künftig gibt es in der EU keine gesetzlichen Vorschriften für
       Ökotextilien. Die Hersteller warnen vor Kundenverwirrung und Greenwashing.